Rz. 5

§ 4 KSchG gilt wegen § 13 Abs. 1 Satz 2 KSchG nicht nur für die ordentliche, sondern auch für die außerordentliche Kündigung.[1] Bei einer Änderungskündigung muss der Arbeitnehmer innerhalb der 3-Wochen-Frist Klage auf Feststellung erheben, dass die Änderung der Arbeitsbedingungen sozial ungerechtfertigt oder aus anderen Gründen rechtsunwirksam ist, § 4 Satz 2 KSchG (vgl. auch Rz. 26, 135).

Für durch Arbeitnehmer ausgesprochene Kündigungen gilt § 4 Satz 1 KSchG nicht, da die Vorschrift nach der Gesetzessystematik dem Sinn und Zweck von § 4 i. V. m. § 7 KSchG sowie der Gesetzesbegründung nur Arbeitgeberkündigungen erfasst. Wegen der Fiktionswirkung des § 7 KSchG hätte es der Arbeitnehmer in der Hand, einer fristlosen Eigenkündigung zur Wirksamkeit zu verhelfen. Zulasten des Arbeitgebers würde eine fristlose Kündigung wirksam, für die kein wichtiger Grund nach § 626 BGB besteht, wenn der Arbeitnehmer nicht rechtzeitig Klage erhebt. Der Arbeitnehmer muss die etwaige Rechtsunwirksamkeit einer Eigenkündigung daher nicht innerhalb der Klagefrist des § 4 Satz 1 KSchG geltend machen.[2] Auch für eine Klage des Arbeitgebers gegen eine außerordentliche Eigenkündigung des Arbeitnehmers ist § 4 Satz 1 KSchG nicht anwendbar.[3]

Für Änderungskündigungen des Arbeitgebers gilt Folgendes: Es ist innerhalb der 3-Wochen-Frist Klage mit einem Änderungsschutzantrag nach § 4 Satz 2 KSchG zu erheben, wenn der Arbeitnehmer ein mit einer ordentlichen Kündigung verbundenes Änderungsangebot unter dem Vorbehalt des § 2 KSchG angenommen hat. Bei einer außerordentlichen Änderungskündigung gelten die §§ 2, 4 Satz 2 KSchG entsprechend, obwohl der Verweis in § 13 Abs. 1 Satz 2 KSchG die Bestimmungen nicht unmittelbar erfasst.[4]

2.1 Beendigungserklärung

 

Rz. 6

Eine Kündigung i. S. d. § 4 Satz 1 KSchG ist eine einseitige empfangsbedürftige Willenserklärung des Arbeitgebers, gerichtet auf die Beendigung des Arbeitsverhältnisses für die Zukunft. Die Kündigung muss nicht ausdrücklich als solche bezeichnet werden. Es reicht aus, dass die Erklärung des Arbeitgebers eindeutig auf eine einseitige Beendigung des Arbeitsverhältnisses abzielt. Maßgeblich ist hierbei, wie der Arbeitnehmer die Erklärung des Arbeitgebers nach Treu und Glauben und mit Rücksicht auf die Verkehrssitte auffassen muss.[1] So kann im Einzelfall z. B. die Aufforderung zur "Abholung der Papiere" als Kündigung auszulegen sein. Dagegen zählt die Kündigung einer Nebenabrede, welche nicht zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses führen kann, nicht zu den von § 4 KSchG erfassten Beendigungsformen.[2]

 
Hinweis

Inhaltliche Mängel einer vermeintlichen "Kündigungserklärung" werden nicht mit Fristablauf nicht §§ 4 Satz 1, 7 KSchG geheilt.[3] Der Arbeitnehmer muss nur mit einer Beendigung des Arbeitsverhältnisses rechnen, wenn der Arbeitgeber diesen Willen eindeutig zum Ausdruck bringt. Bei Zweifeln sollte der Arbeitnehmer aber vorsorglich fristgemäß Kündigungsschutzklage erheben.

[1] Frölich, NZA 1997, 1273, 1274.
[2] BAG, Urteil v. 18.5.2017, 2 AZR 721/16, NZA 2017, 1195, 1196; zur Auslegung vgl. Gabrys, § 1, Rz. 119.
[3] Raab, RdA 2004, 321, 323.

2.2 Schriftform

 

Rz. 7

Nach § 623 BGB bedarf jede Kündigung der Schriftform. Einzelheiten ergeben sich aus § 126 Abs. 1 BGB. Der Arbeitgeber muss dem Arbeitnehmer die Kündigung danach in Form einer Urkunde, d. h. eines Kündigungsschreibens, übergeben. Das Kündigungsschreiben muss durch den Arbeitgeber bzw. dessen Vertreter eigenhändig durch Namensunterschrift oder mittels notariell beglaubigten Handzeichens unterzeichnet sein.[1] Die bloße Paraphierung mit einem Namenskürzel genügt nicht.[2] Verstöße gegen das Schriftformerfordernis führen nach § 125 Satz 1 BGB zur Nichtigkeit der Kündigung.

 

Rz. 8

In der Praxis wird zuweilen übersehen, dass das unterzeichnete Kündigungsschreiben dem Arbeitnehmer im Original zugehen muss. Die Übersendung einer Kopie reicht selbst dann nicht aus, wenn das kopierte Originalschreiben die handschriftliche Unterschrift des Ausstellers trägt. Aus diesem Grund kann der Arbeitgeber eine Kündigung auch nicht wirksam als Telefax[3], E-Mail[4] oder SMS[5] übermitteln.[6] § 623 BGB schließt Kündigungen in elektronischer Form nach § 126a BGB ausdrücklich aus.[7]

 
Hinweis

Formale Fehler beim Ausspruch einer Kündigung können erhebliche Konsequenzen für den kündigenden Arbeitgeber haben. Der Arbeitgeber muss dann eine neue Kündigung unter Wahrung der maßgeblichen Kündigungsfrist aussprechen. Insbesondere bei längeren Kündigungsfristen und Kündigungsfristen zu bestimmten Terminen (z. B. dem Quartalsende) kann die damit einhergehende Verpflichtung zur Fortzahlung der Vergütung erhebliche Zusatzkosten verursachen. Darüber hinaus ist ein etwaiger Betriebsrat vor Ausspruch einer erneuten Kündigung ggf. wiederholt nach § 102 Abs. 1 BetrVG anzuh...

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