1 Allgemeines

 

Rz. 1

In § 625 BGB wird die stillschweigende Verlängerung von Dienstverhältnissen unabhängig vom Willen der Parteien geregelt. Die Vorschrift verhindert den Eintritt eines vertragslosen Zustands und dient damit der Rechtsklarheit.[1] Daraus erklärt sich auch, dass für § 625 BGB dann kein Raum ist, wenn die Parteien vor oder nach Auslaufen des Vertrags eine Vereinbarung über die Verlängerung des Dienstverhältnisses schließen.[2] Ein entsprechender Verlängerungsvertrag kann ausdrücklich oder stillschweigend geschlossen werden.[3]

§ 625 BGB ist – auch konkludent – abdingbar, sodass die Parteien die Rechtsfolge ausschließen oder abweichende Vereinbarungen über die Weiterbeschäftigung treffen können.[4]

Dabei ist nicht entscheidend, ob den Parteien die Vorschrift bei Abschluss des Vertrags bekannt ist.[5]

[1] BAG, Urteil v. 10.9.2020, 6 AZR 94/19 (A) (Teilurteil), NZA 2021, 129 Rz. 30; ErfK/Müller-Glöge, 22. Aufl. 2022, § 625 BGB Rz. 1; MünchKomm/Henssler, 8. Aufl. 2020, § 625 BGB Rz. 1.
[4] OLG München, Urteil v. 10.4.2019, 7 U 2876/18 (Endurteil), BeckRS 2019, 7379 Rz. 14; LG Paderborn, Urteil v. 4.6.2019, 6 O 29/17, BeckRS 2019, 12845 Rz. 33.
[5] LG Paderborn, Urteil v. 4.6.2019, 6 O 29/17, BeckRS 2019, 12845 Rz. 35.

2 Anwendungsbereich

 

Rz. 2

Vom Anwendungsbereich der Norm werden grundsätzlich alle Dienstverhältnisse erfasst. Ausgenommen sind zeit- oder zweckbefristete und auflösend bedingte Arbeitsverhältnisse. Für diese gilt die Sonderregelung in § 15 Abs. 5 TzBfG. Eine weitere Sonderregelung findet sich in § 24 BBiG, der für den Fall der Weiterarbeit nach Beendigung eines Berufsausbildungsverhältnisses vorsieht, dass ein Arbeitsverhältnis auf unbestimmte Zeit begründet ist, wenn der Auszubildende im Anschluss an das Berufsausbildungsverhältnis weiterbeschäftigt wird und es an einer ausdrücklichen Vereinbarung fehlt. Die zu § 625 BGB entwickelten Grundsätze finden hierbei keine Anwendung, da es nicht um die Fortsetzung zu unveränderten Bedingungen geht.[1] Beamtenverhältnisse und öffentlich-rechtliche Lehraufträge stellen kein Dienstverhältnis i. S. d. Norm dar; erfasst sind nur Verhältnisse, die durch eine einseitige Maßnahme begründet und sich im Wesentlichen durch öffentlich-rechtliche Ausgestaltung auszeichnen.[2]

3 Voraussetzungen

3.1 Ablauf des Dienstverhältnisses

 

Rz. 3

§ 625 BGB setzt den Ablauf des Dienstverhältnisses voraus, wobei die Art des Beendigungstatbestands unerheblich ist. Aufgrund von § 15 Abs. 5 TzBfG, der den Anwendungsbereich des § 625 BGB im Fall der Fortsetzung eines Arbeitsverhältnisses nach Ablauf der Zeit, für die es eingegangen ist, sowie nach Zweckerreichung oder nach Eintritt einer auflösenden Bedingung einschränkt, kommen jedoch im Rahmen von Arbeitsverhältnissen nur Kündigung, Anfechtung oder Aufhebungsverträge als Beendigungsgründe in Betracht.[1]

[1] BAG, Urteil v. 20.3.2018, 9 AZR 479/17, NZA 2018, 943, 945; BAG, Urteil v. 3.9.2003, 7 AZR 106/03, NZA 2004, 255; krit. gg. Aufhebungsvertrag MünchKomm/Henssler, 8. Aufl. 2020, § 625 BGB Rz. 7.

3.2 Fortsetzung des Dienstverhältnisses

 

Rz. 4

Ferner erfordert die Vorschrift die bewusste und tatsächliche Fortführung der bisher geleisteten Dienste unmittelbar nach Ablauf der Vertragszeit durch den Dienstverpflichteten.[1] Nicht ausreichend ist insoweit, wenn nach Vertragsende ein Freizeitausgleich für geleistete Überstunden gewährt oder Erholungsurlaub bewilligt wird und im Anschluss daran die Arbeit wieder aufgenommen wird.[2] Gleiches gilt für einen erkrankten Arbeitnehmer, dem das Entgelt nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses fortgezahlt wird.[3] Ebenso genügt es nicht, wenn der Arbeitnehmer ihm überlassene Schlüssel oder Arbeitsmaterial an den Betrieb des Arbeitgebers zurückgibt.[4]

Die vertragsmäßige Dienstleistung kann auch an einem anderen Arbeitsplatz für denselben Arbeitgeber erbracht werden.[5]

[5] Grundlegend BAG, Urteil v. 11.11.1966, 3 AZR 214/65, AP Nr. 117 zu § 242 BGB Ruhegehalt; Grüneberg/Weidenkaff, 81. Aufl. 2022, § 625 BGB Rz. 2.

3.3 Wissen des Dienstberechtigten

 

Rz. 5

Der Dienstberechtigte muss Kenntnis von der tatsächlichen Fortführung des Dienstverhältnisses haben. Unbeachtlich ist in diesem Zusammenhang eine etwaige falsche rechtliche Beurteilung im Hinblick auf den Ablauf des Dienstverhältnisses.[1]

 
Hinweis
 

Maßgeblich ist das Wissen des Dienstberechtigten oder solcher Personen, die zur Vertretung in dienstrechtlichen Fragen ermächtigt sind.[2] Dabei muss sich die Vertretungsmacht auf den Abschluss eines Dienst- bzw. Arbeitsvertrags beziehen.[3]

Es genügt nicht,...

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