1 Allgemeines

 

Rz. 1

§ 310 BGB bezieht sich auf den persönlichen und sachlichen Anwendungsbereich der §§ 305 ff. BGB, indem dieser näher bestimmt wird und bei bestimmten Gestaltungen modifiziert wird. Aus arbeitsrechtlicher Sicht sind lediglich die Absätze 3 und 4 Satz 2 von besonderem Interesse.

2 § 310 Abs. 3 BGB

 

Rz. 2

§ 310 Abs. 3 BGB erweitert den Anwendungsbereich der §§ 305 ff. BGB. Allerdings setzt die Anwendung des Abs. 3 voraus, dass ein Verbrauchervertrag vorliegt. Nach mittlerweile h. M., der sich auch das BAG angeschlossen hat, wird die Verbrauchereigenschaft des Arbeitnehmers bejaht.[1] Das BAG bezieht sich dabei auf den Wortlaut des § 13 BGB und führt aus, dass der Abschluss des Arbeitsvertrags der unselbstständigen beruflichen Tätigkeit des Arbeitnehmers zuzuordnen ist. § 310 Abs. 3 BGB ist eine verbraucherschützende Norm, die dem Arbeitnehmer Vereinfachungen im Bereich der Darlegungs- und Beweislast zuteilwerden lässt. Durch § 310 Abs. 3 BGB genießt der Arbeitnehmer hinsichtlich der AGB-Kontrolle ein erhöhtes Schutzniveau.

[1] BAG, Urteil v. 25.5.2005, 5 AZR 572/04; Däubler, NZA 2001, 1329, 1333; Hümmerich/Holthausen NZA 2002, 173, 178.

2.1 Stellen von Vertragsbedingungen (§ 310 Abs. 3 Nr. 1 BGB)

 

Rz. 3

Gem. § 310 Abs. 3 Nr. 1 BGB wird bei Verbraucherverträgen und folglich auch bei Arbeitsverträgen vermutet, dass Arbeitsbedingungen, die nicht durch den Arbeitnehmer in den Vertrag eingeführt wurden, vom Unternehmer gestellt wurden. Nr. 1 beinhaltet folglich eine Fiktion des durch § 305 BGB geforderten Merkmals des Stellens. Nr. 1 verlagert die Darlegungs- und Beweislast auf den Arbeitgeber, der bei Vorliegen der Voraussetzungen des Abs. 3 Nr. 1 beweisen muss, dass der Arbeitnehmer die Vertragsbedingungen in den Vertrag eingeführt hat oder dass es sich um eine Individualvereinbarung handelt. § 310 Abs. 3 Nr. 1 BGB gilt auch für Vertragsbedingungen, die zwar nicht vom Arbeitgeber, aber von einem von ihm oder auch von beiden Vertragspartnern beauftragten Dritten in den Vertrag eingeführt wurden.[1]

[1] Palandt/Grüneberg, § 310 BGB, Rz. 12; Däubler/Bonin/Deinert, § 310 BGB, Rz. 5.

2.2 Einmalige Verwendung von Vertragsbedingungen (§ 310 Abs. 3 Nr. 2 BGB)

 

Rz. 4

Nach § 310 Abs. 3 Nr. 2 BGB sind die zentralen Vorschriften des AGB-Rechts auch dann anwendbar, wenn die Vertragsbedingungen lediglich für eine einmalige Verwendung vorgesehen sind. Voraussetzung für eine Anwendung des AGB-Rechts auf derartige Vertragsbedingungen ist, dass sie vorformuliert sind und dass der Verbraucher/Arbeitnehmer keine Einflussmöglichkeiten auf den Inhalt der Vertragsbedingungen hatte. Für die Vorformulierung gelten die gleichen Voraussetzungen wie bei § 305 Abs. 1 BGB. Sofern die vorformulierte Klausel auf Vorschlag des Arbeitnehmers/Verbrauchers in das Vertragswerk aufgenommen wurde, wird auch bei Nr. 2 der Verbraucher/Arbeitnehmer nicht geschützt.[1]

 

Rz. 5

Dies ergibt sich schon daraus, dass Nr. 2 nicht eingreift, sofern der Arbeitnehmer eine Einflussmöglichkeit auf den Inhalt der Vertragsbedingungen hatte. § 310 Abs. 3 Nr. 2 BGB verweist nach h. M. insofern auf § 305 Abs. 1 Satz 3 BGB.[2] Dabei kommt es lediglich auf die Möglichkeit der Einflussnahme an, eine tatsächliche Einflussnahme wird nicht gefordert. Der Unternehmer/Arbeitgeber muss dem Verbraucher/Arbeitnehmer aber deutlich seine Bereitschaft, auf Änderungswünsche einzugehen, mitteilen.[3]

 

Rz. 6

Der Arbeitnehmer, der sich auf Nr. 2 berufen will, trägt die Darlegungs- und Beweislast für die Vorformulierung der fraglichen Klauseln, für seine fehlende Möglichkeit der Einflussnahme und für die Kausalität der Vorformulierung für den Mangel der Einflussnahme.[4]

[1] Palandt/Grüneberg, § 310 BGB, Rz. 16; zuletzt BAG, Urteil v. 16.5.2012, 5 AZR 347/11.
[2] A. a. O. Rz. 17; a. A. Ulmer/Brandner/Hensen § 310 Rz. 85.
[3] A. a. O.
[4] MüKo/Basedow, § 310 BGB, Rz. 67.

2.3 Inhaltskontrolle und Begleitumstände (§ 310 Abs. 3 Nr. 3 BGB)

 

Rz. 7

Nach Nr. 3 muss neben dem normalerweise anzuwendenden generalisierend-typisierenden Prüfungsmaßstab eine konkret-individuelle Untersuchung der Umstände des Vertragsschlusses stattfinden, um herauszufinden, ob eine unangemessene Benachteiligung nach § 307 Abs 1 und 2 BGB vorliegt. Es handelt sich folglich um eine Erweiterung der Beurteilungsgrundlage.

3 Kollektivverträge und AGB-Kontrolle (§ 310 Abs. 4 Satz 1 und Satz 3 BGB)

 

Rz. 7a

Nach § 310 Abs. 4 Satz 1 BGB findet der Abschnitt 2, d. h. die AGB-Kontrolle, keine Anwendung auf Tarifverträge, Betriebsvereinbarungen und Dienstvereinbarungen. Diesen Kollektivverträgen wird eine Richtigkeitsgewähr unterstellt. Die Regelung sichert die Tarifautonomie. Als Betriebsvereinbarungen gelten auch Gesamtbetriebsvereinbarungen und Konzernbetriebsvereinbarungen.

Auch der Ausschluss einer mittelbaren Kontrolle von Tarifverträgen sowie Betriebs- und Dienstvereinbarungen ist sichergestellt, indem § 310 Abs. 4 Satz 3 BGB regelt, dass diese Rechtsvorschriften im Sinne des § 307 Abs. 3 gleichstehen. Würden diese nicht als Maßstab für die Frage einer Abweichung von einer Rechtsvorschrift gelten, könnte eine rechtliche Würdigung zum Ergebnis kommen, dass eine arbeitsvertragliche Vereinbarung, die eine tarifliche Vorschrift übernimmt, unwirksam wäre, wodurch indirekt die Tarifnorm als gesetzeswidrig erscheinen würde.

4 Angemessene Berücksichtigung arbeitsrechtlicher Besonderheiten (§ 310 Abs. 4 Satz 2 BGB)

 

Rz. 8

Nach § 31...

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