Rz. 14

Die Entscheidung der Landesregierung, gemäß § 145 Abs. 1 Ortskrankenkassen zu vereinigen, steht grundsätzlich in deren Ermessen. Dieses Ermessen besteht sowohl bei der Frage, ob überhaupt und wann eine Rechtsverordnung erlassen wird und welche Ortskrankenkassen in die Zwangsvereinigung einbezogen werden. Ein freies Ermessen besteht jedoch lediglich bei einem Antrag einer Ortskrankenkasse. Bei einem Antrag des Landesverbandes ist die Pflicht zum Erlass einer Rechtsverordnung gegeben (vgl. Rz. 21 ff.).

 

Rz. 15

Bei einem Antrag einer Ortskrankenkasse lässt sich ein Anspruch auf Erlass einer Rechtsverordnung auch nicht aus dem Zweck des Ermessens oder einer Ermessensreduzierung auf Null (nur die Entscheidung eine Rechtsverordnung zu erlassen ist ermessensfehlerfrei) ableiten. Durch die Einführung des umfassenden Krankenkassenwahlrechts ab 1.1.1996 ist die Funktion der Ortskrankenkassen als Basis- oder Auffangkrankenkassen entfallen. Ab diesem Zeitpunkt ist gemäß § 146a auch die Schließung einer Ortskrankenkasse bei und wegen fehlender Leistungsfähigkeit möglich (BT-Drs. 12/3608 S. 108). Damit hat der Bundesgesetzgeber als Ausdruck seiner Organisationskompetenz (vgl. BVerfG, Beschluss v. 9.4.1975, 2 BvR 879/73, BVerfGE 39 S. 302, 315) deutlich gemacht, dass den einzelnen Ortskrankenkassen weder aus einfachem Recht noch aus Verfassungsrecht ein Recht auf Bestandsschutz zukommt und flächendeckend Ortskrankenkassen vorhanden sein müssen.

 

Rz. 16

Wann die Landesregierung auf den Antrag hin die Rechtsverordnung erlässt, obliegt gleichfalls ihrem Ermessen. Auch hier gilt, dass die einzelne Ortskrankenkasse keinen gerichtlich durchsetzbaren Anspruch auf Erlass einer Rechtsverordnung innerhalb bestimmter Fristen hat.

 

Rz. 17

Bei der Entscheidung zum Erlass einer Rechtsverordnung muss die Landesregierung bei der Frage, welche Ortskrankenkassen in die Zwangsvereinigung einbezogen werden, jedoch die Zwecksetzung der Zwangsvereinigung beachten. Bei der Verbesserung der Leistungsfähigkeit nach Abs. 1 Nr. 1 muss die Vereinigung so viele Ortskrankenkassen einbeziehen, dass ein Rationalisierungseffekt insgesamt verbleibt und darf andererseits nicht zu viele Ortskrankenkassen einbeziehen, so dass durch zu große Verwaltungseinheiten der Rationalisierungseffekt wieder wegfällt. Bei einer Vereinigung wegen der Wettbewerbsfähigkeit zu einer in der Region konkurrierenden Krankenkasse wird die Vereinigung aller der Ortskrankenkassen zweckmäßig sein, die von dieser Konkurrenz betroffen sind. Hinsichtlich des Erfolges der Verbesserung der Leistungsfähigkeit wird man der Landesregierung einen gewissen Einschätzungs- und Gestaltungsspielraum bei dieser Prognoseentscheidung einräumen müssen, insbesondere da der Nutzeffekt i. d. R. nicht kurzfristig eintritt.

 

Rz. 18

Bei einer Vereinigung wegen Überschreitens des Bedarfssatzes gemäß Abs. 1 Nr. 2 hat die Rechtsverordnung im wesentlichen den Zweck, den Bezirk der "notleidenden" Ortskrankenkasse als Ortskrankenkassenregion zu erhalten. Die Vereinigung muss daher zur Erhaltung der Wettbewerbsfähigkeit insgesamt auch Ortskrankenkassen mit einem günstigen Bedarfssatz einbeziehen, was gegenüber wirtschaftlich starken Ortskrankenkassen keinen Ermessensfehlgebrauch darstellt.

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