1 Allgemeines

 

Rz. 1

§ 7 KSchG fingiert rückwirkend die Rechtswirksamkeit einer ordentlichen oder außerordentlichen (§ 13 Abs. 1 Satz 2 KSchG) Arbeitgeberkündigung, die der Arbeitnehmer nicht rechtzeitig mit einer Kündigungsschutzklage[1] angreift; die Norm entfaltet also materiell-rechtliche Wirkung.[2] Dementsprechend ist eine verspätete Klage gegen die Kündigung als unbegründet abzuweisen.[3] Die Regelung dient der Rechtssicherheit. Zweck des § 7 KSchG ist der Schutz des Interesses des Arbeitgebers an einer schnellen Klärung der Rechtslage und seines Vertrauens in den Bestand der ausgesprochenen Kündigung.[4] Im Interesse einer zeitnahen Klärung der Rechtslage mutet § 7 KSchG dem untätigen Arbeitnehmer sogar den Verlust seines Arbeitsplatzes aufgrund einer nach materiellem Recht an sich rechtswidrigen Kündigung zu. § 7 KSchG ist nach § 2 Abs. 1 Satz 2 Nr. 14 NachwG auch bei einem nicht ordnungsgemäßen Nachweis der Frist zur Erhebung einer Kündigungsschutzklage anzuwenden.

 

Rz. 2

Für die Wirksamkeit einer Eigenkündigung des Arbeitnehmers ist § 7 KSchG dagegen ohne Relevanz. Die Klagefrist nach § 4 Satz 1 KSchG und die Fiktionswirkung des § 7 KSchG finden auf Eigenkündigungen von Arbeitnehmern keine Anwendung.[5]

§ 7 KSchG ist auch nicht auf die Anrufung eines Ausschusses nach § 111 Abs. 2 ArbGG anzuwenden, der zur Beilegung von Streitigkeiten zwischen Ausbildenden und Auszubildenden aus einem bestehenden Berufsausbildungsverhältnis durch die Handwerksinnungen bzw. durch die zuständigen Stellen des Berufsbildungsgesetzes gebildet werden kann.[6]

§ 7 KSchG gilt nach § 17 Satz 2 TzBfG entsprechend, wenn der Arbeitnehmer die Unwirksamkeit einer Befristung seines Arbeitsverhältnisses im Rahmen einer Entfristungsklage geltend macht oder wenn er sich gerichtlich gegen die Wirksamkeit einer auflösenden Bedingung des Arbeitsverhältnisses wehrt (vgl. § 21 TzBfG).

 

Rz. 3

Die Vorschrift gilt auch für Arbeitsverhältnisse, auf die das Kündigungsschutzgesetz keine Anwendung findet, weil der Arbeitnehmer in einem Kleinbetrieb beschäftigt ist (arg. § 23 Abs. 1 Satz 2 KSchG; § 23 Abs. 1 Sätze 2 und 3 KSchG) oder die 6-monatige Wartezeit (§ 1 Abs. 1 KSchG) noch nicht erfüllt hat[7]. Da § 7 KSchG die §§ 4 bis 6 KSchG ergänzt, ist seine materielle Wirkung seit der Neufassung des § 4 Satz 1 KSchG[8], der nunmehr die Unwirksamkeit der Kündigung "aus anderen Gründen" mit erfasst, nicht mehr auf die Sozialwidrigkeit der Kündigung beschränkt.[9]

[1] Vgl. dazu ausführlich Wiehe, § 4 Rz. 121, 130 ff.
[2] BAG, Urteil v. 25.4.2018, 2 AZR 493/17, NZA 2018, 1157, Rz. 24; HWK/Quecke, Arbeitsrecht, 10. Aufl. 2022, § 7 KSchG Rz. 1 f.
[7] BAG, Urteil v. 15.12.2016, 6 AZR 430/15, NZA 2006, 502, 508; BAG, Urteil v. 9.2.2006, 6 AZR 283/05, AP KSchG 1969 § 4 Nr. 56.
[8] In Kraft seit dem 1.1.2004; BGBl. I 2003 S. 3002.
[9] Vgl. zum erweiterten Anwendungsbereich des § 4 Satz 1 KSchG Wiehe, § 4 Rz. 2.

2 Rechtzeitige Klageerhebung

 

Rz. 4

Der Arbeitnehmer muss grds. Kündigungsschutzklage innerhalb der 3-Wochen-Frist des § 4 Satz 1 KSchG erheben, um sich auf die Unwirksamkeit einer (Beendigungs-)Kündigung berufen zu können. Lediglich in Ausnahmefällen kommt eine nachträgliche Zulassung der Kündigungsschutzklage nach § 5 KSchG bzw. eine nach § 6 Satz 1 KSchG verlängerte Anrufungsfrist in Betracht.

 

Rz. 5

Sofern die Wirksamkeit der Kündigung von der Zustimmung einer Behörde abhängt, treten die Rechtswirkungen des § 7 KSchG frühestens nach Ablauf von 3 Wochen ab Bekanntgabe der Entscheidung der Behörde an den Arbeitnehmer ein.[1] § 7 KSchG enthält nur aufgrund eines redaktionellen Versehens keinen Verweis auf § 4 Satz 4 KSchG.[2]

[1] Vgl. dazu Wiehe, § 4 Rz. 55 ff.
[2] ErfK/Kiel, 24. Aufl. 2024, § 7 KSchG Rz. 1.

2.1 Klagerücknahme

 

Rz. 6

Der Arbeitnehmer kann die Kündigungsschutzklage nach § 269 Abs. 1 ZPO zurücknehmen. Nach Antragstellung in der mündlichen Verhandlung nach § 137 Abs. 1 ZPO ist eine Klagerücknahme aber nur mit Zustimmung des Beklagten, d. h. des Arbeitgebers, möglich.

 

Rz. 7

Wird die Kündigungsschutzklage zurückgenommen, gilt der Rechtsstreit als nicht anhängig geworden (§ 269 Abs. 3 Satz 1 ZPO). Daher fingiert § 7 KSchG die Wirksamkeit der Kündigung, wenn die Klagerücknahme nach Ablauf der Klagefrist des § 4 Satz 1 KSchG erfolgt. Nimmt der Arbeitnehmer seine Kündigungsschutzklage dagegen innerhalb der 3-Wochen-Frist zurück, kann er bis zum Ablauf dieser Frist erneut Kündigungsschutzklage erheben.[1]

[1] HWK/Quecke, Arbeitsrecht, § 4 KSchG Rz. 47.

2.2 Klageverzicht

 

Rz. 8

Verzichtet der Arbeitnehmer nach Erhebung der Kündigungsschutzklage auf seinen Anspruch auf Feststellung der Unwirksamkeit der Kündigung, kann die Kündigungsschutzklage unzulässig sein.[1] § 7 KSchG ist nicht einschlägig.

 
Hinweis

Der Arbeitnehmer kann nach Zugang der Kündigung auch außergerichtlich auf seinen Kündigungsschutz verz...

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