Rz. 15

Als beitragspflichtige Einnahme ist bei behinderten Menschen, die nach § 5 Abs. 1 Nr. 7 und 8 versicherungspflichtig sind, das tatsächlich erzielte Arbeitsentgelt (§ 14 SGB IV), mindestens ein Betrag in Höhe von 20 % der monatlichen Bezugsgröße nach § 18 SGB IV zu berücksichtigen.

 

Rz. 16

Mit Urteil v. 10.5.1990 hat das BSG entschieden, dass für krankenversicherungspflichtige Behinderte in geschützten Einrichtungen bei unbezahlten Fehlzeiten (z. B. unbezahlter Urlaub) kein Mindestentgelt nach § 235 Abs. 3 anzusetzen ist. Diese Entscheidung geht von einer falschen Gesetzesinterpretation aus. Bis 31.12.1988 regelte § 311 Satz 1 Nr. 1 RVO den Erhalt der Kassenmitgliedschaft solange das Arbeitsverhältnis ohne Entgeltzahlung fortbestand, längstens jedoch für 3 Wochen. Zum 1.1.1989 wurde die Vorschrift durch § 192 Abs. 1 Nr. 1 abgelöst und auf den Zeitraum von einem Monat erweitert. Mit Wirkung v. 1.1.1998 wurde diese Regelung außer Kraft gesetzt. Seither bestimmt § 7 Abs. 3 SGB IV für alle Sozialversicherungszweige, dass eine Beschäftigung gegen Arbeitsentgelt als fortbestehend gilt, solange das Beschäftigungsverhältnis ohne Anspruch auf Krankengeld fortdauert, jedoch nicht länger als einen Monat. Im Ergebnis führt diese Vorschrift zu einem Erhalt der Mitgliedschaft in der Krankenversicherung. § 223 Abs. 1 ist daher mit der Maßgabe anzuwenden, dass auch für solche unbezahlten Fehlzeiten Beiträge zu entrichten sind. Richtig ist zwar, dass eine Bemessungsgrundlage nicht vorhanden ist, diese Tage allerdings bei der Ermittlung der Beitragsbemessungsgrenze zu berücksichtigen sind, um den Arbeitnehmer, der unbezahlte Fehlzeiten aufweist, nicht besser zu stellen als einen Arbeitnehmer, der einen vollen Monat gearbeitet hat. Die Beitragsfreiheit ist abschließend in § 224 geregelt. Eine Erweiterung der Beitragsfreiheit auf weitere Konstellationen, wie z. B. unbezahlte Fehltage, ist nicht zulässig. Der Senat kommt daher in seinem Urteil fälschlicherweise zu dem Ergebnis, dass Behinderte für unbezahlte Fehltage den Arbeitnehmern gleichzustellen sind und für unbezahlte Fehlzeiten keine Beiträge zu entrichten sind. Die Spitzenverbände der Krankenkassen sind mit ihrem Besprechungsergebnis v. 2./3.5.1995 der Auffassung des BSG nicht gefolgt. Durch verschiedene Aufsichtsbehörden in Übereinstimmung mit dem Bundesrechnungshof wurde diese Vorgehensweise der Spitzenverbände kritisiert und führte dazu, dass die Spitzenverbände mit Besprechungsergebnis v. 15./16.4.1997 dem Urteil des BSG folgten und nicht mehr an dem Besprechungsergebnis v. 2./3.5.1995 festhielten. Mit Besprechungsergebnis v. 25./26.4.2006 bestätigen die Spitzenverbände diese Vorgehensweise erneut und konkretisierten, wie die Kürzung der Beitragsbemessungsgrundlage aufgrund von Fehlzeiten vorgenommen werden soll. Vor dem Hintergrund, dass das BSG seine Entscheidung auf eine falsche Gesetzesinterpretation stützt, aber auch in Anbetracht der Vorschrift des seit 1.1.1998 anzuwendenden § 7 Abs. 3 SGB IV ist diese Vorgehensweise nach Auffassung der Autorin nicht nachvollziehbar. § 7 Abs. 3 SGB IV bestimmt noch umfassen der als die vorherige Regelung im § 192 Abs. 1 Nr. 1, dass für alle Sozialversicherungszweige Unterbrechungen der Beschäftigung nicht direkt zu Unterbrechungen der Mitgliedschaft bzw. Beitragspflicht führen. Auch vor dem Hintergrund, dass Behinderte den Arbeitnehmern möglichst gleichgestellt werden sollen, ist eine Beitragsfreiheit für unbezahlte Fehlzeiten nicht tragbar.

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