3.1 Frist und Form des Einspruchs

 

Rz. 6

Der Arbeitnehmer kann binnen einer Woche nach Zugang der Kündigung Einspruch beim Betriebsrat einlegen. Der Zugang richtet sich nicht nach der tatsächlichen Kenntnisnahme, sondern danach, wann der Arbeitnehmer bei normalem Verlauf von der Kündigung hätte Kenntnis nehmen können. Die Frist berechnet sich nach den §§ 187 Abs. 1, 188 Abs. 2 BGB.

 

Beispiel

Geht die Kündigung an einem Montag zu, beginnt die Wochenfrist am Dienstag, 0 Uhr (§ 187 Abs. 1 BGB) und endet am Montag, 24 Uhr (§ 188 Abs. 2 BGB).

Die Frist ist zum Zwecke der Beschleunigung des Einspruchsverfahrens so kurz gewählt. Sie ermöglicht ggf. eine innerbetriebliche Klärung vor Erhebung einer Kündigungsschutzklage, die nach § 4 KSchG binnen 3 Wochen nach Zugang der Kündigung eingereicht werden muss. Die Wochenfrist ist allerdings keine Ausschlussfrist. Der Betriebsrat kann sich auch noch nach Ablauf der Wochenfrist oder sogar nach Erhebung der Kündigungsschutzklage mit der Kündigung befassen. Tut er dies, kann der Arbeitgeber Verhandlungen jedenfalls nicht unter Berufung auf die Nichteinhaltung der Wochenfrist verweigern.

 

Rz. 7

Das Gesetz sieht für die Einlegung des Einspruchs keine besondere Form und auch keine Begründung vor.[1] Der Einspruch kann daher auch mündlich erfolgen. Eine Begründung des Einspruchs gegenüber dem Betriebsrat ist jedoch zweckmäßig, damit dieser die Sichtweise des Arbeitnehmers kennenlernt.

 

Rz. 8

Der Einspruch ist an den Betriebsratsvorsitzenden oder im Falle von dessen Verhinderung an dessen Stellvertreter zu richten. Richtet der Arbeitnehmer den Einspruch an ein sonstiges Betriebsratsmitglied, geht der Einspruch dem Betriebsrat erst mit Weiterleitung durch das Betriebsratsmitglied an den Betriebsratsvorsitzenden oder dessen Stellvertreter zu.

[1] ErfK/Kiel, 24. Aufl. 2024, § 3 KSchG, Rz. 1.

3.2 Verhandlung des Betriebsrats mit dem Arbeitgeber

 

Rz. 9

Der Betriebsrat oder der Personalausschuss (§§ 27 Abs. 2 Satz 2, 28 BetrVG) fassen über den Einspruch einen Beschluss (§ 33 BetrVG). Dieser kann auch von früheren Stellungnahmen zur Kündigung, z. B. von einer Stellungnahme, die der Betriebsrat im Rahmen des Beteiligungsverfahrens nach § 102 BetrVG abgegeben hat, abweichen. Vor allem kann der Betriebsrat neue Umstände berücksichtigen, die die Kündigung in einem anderen Licht erscheinen lassen.

 

Rz. 10

Erachtet der Betriebsrat den Einspruch für unbegründet, muss er keine weiteren Schritte unternehmen. Erachtet er dagegen den Einspruch für begründet, so hat er zu versuchen, über die Kündigung mit dem Arbeitgeber eine Verständigung herbeizuführen. Die Verständigung umfasst jede erdenkliche Art der Bereinigung des Streits, z. B. die Rücknahme der Kündigung, eine Verlängerung der Kündigungsfrist, die Zahlung einer Abfindung, die Versetzung des Arbeitnehmers in eine Beschäftigungs- und Qualifizierungsgesellschaft oder die Übernahme der Kosten für eine Newplacement-Beratung.[1]

 

Rz. 11

Hält der Betriebsrat den Einspruch für begründet, hat er dem Arbeitnehmer und/oder dem Arbeitgeber gegenüber auf deren Verlangen eine schriftliche Stellungnahme abzugeben (§ 3 Satz 3 KSchG). Die Stellungnahme muss eine Begründung des Ergebnisses der Verständigung zwischen Betriebsrat und Arbeitgeber enthalten. Eine einfache Mitteilung reicht nicht aus.[2] Der Betriebsrat hat dabei auszuführen, warum er die Kündigung für berechtigt oder unberechtigt hält. Dabei ist er an seine im Rahmen des Anhörungsverfahrens abgegebene Stellungnahme nicht gebunden. Die Begründung der Stellungnahme ist für das gerichtliche Verfahren lediglich praktisch bedeutsam, denn sie kann dem Gericht einen Einblick in die betriebliche Situation geben. Die Regelung in § 3 Satz 3 KSchG wird insoweit durch § 4 Satz 3 KSchG ergänzt, wonach der Arbeitnehmer im Fall des Einspruchs beim Betriebsrat der Kündigungsschutzklage die Stellungnahme des Betriebsrats beifügen soll. Die Stellungnahme kann ggf. das Vorbringen zur Sozialwidrigkeit der Kündigung erhärten.[3] Rechtlich bindend ist die Stellungnahme allerdings weder für das Gericht noch für eine der Parteien.

 

Rz. 12

Macht der Arbeitnehmer von seinem Einspruchsrecht Gebrauch, liegt darin keine Vollmachterteilung an den Betriebsrat, für den Arbeitnehmer rechtsverbindlich zu handeln. Der Betriebsrat tritt lediglich als Vermittler zwischen den Arbeitsvertragsparteien auf.[4] Bindende Vereinbarungen sind deshalb auch nur zwischen dem Arbeitgeber und dem Arbeitnehmer möglich. Der Betriebsrat kann jedoch als Empfangsbote handeln und ein Angebot des Arbeitgebers an den Arbeitnehmer weiterleiten.[5]

Im Übrigen ist es möglich, dass der Arbeitnehmer einzelnen Betriebsratsmitgliedern ausdrücklich eine rechtsgeschäftliche Vollmacht nach den §§ 164 ff. BGB erteilt.

[1] ErfK/Kiel, 24. Aufl. 2024, § 3 KSchG, Rz. 2.
[2] DDZ/Zwanziger/Yalcin, KSchR, 11. Aufl. 2020, § 3 KSchG, Rz. 4, 6; KR/Klose, § 3 KSchG, Rz. 25.
[3] DDZ/Zwanziger/Yalcin, KSchR, § 3 KSchG, Rz. 4, 10.
[4] ErfK/Kiel, 24. Aufl. 2024, § 3 KSchG, Rz. 2; KR/Klose, § 3 KSchG, Rz. 22; s. hierzu auch ArbG Iserlohn, Beschluss v. 14.1.2020, 2 BV 5/19, BeckRS 202...

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