Rz. 121

Abgesehen von der Kündigung aus wichtigem Grund erklärt § 15 Abs. 13a KSchG die Kündigung für unzulässig. Nur unter der Voraussetzung des § 15 Abs. 4 oder 5 KSchG ist sie zulässig. Maßgebend ist daher deren Zeitpunkt, nicht der Zeitpunkt der durch sie herbeigeführten Auflösung des Arbeitsverhältnisses. Während des Zeitraums, in dem der Kündigungsschutz im Rahmen der Betriebsverfassung besteht, kann die Kündigung nicht ausgesprochen werden. Eine vor Beginn des besonderen Kündigungsschutzes ausgesprochene Kündigung führt dagegen, auch wenn die Kündigungsfrist erst nach diesem Zeitpunkt endet, zur Auflösung des Arbeitsverhältnisses.[1] Es genügt allerdings nicht, dass das Kündigungsschreiben abgesandt wurde; es muss auch zugegangen sein.[2] Eine Kündigung während der Dauer des besonderen Kündigungsschutzes ist auch zu einem Zeitpunkt nach Beendigung des Sonderschutzes unzulässig und nichtig.[3]

 
Hinweis

Erlangt ein Arbeitnehmer während eines Kündigungsschutzprozesses den besonderen Kündigungsschutz im Rahmen der Betriebsverfassung, so kann das Arbeitsgericht einem Auflösungsantrag des Arbeitgebers nach § 9 Abs. 1 Satz 2 KSchG, soweit er auf einen Sachverhalt gestützt wird, der erst nach Erlangung des besonderen Kündigungsschutzes entstanden ist, nur stattgeben, wenn dieser Sachverhalt geeignet ist, einen wichtigen Grund zur außerordentlichen Kündigung i. S. d. § 626 Abs. 1 BGB abzugeben.[4]

§ 15 Abs. 1 S. 1 KSchG findet keine analoge Anwendung, sodass es keiner Zustimmung des Betriebsrats bedarf.[5]

 

Rz. 122

Das Verbot gilt auch für eine Änderungskündigung.[6] Keine Rolle spielt nach der bisherigen Rechtsprechung des BAG, ob der geschützte Arbeitnehmer dadurch eine Sonderstellung gegenüber gleichgestellten Arbeitnehmern erhält, insbesondere bei der Massenänderungskündigung.[7] Das Ergebnis, das sich allein auf den Wortlaut der Norm stützt, erscheint wenig überzeugend: Der Schutz des Mandats wird zur Privilegierung, die bei der ungeschützten Belegschaft die Akzeptanz kaum fördern dürfte. Zu Recht befürwortet daher die ganz herrschende Lehre eine teleologische Reduktion.[8] Wenn das BAG in einer neueren Entscheidung festgestellt hat, die Zulässigkeit der ordentlichen Kündigung nach § 15 Abs. 4 und 5 KSchG "deutet darauf hin, dass nach Ansicht des Gesetzgebers die in § 15 KSchG genannten Personen eines besonderen Schutzes vor einer Kündigung nicht bedürfen, soweit die Kündigung Folge einer generellen Maßnahme ist und sich nicht gegen die einzelnen Mandatsträger richtet"[9], ist ihm zuzustimmen, und vielleicht deutet sich darin eine Änderung der Rechtsprechung an.

[1] Vgl. Linck/Krause/Bayreuther/Bayreuther, KSchG, § 15 KSchG Rz. 51.
[2] Ebenso BAG, Urteil v. 20.3.2014, 2 AZR 825/12, NZA 2014, 1089; vgl. bereits zuvor LAG Hamm, Urteil v. 29.11.1973, 3 Sa 663/73, DB 1974 S. 389.
[3] Vgl. BAG, Urteil v. 6.11.1959, 1 AZR 329/58, AP KSchG § 13 Nr. 15; Linck/Krause/Bayreuther/Bayreuther, KSchG, § 15 KSchG Rz. 50.
[4] BAG, Urteil v. 29.8.2013, 2 AZR 419/12, NZA 2014, 660, Rn. 31; ebenso BAG, Urteil v. 7.12.1972, 2 AZR 235/72, AP KSchG 1969 § 9 Nr. 1, wo es um die Wahl zum Mitglied eines Personalrats ging.
[7] Ausführlich begründend BAG, Urteil v. 7.10.2004, 2 AZR 81/04, AP KSchG 1969 § 15 Nr. 56; s. auch BAG, Beschluss v. 21.6.1995, 2 ABR 28/94, AP KSchG 1969 § 15 Nr. 36; BAG, Beschluss v. 6.3.1986, 2 ABR 15/85, AP KSchG 1969 § 15 Nr. 19; BAG, Urteil v. 29.1.1981, 2 AZR 778/78, AP KSchG 1969 § 15 Nr. 10; BAG, Urteil v. 9.4.1987, 2 AZR 279/86, AP KSchG 1969 § 15 Nr. 28; bereits BAG, Urteil v. 24.4.1969, 2 AZR 319/68, AP KSchG § 13 Nr. 18; ebenso LAG Schleswig-Holstein, Urteil v. 26.11.1999, 5 Sa 363/99, BeckRS 1999, 30819222 und LAG Schleswig-Holstein, Urteil v. 26.11.1999, 5 Sa 409/99, BeckRS 1999, 30819248.
[8] S. insbesondere Hilbrandt, NZA 1998, 1258; Stahlhacke, Festschrift Hanau, 1999, S. 281; Weber/Lohr, BB 1999, 2350.
[9] BAG, Beschluss v. 18.9.1997, 2 ABR 15/97, AP BetrVG 1972 § 103 Nr. 35.

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