2.1 Anspruchsvoraussetzungen (Abs. 1 und 2)

 

Rz. 4

§ 37a eröffnet einen Rechtsanspruch auf Soziotherapie. Grundvoraussetzung ist zunächst, dass der Anspruchsteller/die Anspruchstellerin Versicherter/Versicherte, d. h. Pflicht- oder freiwilliges Mitglied einer gesetzlichen Krankenkasse ist (§ 4).

 

Rz. 5

Abs. 2 ermächtigt den Gemeinsamen Bundesausschuss, in Richtlinien nach § 92 das Nähere über Voraussetzungen, Art und Umfang der Inanspruchnahme von Soziotherapie zu regeln. Damit werden die Einzelheiten des Leistungsinhalts definiert. Hieraus ergibt sich, dass zur Inanspruchnahme therapiefähige, schwer psychisch Kranke berechtigt sind. Die Indikationen werden ebenfalls durch den Bundesausschuss festgelegt. Bedeutsam ist, dass es sich um keinen abschließenden Katalog, sondern um eine Aufzählung der Indikationen, bei denen Soziotherapien regelmäßig angewandt werden sollten, handelt (BT-Drs. 14/1245 S. 66).

 

Rz. 5a

Der Bundesausschuss hat von der Richtlinienkompetenz durch die aktuelle Richtlinie des Gemeinsamen Bundesausschusses über die Durchführung von Soziotherapie in der vertragsärztlichen Versorgung (Soziotherapie-Richtlinie/ST-RL) in der Neufassung v. 22.1.2015 (BAnz AT 14.4.2015 B5), zuletzt geändert am 16.3.2017 (BAnz AT 7.6.2017 B3, veröffentlicht auf der Homepage des Gemeinsamen Bundesausschusses im Internet unter https://www.g-ba.de/downloads/62-492-1405/ST-RL_2017-03-16_iK-2017-06-08_AT_07-06-2017-B3.pdf) Gebrauch gemacht. Diese Richtlinie regelt Voraussetzungen, Art und Umfang der Versorgung mit Soziotherapie in der vertragsärztlichen Versorgung gemäß § 37a i. V. m. § 92 Abs. 1 Satz 2 Nr. 6. Dazu gehören auch Inhalt und Umfang der Zusammenarbeit des verordnenden Arztes mit dem Erbringer der soziotherapeutischen Leistung (Leistungserbringer). Die bereits im Jahr 2001 erlassenen Sozio-RL des Bundesausschusses der Ärzte und Krankenkassen galten zunächst fort, obwohl seit dem 1.1.2004 § 37a Abs. 2 den Gemeinsamen Bundesausschuss zur Regelung berufen hatte. Grund dafür war, dass das GMG § 37a Abs. 2 lediglich an die Änderung des § 91 angepasst hatte, ohne die Fortgeltung der bisher erlassenen Richtlinien auszuschließen (BSG, Urteil v. 20.4.2010, B 1/3 KR 21/08 R, Rz. 11).

2.1.1 Schwere psychische Erkrankung (Abs. 1 Satz 1)

 

Rz. 5b

Der Anspruch auf Soziotherapie setzt eine schwere psychische Erkrankung des/der Versicherten voraus. Nach § 2 Abs. 4 der ST-RL sind schwere psychische Erkrankungen in diesem Sinne solche aus den Bereichen des schizophrenen Formenkreises (ICD-10-Nr. F 20.0 – 20.6 [Schizophrenie], 21 [schizotype Störung], 22 [anhaltende wahnhafte Störung], 24 [induzierte wahnhafte Störung] und 25 [schizoaffektive Störung]) und der affektiven Störungen (ICD-10-Nr. F 31.5 [gegenwärtig schwere depressive Episode mit psychotischen Symptomen im Rahmen einer bipolaren affektiven Störung], 32.3 [schwere depressive Episode mit psychotischen Symptomen] und 33.3 [gegenwärtig schwere depressive Episode mit psychotischen Symptomen im Rahmen einer rezidivierenden depressiven Störung]). Bei der Verordnung von bis zu 5 Probestunden nach Maßgabe von § 5 Abs. 2 ST-RL genügt auch der Verdacht auf eine schwere psychische Erkrankung.

Nach § 2 Abs. 2 Satz 2 ST-RL sind die Erkrankungen, die der Soziotherapie bedürfen, durch folgende (alternative oder kumulative) Fähigkeitsstörungen gekennzeichnet:

  • Beeinträchtigung durch Störungen des Antriebs, der Ausdauer und der Belastbarkeit, durch Unfähigkeit zu strukturieren, durch Einschränkungen des planerischen Denkens und Handelns sowie des Realitätsbezuges,
  • Störungen im Verhalten mit Einschränkung der Kontaktfähigkeit und fehlender Konfliktlösungsfähigkeit,
  • Einbußen i. S. v. Störungen der kognitiven Fähigkeiten wie Konzentration und Merkfähigkeit, der Lernleistungen sowie des problemlösenden Denkens,
  • krankheitsbedingt unzureichender Zugang zur eigenen Krankheitssymptomatik und zum Erkennen von Konfliktsituationen und Krisen.

Die Schwere der Fähigkeitsstörungen wird anhand der GAF Skala (Global Assessment of Functioning Scale) gemessen. Orientierungswert ist der Wert 40; der Wert 50 darf nicht überschritten werden.

 

Rz. 5c

Wird der GAF-Wert 40 unterschritten, erhalten nach § 2 Abs. 5 ST-RL schwer psychisch Erkrankte mit Diagnosen aus dem Bereich F00 bis F99, die nicht unter § 2 Abs. 4 genannt sind, in begründeten Einzelfällen eine Verordnung von Soziotherapie, wenn sich aufgrund der Gesamtsituation und nach fachärztlicher Einschätzung eine medizinische Erforderlichkeit insbesondere aus einem der nachfolgend genannten Kriterien ergibt:

  • relevante Co-Morbiditäten (psychiatrische, wie z. B. Persönlichkeitsstörungen oder Suchterkrankungen, oder somatische, wie z. B. Mobilitätseinschränkungen oder chronische Schmerzerkrankungen),
  • stark eingeschränkte Fähigkeit zur Planung, Strukturierung und Umsetzung von Alltagsaufgaben,
  • eingeschränkte Fähigkeit zur selbstständigen Inanspruchnahme ärztlicher oder psychotherapeutischer sowie ärztlich oder psychotherapeutisch verordneter Leistungen sowie zur Koordination derselben oder
  • stark eingeschränkte Wegefähigkeit.
 

Rz. 5d

Nach § 2 Abs. 6 ST-RL setzt...

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