1 Allgemeines

 

Rz. 1

§ 614 BGB regelt die Fälligkeit des Vergütungsanspruchs. Abweichend von § 271 Abs. 1 BGB tritt die Fälligkeit erst nach der Leistung der Dienste ein. Der zur Dienstleistung Verpflichtete ist demnach vorleistungspflichtig. Zum Teil wird der Grundsatz "Ohne Arbeit kein Lohn" aus § 614 BGB abgeleitet.[1] Richtiger dürfte jedoch sein, diesen Rechtssatz aus dem Gegenseitigkeitsverhältnis Arbeitsleistung und Entgelt zu folgern. Hierfür spricht die Ausgestaltung von § 614 BGB als Fälligkeitsregel.[2] Die Norm weist keinen zwingenden Charakter auf. Vielfach finden sich abweichende Regelungen in kollektivrechtlichen Vereinbarungen, wie z. B. in einer Betriebsvereinbarung.[3] Nach § 87 Abs. 1 Nr. 4 BetrVG steht dem Betriebsrat schließlich ein Mitbestimmungsrecht hinsichtlich Zeit, Ort und Art der Entgeltzahlung zu. Eine dementsprechend abweichende Fälligkeit von z. B. der Vergütung von Überstunden und Nachtarbeitszuschlägen kann sogar konkludent – d. h. durch schlüssiges Handeln – vereinbart werden.[4]

 

Rz. 2

Erfolgt die Vergütung nach Zeitabschnitten muss Satz 2 beachtet werden. In diesem Fall ist die Vergütung generell nach Ablauf der einzelnen Zeitabschnitte zu zahlen. Bei monatlicher Vergütung wird der Zahlungsanspruch daher am ersten Tag des Folgemonats fällig.[5] Handelt es sich bei diesem Fälligkeitstag um einen Samstag, Sonntag oder Feiertag, so tritt die Fälligkeit gem. § 193 BGB erst mit dem nächsten Werktag ein.[6] Anders verhält es sich, wenn die Vergütung nach Tagen oder Stunden bemessen ist. Hier ist das Entgelt – entgegen dem Wortlaut – der Verkehrssitte entsprechend erst am Ende der Woche zu entrichten.[7]

[2] Staudinger/Richardi/Fischinger, 2019, § 614 BGB Rz. 1.
[3] BAG, Urteil v. 15.1.2002, 1 AZR 165/01, NZA 2002, 1112; ErfK/Preis, 22. Aufl. 2022, § 614 BGB Rz. 2; Boemke/Jäger, RdA 2016, 141, 145.
[5] BAG, Urteil v. 8.5.2018, 9 AZR 586/17, AP TVG § 1 Tarifverträge: Klempnerhandwerk Nr. 4.

2 Sonderregeln

 

Rz. 3

Im Arbeitsrecht bestehen zu § 614 BGB einige Sonderregeln. Gem. § 64 Satz 1 HGB ist Handlungsgehilfen das Gehalt am Ende des Monats zu zahlen. Nicht maßgeblich ist dabei der Schluss des Kalendermonats, sondern der Tag, an dem ein Monat seit Dienstantritt bzw. Zahlung des letzten Gehalts verstrichen ist. Üblicherweise werden die Parteien jedoch einen Kalendermonatsbezug vereinbaren. Für Seeleute sowie Arbeitnehmern auf Binnenschiffen finden sich abweichende Regelungen in den §§ 37 ff. SeeArbG bzw. § 24 BinSchG. Eine Ausnahme existiert auch im Bereich der Ausbildungsvergütung. Sie ist spätestens am letzten Arbeitstag des Monats zu zahlen (vgl. § 18 Abs. 1, 2 BBiG). Bei Pflegebetrieben, die dem Geltungsbereich der 3. PflegeArbbV unterfallen, wird gem. § 3 Abs. 1 Satz 1 3. PflegeArbbV das Mindestentgelt für die vertraglich vereinbarte Arbeitszeit spätestens zum 15. des Monats fällig, der auf den Monat folgt, für den das Mindestentgelt zu entrichten ist. Die Entrichtung des Urlaubsentgelts hat gem. § 11 Abs. 2 BUrlG vor Antritt des Urlaubs zu erfolgen. Von dieser Regelung darf zuungunsten des Arbeitnehmers nur in Tarifverträgen abgewichen werden (vgl. § 13 Abs. 1 BUrlG). Das MiLoG enthält in § 2 MiLoG Regelungen, die § 614 BGB ergänzen. Auch in der Altersteilzeit wird von § 614 BGB durch § 2 Abs. 2 AltTZG abgewichen.

3 Vorschuss- und Abschlagszahlungen

 

Rz. 4

Unter Vorschüssen versteht man Vorauszahlungen des Arbeitgebers auf noch nicht verdienten Lohn.[1] Hierbei erhält der Arbeitnehmer eine Zahlung für eine Forderung, die entweder noch nicht oder nur aufschiebend bedingt entstanden oder zwar entstanden, aber noch nicht fällig ist.[2] Der Arbeitgeber ist zur Vorschusszahlung ohne ausdrückliche oder konkludente Parteivereinbarung nicht verpflichtet. Etwas anderes kann in Ausnahmesituationen wie z. B. schwerer Erkrankung, Entbindung, Todesfall oder einer anderweitig nicht behebbaren finanziellen Notlage gelten.[3] Hier folgt aus der Fürsorgepflicht des Arbeitgebers ein Anspruch auf Zahlung des Vorschusses. Bei Vorschüssen handelt es sich um vorweggenommene Lohntilgungen, die bei der nächsten Lohnabrechnung ohne Aufrechnungserklärung in Abzug gebracht werden können. Da § 394 BGB keine Anwendung findet, kann der Arbeitgeber den Vorschuss auch auf den unpfändbaren Teil der Arbeitsvergütung verrechnen.[4] Handelt es sich dabei um die Bruttoarbeitsvergütung, schließt dies auch die Arbeitnehmeranteile an der Sozialversicherung ein, da der Arbeitnehmer auch insofern eine Leistung erlangt hat.[5] Für Handlungsgehilfen ordnet § 87a Abs. 1 Satz 2 HGB einen gesetz...

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