Rz. 123

Die ordentliche Kündigung ist nur ausnahmsweise zulässig, nämlich wenn der Betrieb stillgelegt oder die Betriebsabteilung stillgelegt wird, in der die geschützte Person beschäftigt wird und eine Übernahme in eine andere Betriebsabteilung aus betrieblichen Gründen nicht möglich ist (§ 15 Abs. 4 und 5 KSchG).[1] Auch für Initiatoren einer Betriebsratswahl nach § 15 Abs. 3a KSchG gilt im Fall einer Betriebsstilllegung § 15 Abs. 4 KSchG, wie inzwischen aufgrund der Ergänzung durch das BeRModG[2] klargestellt ist.

 
Hinweis

Als § 15 Abs. 3a KSchG eingefügt wurde, hätte auch Abs. 4 der Vorschrift neu gefasst werden müssen. Dass dies nicht geschehen ist, ist ein gesetzgeberisches Versehen.

 

Rz. 124

Der Begriff der Stilllegung hat denselben Inhalt wie in § 106 Abs. 3 Nr. 6 BetrVG und § 111 Satz 2 Nr. 1 BetrVG. Die Stilllegung des Betriebs betrifft die Organisation, die nach ihrer betriebsverfassungsrechtlichen Abgrenzung einen Betrieb darstellt. Ihr wird die Stilllegung einer Betriebsabteilung gleichgestellt, wenn die Übernahme des Arbeitnehmers in eine andere Betriebsabteilung aus betrieblichen Gründen nicht möglich ist. Für Arbeitsverhältnisse von Zivilangestellten der alliierten Streitkräfte tritt an die Stelle der Betriebsstilllegung die Auflösung der Dienststelle.[3]

 

Rz. 125

Die Kündigung ist jedoch nur wirksam, wenn der Arbeitgeber keine Möglichkeit hatte, den geschützten Arbeitnehmer in einem anderen Betrieb weiterzubeschäftigen.[4] Wird ein Betriebsratsmitglied in einer Betriebsabteilung beschäftigt, die stillgelegt wird, so ist der Arbeitgeber verpflichtet, die Übernahme des Betriebsratsmitglieds in eine andere Betriebsabteilung notfalls durch Freikündigen eines geeigneten Arbeitsplatzes sicherzustellen. Dabei hat der Arbeitgeber dem Mandatsträger grds. eine möglichst gleichwertige Stellung anzubieten.[5] Ob dabei die Interessen des durch die erforderliche Freikündigung betroffenen Arbeitnehmers nicht nur gegen die Interessen des Betriebsratsmitglieds, sondern auch gegen die Interessen der Belegschaft an der Kontinuität der Besetzung des Betriebsrats abzuwägen sind, hat das BAG bislang offengelassen.[6] Dies ist wohl zu verneinen, denn damit würde die Kündigungsmöglichkeit, die Abs. 5 ja schaffen will, praktisch leerlaufen und der Schutz des Betriebsratsmitglieds würde wiederum allzu sehr zur Privilegierung.[7] Daraus, dass die Bestimmung des § 15 Abs. 5 KSchG selbst nur von der Verpflichtung zum Übernehmen spricht, ohne die rechtlich zulässigen Möglichkeiten hierzu zu beschreiben, folgt zunächst, dass der Begriff des Übernehmens i. S. d. § 15 Abs. 5 Satz 1 KSchG im tatsächlichen Sinne zu verstehen ist. Eine solche Übernahme ist also grds. auf verschiedene rechtliche Art und Weise umzusetzen, je nach der durch Arbeitsvertrag, Betriebsvereinbarung und ggf. Tarifvertrag bestimmten Grundlage des Arbeitsverhältnisses.[8]

Betrifft die Kündigung das Arbeitsverhältnis eines Mandatsträgers, bei dem die Arbeitnehmervertretung nach den Maßgaben von § 3 Abs. 1 Nr. 1 bis 3 BetrVG gebildet wurde, kommt eine ordentliche Kündigung nach § 15 Abs. 4 KSchG in Betracht, wenn es sich um ein Betriebsratsmitglied in einem Betrieb i. S. v. § 1 Abs. 1 Satz 1 BetrVG handelt und dieser Betrieb stillgelegt wird. Eine nach § 3 Abs. 1 Nr. 1 bis 3 BetrVG gebildete Organisationsstruktur stellt nicht notwendigerweise einen Betrieb nach § 1 Abs. 1 Satz 1 BetrVG dar.[9] Auch für einen Gemeinschaftsbetrieb i. S. v. § 1 Abs. 1 Satz 2 BetrVG gilt entsprechendes, sodass eine den Beschäftigungsbetrieb übersteigende "Verdrängung" von Arbeitnehmern nicht stattfindet. Nach dem für das Kündigungsrecht maßgeblichen Begriffsverständnis bilden auch bei einem Gemeinschaftsbetrieb nur die Arbeitnehmer ein und desselben Betriebs eine "Risikogemeinschaft".[10]

Wird eine solche Einheit tarifvertraglich oder durch Betriebsvereinbarung gewillkürt, beschränkt sich die Fiktion des § 3 Abs. 5 Satz 1 BetrVG auch lediglich auf die betriebsverfassungsrechtliche Dimension, ohne dass dies für das Begriffsverständnis bei § 15 KSchG von Bedeutung wäre.[11]

Das BAG bezweckt letztlich hiermit, die von § 3 BetrVG intendierte Verbesserung der betriebsverfassungsrechtlichen Beschäftigtenvertretung auf eben diese zu beschränken und sie nicht durch eine begriffliche Übertragung auf den Kündigungsschutz in eine Verschlechterung der bestandsrechtlichen Positionen der Mandatsträger umschlagen zu lassen.

 

Rz. 126

Geht die Stilllegung einer Betriebsabteilung mit einer Veräußerung des restlichen Betriebs einher, so hat der Betriebsinhaber den Mandatsträger zu übernehmen, denn die Verpflichtung nach Abs. 5 trifft seinem Zweck nach den jeweiligen Betriebsinhaber. Die allgemeinen Regeln der Zuordnung nach § 613a BGB werden hierdurch modifiziert. Nach Übernahme des Restbetriebs kann sich der Erwerber ggf. darauf berufen, dass eine Weiterbeschäftigung betriebsbedingt nicht möglich ist.[12] Kündigt der Veräußerer, so hat das Betriebsratsmitglied einen Schadensersatzanspruch.[13] Wird ein B...

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