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Die Änderungskündigung ist von anderen einseitigen Gestaltungsrechten zur Anpassung von Arbeitsbedingungen an geänderte Verhältnisse abzugrenzen. Von Bedeutung ist diese Abgrenzung vor allem deshalb, weil eine Änderungskündigung sozial ungerechtfertigt ist, wenn der Arbeitgeber die Änderung der Arbeitsbedingungen auch durch Ausübung seines Direktionsrechts oder Inanspruchnahme eines einseitigen Leistungsbestimmungsrechts hätte erreichen können.[1] Der mögliche Wegfall des Beschäftigungsbedarfs zu den bisherigen Bedingungen "bedingt" in diesem Fall nicht i. S. v. § 2 Satz 1, § 1 Abs. 2 Satz 1 KSchG eine (Änderungs-)Kündigung.[2]

Auch dies ist eine Folge des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes, da im Falle der Ausübung eines nicht an eine Kündigung gekoppelten einseitigen Gestaltungsrechts nicht zugleich der Bestand des Arbeitsverhältnisses gefährdet wird, es sich also um ein im Vergleich zur Änderungskündigung milderes Mittel handelt. Dies kommt zwar nach der Rechtsprechung des BAG nur zum Tragen, wenn der Arbeitnehmer das Änderungsangebot ablehnt, es also auch nicht unter dem Vorbehalt des § 2 Satz 1 KSchG annimmt, und damit die Beendigungswirkung des Kündigungselements der Änderungskündigung eingreift. Der Arbeitgeber weiß aber bei Ausspruch der Änderungskündigung nicht, wie der Arbeitnehmer reagieren wird. Er läuft, wenn er eine "überflüssige" Änderungskündigung ausspricht, Gefahr, dass der Arbeitnehmer die Unverhältnismäßigkeit erkennt, das Änderungsangebot nicht annimmt und mit einer gegen die Beendigungswirkung der Änderungskündigung gerichteten "normalen" Kündigungsschutzklage obsiegt. Umgekehrt kann der Arbeitnehmer, der ein Änderungsangebot nicht als überflüssig erkennt, Gefahr laufen, es unter Vorbehalt anzunehmen und ausschließlich Änderungsschutzklage nach § 4 Satz 2 KSchG zu erheben. Mit dieser würde er, obwohl der Arbeitgeber zum falschen Gestaltungsmittel gegriffen hat, unterliegen. Denn Streitgegenstand einer Klage nach § 4 Satz 2 KSchG ist nach der für die Praxis maßgeblichen Rechtsprechung des BAG nicht die Wirksamkeit der Kündigung, sondern der Inhalt der für das Arbeitsverhältnis geltenden Vertragsbedingungen.[3]

Gelten die vermeintlich erst herbeizuführenden Vertragsbedingungen bereits, kann nicht festgestellt werden, dass sie sozial ungerechtfertigt oder aus anderen Gründen rechtsunwirksam sind. Eine Änderungsschutzklage nach § 4 Satz 2 KSchG ist in diesem Fall – notwendig – unbegründet. Dabei kommt es nicht darauf an, ob der Arbeitgeber sein Direktionsrecht oder vertragliches Leistungsbestimmungsrecht tatsächlich schon (wirksam) ausgeübt hat. Es genügt, dass er es wahrnehmen könnte.

Zur Vermeidung von Prozessrisiken sowohl vor Ausspruch einer Änderungskündigung durch den Arbeitgeber als auch vor Annahme eines Änderungsangebots unter dem Vorbehalt des § 2 Satz 1 KSchG und Erhebung einer Änderungsschutzklage durch den Arbeitnehmer ist daher zu prüfen, ob für die beabsichtigte Änderung der Beschäftigungsbedingungen überhaupt eine Änderung der Vertragsbedingungen erforderlich ist. Für die Arbeitsgerichte bedeutet dies, dass bei der Prüfung einer Änderungsschutzklage Zweifel hinsichtlich des Umfangs des Direktionsrechts des Arbeitgebers nicht offen bleiben können. Ebenso ist eine sorgfältige Auslegung einer vom Arbeitnehmer erklärten Vorbehaltsannahme und des seinem wohlverstandenen Rechtsschutzziel entsprechenden Klageantrags erforderlich.

 
Hinweis

Der Arbeitgeber wird bei Zweifeln, welches Gestaltungsrecht das richtige ist, zur Sicherheit von beiden Gebrauch machen, ggf. von dem einen nur auflösend bedingt für den Fall, dass sich die Ausübung des anderen als wirksam erweist. Es handelt sich insofern um eine auch bei einseitigen empfangsbedürftigen Willenserklärungen zulässige Rechtsbedingung.

Ordnet der Arbeitgeber eine Änderung der Arbeitsbedingungen im Wege des Direktionsrechts an und spricht er zusätzlich eine darauf bezogene Änderungskündigung für den Fall aus, dass die Maßnahme nicht ohne eine Änderung des Arbeitsvertrags zulässig ist, kann der Arbeitnehmer – falls er zugleich die einseitige Maßnahme gerichtlich angreift – seinen Änderungsschutzantrag nach § 4 Satz 2 KSchG unter die Bedingung stellen, dass über diesen nur befunden wird, wenn es nach Auffassung des Gerichts für die streitgegenständliche Maßnahme einer Vertragsänderung bedarf.[4]

Er kann auch, ist er der Ansicht, eine ausgesprochene Änderungskündigung sei "überflüssig", die Annahme des Änderungsangebots unter dem Vorbehalt des § 2 Satz 1 KSchG auflösend bedingt für den Fall erklären, dass es einer Änderungskündigung gar nicht bedurfte. Als Antrag im gerichtlichen Verfahren kann er sodann den üblichen Antrag nach § 4 Satz 1 KSchG und hilfsweise für den Fall, dass die Änderungskündigung doch erforderlich war, den Antrag nach § 4 Satz 2 KSchG stellen.

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