Rz. 97

Das Weiterbeschäftigungsverhältnis endet spätestens mit dem rechtskräftigen Abschluss des Kündigungsschutzprozesses. Es endet vorher, wenn der Arbeitnehmer die Kündigungsschutzklage zurücknimmt oder wenn er die Auflösung des Arbeitsverhältnisses gegen Zahlung einer Abfindung beantragt (vgl. Rz. 92), nicht aber, wenn der Betriebsrat seinen Widerspruch zurücknimmt (vgl. Rz. 89). Der Arbeitgeber kann auch während des Kündigungsschutzprozesses erneut eine ordentliche oder außerordentliche Kündigung aussprechen und dadurch das Weiterbeschäftigungsverhältnis vorzeitig zu Ende bringen.[1]

 

Rz. 98

Bei einer außerordentlichen Kündigung endet mit ihrem Zugang das Weiterbeschäftigungsverhältnis, auch wenn der Arbeitnehmer nach § 13 Abs. 1 Satz 2 KSchG gegen sie Feststellungsklage erhebt, es sei denn, die außerordentliche Kündigung wird vorgeschoben, um das Weiterbeschäftigungsverhältnis aufzulösen.[2] Erweist sich die außerordentliche Kündigung als nichtig, so steht fest, dass sie das Weiterbeschäftigungsverhältnis nicht beendet hat, sodass auch bei einem negativen Ausgang des Kündigungsschutzprozesses das Arbeitsverhältnis erst mit Rechtskraft des Urteils aufgelöst ist. Bei einer ordentlichen Kündigung bleibt das Weiterbeschäftigungsverhältnis bestehen, wenn der Betriebsrat auch der Wiederholungskündigung frist- und ordnungsgemäß widersprochen und der Arbeitnehmer gegen sie Kündigungsschutzklage erhoben hat.[3] Das Weiterbeschäftigungsverhältnis kann schließlich auch nach Abs. 5 Satz 2 durch einstweilige Verfügung beendet werden (vgl. ausführlich Rz. 103 ff.).

 

Rz. 99

Erfüllt der Arbeitnehmer während des Weiterbeschäftigungsverhältnisses die Voraussetzungen eines besonderen Kündigungsschutzes (z. B. § 17 MSchG, §§ 168 ff. SGB IX), so finden die Schutznormen auf die erklärte Kündigung Anwendung. Dadurch erhält jedoch nur der vorläufige Bestandsschutz eine zusätzliche Sicherung. Bei einem negativen Ausgang des Kündigungsschutzprozesses endet daher das Arbeitsverhältnis mit Rechtskraft des Urteils.[4]

 

Rz. 100

Kündigt der Arbeitnehmer während des Kündigungsrechtsstreits[5], so ist zu unterscheiden, ob die mit der Kündigung erstrebte Auflösungswirkung sich auf das Arbeitsverhältnis oder nur auf den mit der Weiterbeschäftigungspflicht des Arbeitgebers verbundenen vorläufigen Bestandsschutz beziehen soll. Im letzteren Fall finden die Kündigungsvorschriften keine Anwendung, sodass mit Zugang der vom Arbeitnehmer ausgesprochenen Erklärung das Weiterbeschäftigungsverhältnis beendet ist. Der Arbeitnehmer muss sich aber, soweit er tatsächlich beschäftigt wurde, so verhalten, dass dem Arbeitgeber durch die Einstellung der Beschäftigung kein Schaden entsteht.

[1] LAG Düsseldorf, Urteil v. 19.8.1977, 16 Sa 471/77, DB 1977, 1952; Richardi/Thüsing, BetrVG, § 102 BetrVG Rz. 246 m. w. N.
[2] Richardi/Thüsing, BetrVG, § 102 BetrVG Rz. 246; a. A. Klebe/Schumann, Das Recht auf Beschäftigung im Kündigungsschutzprozess, 1981, S. 211 f.
[3] LAG Düsseldorf, Urteil v. 19.8.1977, 16 Sa 471/77, DB 1977, 1952; LAG Berlin, Urteil v. 3.5.1978, 6 Ta 1/78, ARST 1979, 30; Richardi/Thüsing, BetrVG, § 102 BetrVG Rz. 247 m. w. N.; a. A. Brinkmeier, AuR 2005, 46.
[4] Richardi/Thüsing, BetrVG, § 102 BetrVG Rz. 247; MünchArbR/Rachor, 5. Aufl. 2021, § 130 Rz. 111.
[5] Zur Zulässigkeit der Arbeitnehmerkündigung s. Richardi/Thüsing, BetrVG, § 102 BetrVG Rz. 248; HWGNRH/Huke, BetrVG, § 102 BetrVG Rz. 195.

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