Rz. 5

Nach § 159 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 SGB III liegt ein versicherungswidriges Verhalten des Arbeitslosen vor, wenn dieser das Beschäftigungsverhältnis gelöst oder durch ein arbeitsvertragswidriges Verhalten Anlass für die Lösung des Beschäftigungsverhältnisses gegeben und dadurch vorsätzlich oder grob fahrlässig die Arbeitslosigkeit herbeigeführt hat. Hierbei kann es sich nach Auffassung der Rechtsprechung auch um ein im Ausland angesiedeltes Beschäftigungsverhältnis handeln, wenn der Betroffene dann im Inland Arbeitslosengeld beansprucht.[1] Der in diesem Sperrzeit-Tatbestand enthaltene Begriff des "Beschäftigungsverhältnisses" ist nicht deckungsgleich mit dem arbeitsrechtlichen Begriff des "Arbeitsverhältnisses". So erfasst der Begriff des Beschäftigungsverhältnisses auch solche Beschäftigungen, denen kein arbeitsrechtliches Arbeitsverhältnis zugrunde liegt. I. d. S. ist etwa das Ausbildungsverhältnis nach § 7 Abs. 2 SGB IV ebenfalls ein Beschäftigungsverhältnis.[2] Auf der anderen Seite kann das Beschäftigungsverhältnis i. S. d. § 159 SGB III beendet sein, selbst wenn der Betreffende noch in einem arbeitsrechtlichen Beschäftigungsverhältnis steht, wie dies etwa bei einer unwiderruflichen Freistellung von der Arbeit mit Weiterzahlung des Arbeitsentgelts der Fall sein kann.[3] Für die Anwendung des § 159 SGB III kommt es allein auf die Lösung des Beschäftigungs-, nicht aber des Arbeitsverhältnisses an.[4] Maßgeblich ist das Beschäftigungsverhältnis im leistungsrechtlichen Sinne.[5] Zwar ist im Grundsatz davon auszugehen, dass das Beschäftigungsverhältnis im versicherungs- und beitragsrechtlichen Sinne auch bei tatsächlicher Nichtbeschäftigung nicht beendet ist, sofern und solange eine Pflicht des Arbeitgebers zur Fortzahlung des Arbeitsentgelts besteht. Um aber der Schutzfunktion der Arbeitslosenversicherung Rechnung zu tragen, wenn der Arbeitnehmer tatsächlich nicht beschäftigt wird und kein Arbeitsentgelt erhält, hat die Rechtsprechung im Hinblick auf den Anspruch auf Arbeitslosengeld den Begriff des leistungsrechtlichen Beschäftigungsverhältnisses entwickelt.[6]

Entscheidend für die Existenz des Beschäftigungsverhältnisses bei Fortbestehen des Arbeitsverhältnisses ist die Frage, ob der Arbeitnehmer über seine Arbeitskraft nicht uneingeschränkt frei verfügen kann. Solange der Arbeitnehmer zumindest noch einem Restdirektionsrecht des Arbeitgebers unterliegt[7] oder der Arbeitnehmer aufgrund sonstiger arbeitsrechtlicher Bindungen gehindert ist, seine Arbeitskraft frei zu verwerten[8], besteht auch noch das Beschäftigungsverhältnis weiter. Daher besteht auch während der Elternzeit das Beschäftigungsverhältnis fort, auch wenn keine tatsächlichen Arbeitsleistungen erbracht werden.[9] Diese Grundsätze hat das BSG jedoch inzwischen relativiert.[10] So sei auch bei einer nur unwiderruflichen Freistellung von der Arbeitsleistung nicht zwingend eine Beschäftigungslosigkeit ausgeschlossen. Vielmehr komme es auf die Umstände des Einzelfalls an und es sei im Rahmen einer Gesamtwürdigung zu ermitteln, ob trotz bloßer widerruflicher Freistellung gleichwohl Beschäftigungslosigkeit vorliege.[11] Dies scheint etwa in solchen Fällen denkbar zu sein, bei denen es aufgrund des gesundheitlichen Zustandes des Arbeitnehmers mehr oder weniger ausgeschlossen erscheint, dass dieser auf seinen Arbeitsplatz zurückkehren kann.

[3] BeckOGK/Lauterbach, SGB III, 84. Erg.-Lfg. 2021, Stand: 1.2.2021, § 159 SGB III, Rz. 93; zum Beschäftigungsverhältnis bei unwiderruflicher Freistellung: Schlegel, NZA 2005, 972 ff., Ricken, Das Beschäftigungsverhältnis in der Sozialversicherung als Schnittstelle von Arbeits- und Sozialrecht (Festschrift für Petr Tröster zum 70. Geburtstag), Prag 2009, S. 316-327. Giesen/Ricken, NZA 2010, 83, 84; Giesen/Ricken, NZA 2009, 424; Lembke, BB 2009, 2594, 2598 f.; Köhler, WzS 2017, 171.
[6] Behrend, AuR 2020, 492.
[7] BSG, Urteil v. 21.7.2009, B 7 AL 6/08 R, Breithaupt, 2010, S. 185 ff.
[8] Ricken, FS Tröster, Prag 2009, S. 316, 325.
[11] Behrend, AuR 2020, 492, 493.

2.1.1 Beendigung des Arbeits-/Beschäftigungsverhältnisses durch den Arbeitnehmer

 

Rz. 6

Ein versicherungswidriges Verhalten liegt nach § 159 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 Alt. 1 SGB III dann vor, wenn der Arbeitslose das Beschäftigungsverhältnis gelöst hat und dadurch vorsätzlich oder grob fahrlässig die Arbeitslosigkeit herbeigeführt hat. Was unter Lösung des Beschäftigungsverhältnisses zu verstehen ist, definiert das Gesetz nicht. Man wird aber ein ausdrückliches oder auch konkludentes Handeln des Arbeitnehmers verlangen müssen, das darauf gerichtet ist, das Beschäftigu...

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