Entscheidungsstichwort (Thema)

Elterngeld. Einkommensermittlung. nichtselbstständige Erwerbstätigkeit. Pkw-Zuschuss des Arbeitgebers. laufender Arbeitslohn. sonstige Bezüge. Behandlung im Lohnsteuerabzugsverfahren. Vermutung der Richtigkeit und Vollständigkeit von Lohn- und Gehaltsbescheinigungen. Widerlegung

 

Leitsatz (amtlich)

Die Richtigkeits- und Vollständigkeitsvermutung des § 2c Abs 2 BEEG kann widerlegt werden. Die lohnsteuerrechtlichen Vorgaben sind für die Beurteilung als "sonstige Bezüge" maßgeblich.

 

Tenor

Der Beklagte wird unter Abänderung des Bescheides vom 27. April 2015 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 27. Mai 2015 verurteilt, der Klägerin für ihren 2015 geborenen Sohn D. höheres Elterngeld unter Berücksichtigung des im Bemessungszeitraum von ihrer Arbeitgeberin monatlich gezahlten Pkw-Zuschusses in Höhe von 700 € zu zahlen.

Der Beklagte hat der Klägerin ihre notwendigen außergerichtlichen Kosten zu erstatten.

 

Tatbestand

Die Klägerin begehrt die Berücksichtigung eines Pkw-Zuschusses als Gehaltsbestandteil im Rahmen der Berechnung des Bemessungsentgelts.

Die Klägerin ist die Mutter des 2015 geborenen Kindes D. Am 27. März 2015 beantragte sie die Gewährung von Elterngeld. Mit Bescheid vom 27. April 2015 gewährte der Beklagte der Klägerin Elterngeld in Höhe von 0 € für den ersten Lebensmonat des Kindes, in Höhe von 82,64 € für den zweiten Lebensmonat und in Höhe von 1.280,96 € für den 3. bis 12. Lebensmonat.

Den dagegen eingelegten Widerspruch wies der Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 27. Mai 2015 zurück. Zur Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt, als Einkommen aus nichtselbständiger Erwerbstätigkeit sei der monatlich durchschnittlich zu berücksichtigende Überschuss der Einnahmen in Geld oder Geldeswert über ein Zwölftel des Arbeitnehmer-Pauschbetrages, vermindert um die Abzüge für Steuern und Sozialabgaben nach §§ 2e und 2f zu berücksichtigen. Nicht berücksichtigt würden Einnahmen, die nach den lohnsteuerlichen Vorgaben als sonstige Bezüge zu behandeln seien. Grundlage der Ermittlung der Einnahmen seien die Angaben in den für die maßgeblichen Monate erstellten Lohn- und Gehaltsbescheinigungen des Arbeitgebers. Das Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetz (BEEG) sei mit Einführung des ElterngeldPlus zum 1. Juli 2015 geändert worden. Die vorgenommenen Änderungen seien bereits zum 1. Januar 2015 in Kraft getreten. Mit der Gesetzesregelung sei u.a. geregelt worden, dass sonstige Bezüge bei der Berechnung des Elterngeldes nicht berücksichtigt würden. Die Richtigkeit und Vollständigkeit der Angaben in den maßgeblichen Lohn- und Gehaltsbescheinigungen werde unterstellt. Nachweislich der vorgelegten Gehaltsabrechnungen sei der Pkw-Zuschuss von ihrer Arbeitgeberin als sonstiger Bezug versteuert worden und könne deshalb bei der Berechnung des Elterngeldes nicht berücksichtigt werden.

Mit der am 22. Juni 2015 erhobenen Klage macht die Klägerin geltend, der Beklagte habe im Bemessungszeitraum für die Monate Januar 2014 bis August 2014 monatliche Bruttoeinnahmen aus nicht selbständiger Arbeit in Höhe von 3.607 € und für die Zeit von September bis Dezember 2014 in Höhe von 3.679 € zugrunde gelegt. Nicht berücksichtigt worden sei die der Klägerin im gesamten Zeitraum gewährte monatliche Kfz-Pauschale in Höhe von 700 €, da sie als "sonstiger Bezug" versteuert worden sei. Dennoch handele es sich bei der monatlichen Zahlung um einen "normalen" Gehaltsbestandteil. Die Abrechnung des Arbeitgebers sei fehlerhaft. Sie entspreche nicht den lohnsteuerrechtlichen Vorgaben i.S.d. § 38a Abs. 1 Satz 3 Einkommensteuergesetz (EStG). Mit der Gesetzesänderung zum 1. Januar 2015 sei klargestellt worden, dass alle Lohn- und Gehaltsbestandteile, die richtigerweise nach lohnsteuerlichen Vorgaben als sonstige Bezüge zu behandeln seien, auch elterngeldrechtlich so zu qualifizieren seien. Nach § 2c Abs. 2 S. 2 BEEG werde die Richtigkeit und Vollständigkeit der Angaben in den maßgeblichen Lohn- und Gehaltsbescheinigungen vermutet. Daraus sei im Umkehrschluss zu folgern, dass die Vermutung auch widerlegt werden könne, wenn die Gehaltsbescheinigungen nämlich fehlerhaft seien. Insoweit sei der Beklagte verpflichtet, den Sachverhalt nach § 26 Abs. 1 BEEG i.V.m. § 20 des Zehnten Buches Sozialgesetzbuch (SGB X) aufzuklären. Er müsse erkennbaren Fehlern und Unklarheiten nachgehen und auch die Hinweise und Einwendungen der Berechtigten, hier der Klägerin, berücksichtigen. Der Pkw-Zuschuss sei nach den Lohnsteuer-Richtlinien (LStR) R 39 b. 2 Abs. 1 Arbeitslohn, der dem Arbeitnehmer regelmäßig fortlaufend zufließe. Dazu gehörten neben den Monatsgehältern z.B. auch Zuschläge und Zulagen, wie hier der Pkw-Zuschuss. Sonstiger Bezug sei dagegen nach LStR R 39 b. 2 Abs. 2 Arbeitslohn, der nicht als laufender Arbeitslohn gezahlt werde. Die Richtlinien enthielten hierzu beispielhafte Aufzählungen, unter welcher der Pkw-Zuschuss sich nicht subsumieren lasse. Eine Korrektur seitens des Arbeitgebers sei leider nicht möglich, da inzwischen das Unter...

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