Rz. 163

Das Kündigungsschreiben kann dem Arbeitnehmer auch durch Übergabe an einen Dritten zugehen. Voraussetzung für den Zugang ist, dass das Kündigungsschreiben in die tatsächliche Verfügungsgewalt einer Person gelangt, die zur Entgegennahme von schriftlichen Erklärungen für den Arbeitnehmer berechtigt ist. Weiter muss es dem Arbeitnehmer dadurch möglich sein, Kenntnis vom Kündigungsschreiben zu nehmen.[1] Unerheblich ist, ob die Empfangsberechtigung des Dritten kraft besonderer Vollmacht oder Ermächtigung besteht.[2]

 

Rz. 164

Damit geht das Kündigungsschreiben dem Arbeitnehmer grds. dann zu, wenn es am Wohnort des Arbeitnehmers an dessen Ehegatten[3] bzw. dem gleichgeschlechtlichen Lebenspartner übergeben wird. Das Gleiche gilt bei einer Übergabe an den nichtehelichen Lebensgefährten.[4] Am Wohnort des Arbeitnehmers kann ggf. eine Übergabe an ein 9-jähriges Kind[5] des Arbeitnehmers oder dessen Zimmervermieter[6] ausreichend sein.

An einem anderen Ort als dem Wohnort kann das Kündigungsschreiben jedenfalls solchen Personen ausgehändigt werden, bei denen üblicherweise von einer alsbaldigen Übermittlung an den Arbeitnehmer auszugehen ist (z. B. an einen in einer gemeinsamen Wohnung lebenden Ehegatten). In diesem Fall geht die Kündigung allerdings erst dann zu, wenn nach gewöhnlichen Umständen mit einer Übergabe an den Arbeitnehmer zu rechnen ist.[7]

 

Rz. 165

Lehnt ein Dritter, der nach der Verkehrsanschauung zur Entgegennahme von Schriftstücken für den Arbeitnehmer berechtigt ist, die Annahme des Kündigungsschreibens ab, geht die Kündigung dem Arbeitnehmer grds. nicht zu. Die Kündigung gilt in diesem Fall nur als zugegangen, wenn der Arbeitnehmer die Annahmeverweigerung durch den Dritten veranlasst hat.[8]

[1] BAG, Urteil v. 18.2.1977, 2 AZR 770/75, AP BGB § 130 Nr. 10.
[2] KR/Klose, § 4 KSchG Rz. 151.
[3] Vgl. BGH, Urteil v. 17.3.1994, X ZR 80/92, NJW 1994, 2613, 2614.
[4] LAG Bremen, Beschluss v. 17.2.1988, 2 TA 79/87, NZA 1988, 548.
[5] AG Friedberg, Urteil v. 23.1.1992, C 249/91; anders dagegen LAG Hessen, Urteil v. 26.8.2008, 13 Sa 357/08: Ein 9-jähriges Kind kann nicht als Empfangsbote fungieren; Kinder können allenfalls Erklärungsboten sein, soweit sie die Erklärung dem Empfänger richtig übermitteln.
[6] BAG, Urteil v. 16.1.1976, 2 AZR 619/74, AP BGB § 130 Nr. 7.
[7] BAG, Urteil v. 9.6.2011, 6 AZR 687/09, BAGE 138, 127, NZA 2011, 847, 849; s. dazu auch BAG, Urteil v. 26.3.2015, 2 AZR 483/14, NZA 2015, 1183, 1185.
[8] Vgl. BAG, Urteil v. 9.6.2011, 6 AZR 687/09, NZA 2011, 847, 849.

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