Rz. 35

Nach Abs. 1 Satz 2 hat der Gemeinsame Bundesausschuss festzulegen, in welchen medizinisch notwendigen Fällen Stoffe und Zubereitungen aus Stoffen, die als Medizinprodukte nach § 3 Nr. 1 oder Nr. 2 des Medizinproduktegesetzes in der bis zum 25.5.2020 geltenden Fassung (vgl. Rz. 12m) zur Anwendung am oder im menschlichen Körper bestimmt sind, ausnahmsweise in die Arzneimittelversorgung einbezogen werden. Diese gilt gemäß Abs. 1a Satz 4 entsprechend für sog. "verbandmittelähnliche" Produkte. Auch hierfür hat der Gemeinsame Bundesausschuss das Nähere zur Abgrenzung von Verbandmitteln zu sonstigen Produkten zur Wundbehandlung bis zum 30.4.2018 in den Richtlinien nach § 92 Abs. 1 Satz 2 Nr. 6 festzulegen.

Satz 5 lässt bis 12 Monate nach dem Wirksamwerden der Regelung nach Satz 4 die Verordnung solcher Gegenstände weiterhin zulasten der Krankenkassen zu, die vor dem 11.4.2017 erbracht wurden. Diese Übergangsregelung stellt sicher, dass durch die Änderung des Verfahrens keine Versorgungslücken auftreten.

 

Rz. 36

Das 2. MPG-ÄndG erweiterte Abs. 1 um Satz 3 und schuf damit eine Anspruchsgrundlage für arzneimittelähnliche Medizinprodukte, die vor dem Inkrafttreten des MPG v. 1.1.1995 in den Regelungsbereich des AMG einbezogen waren. Voraussetzung für einen Leistungsanspruch des Versicherten gegenüber der Krankenkasse ist damit neben der Apothekenpflichtigkeit, dass es sich um ein bereits auf dem Markt befindliches oder künftig erscheinendes arzneimittelähnliches Medizinprodukt handelt, das bei Anwendung der am 31.12.1994 – vor dem Inkrafttreten des MPG – geltenden Fassung des § 2 Abs. 1 AMG als Arzneimittel anzusehen gewesen wäre. Derartige Produkte sind insbesondere viskoelastische Substanzen (Hyaluronsäure), einige Spüllösungen (z. B. Ringer-Lösung) für Nase und Augen oder künstliche Tränen. Nach wie vor nicht erfasst und nicht in die ambulante Arzneimittelversorgung einbezogen werden jegliche Formen von Implantaten oder Herzschrittmachern (ehemalige Geltungsarzneimittel nach § 2 Abs. 2 in der am 31.12.1994 geltenden Fassung des AMG). Folge der Änderungen der Vorschrift durch das Gesetz zur Änderung medizinprodukterechtlicher und anderer Vorschriften (Rz. 12c) sowie das GKV-OrgWG (Rz. 12d) ist Abs. 1 Satz 2 in seiner aktuellen Fassung, der dem ursprünglichen Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 Satz 1 entspricht. Der Verweis in Abs. 1 Satz 2 auf die entsprechende Anwendung von § 34 Abs. 1 Satz 5, 7 und 8 sowie Abs. 6 und § 35 bedeutet, dass Kinder bis zum 12. Lebensjahr und Entwicklungsgestörte bis zum 18. Lebensjahr in die Erstattung einbezogen werden, der Erhöhung der Lebensqualität dienende Medizinprodukte von der Versorgung ausgeschlossen sind sowie die Möglichkeit zur Festsetzung von Festbeträgen eröffnet wird.

 

Rz. 37

Der Gemeinsame Bundesausschuss hat in Erfüllung der sich aus Abs. 1 Satz 2 ergebenden gesetzlichen Verpflichtung in den §§ 27 bis 29 AM-RL Regelungen zu den verordnungsfähigen Medizinprodukten geschaffen. Nach § 27 AM-RL sind Stoffe und Zubereitungen aus Stoffen, die als Medizinprodukte nach § 3 Nr. 1 oder 2 MPG zur Anwendung am oder im menschlichen Körper bestimmt sind, von der Versorgung nach § 27 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 i. V. m. § 31 Abs. 1 ausgeschlossen. Eine Ausnahme gilt für solche Medizinprodukte nach § 28 AM-RAL, die in medizinisch notwendigen Fällen in die Arzneimittelversorgung nach § 31 Abs. 1 Satz 2 und 3 einbezogen sind. Entspricht ein Medizinprodukt im Hinblick auf seine therapeutische Zweckbestimmung derjenigen eines Arzneimittels, das nach der AM-RL nicht zulasten der gesetzlichen Krankenversicherung verordnet werden kann, so ist es ebenfalls nicht verordnungsfähig. Nach § 27 Abs. 3 Satz 1 AM-RL sind Medizinprodukte von der Versorgung ausgeschlossen, wenn bei ihrer Anwendung eine Erhöhung der Lebensqualität im Vordergrund steht. Dies sind gemäß Satz 2 insbesondere Medizinprodukte, die überwiegend zur Behandlung der erektilen Dysfunktion, der Anreizung sowie Steigerung der sexuellen Potenz, zur Raucherentwöhnung, zur Abmagerung oder zur Zügelung des Appetits, zur Regulierung des Körpergewichts oder zur Verbesserung des Haarwuchses dienen. Für Versicherte, die das 18. Lebensjahr vollendet haben, sind vor dem Hintergrund von § 31 Abs. Satz 3 i. V. m. § 34 Abs. 1 Satz 6 gemäß § 27 Abs. 4 AM-RL Medizinprodukte zur Anwendung bei Erkältungskrankheiten und grippalen Infekten, Mund- und Rachentherapeutika (ausgenommen bei Pilzinfektionen sowie krankheitsbedingter Mundtrockenheit bei onkologischen und Autoimmun-Erkrankungen), Abführmittel (ausgenommen bei Behandlung bestimmter Erkrankungen im Zusammenhang mit Tumorleiden, Divertikulose u.ä.) sowie Medizinprodukte gegen Reisekrankheit ausgeschlossen.

Medizinprodukte nach dieser Richtlinie sind gemäß § 28 AM-RL Stoffe und Zubereitungen aus Stoffen, die vom Hersteller zur Anwendung für Menschen mittels ihrer Funktion zum Zwecke der Erkennung, Überwachung, Behandlung oder Linderung von Krankheiten und Verletzungen sowie der Untersuchung, der Ersetzung oder der Ver...

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