Rz. 29

Nach Abs. 4 bedürfen die Leistungen zur Teilhabe der Zustimmung des Berechtigten.

Die Teilnahme an einer Rehabilitations-/Teilhabeleistung bedeutet einen Eingriff in die Lebenssphäre des Leistungsberechtigten. Der Erfolg einer Teilhabeleistung hängt im Wesentlichen von der Motivation des betroffenen Menschen ab; denn eine medizinische Rehabilitationsleistung zulasten eines Rehabilitationsträgers ergibt wenig Sinn, wenn das während der Maßnahme Erlernte später nicht umgesetzt wird oder wenn eine alleinerziehende Mutter ihr Kleinkind nicht mitnehmen kann und dadurch nicht "rehabilitationswillig" ist. Aus diesem Grund stellt Abs. 4 klar, dass die Leistungen zur Teilhabe (§ 4) der Zustimmung des Leistungsberechtigten bedürfen.

Der Rehabilitand muss seine nicht erteilte Zustimmung zur Durchführung einer Rehabilitations- oder sonstigen Teilhabeleistung gegenüber dem Rehabilitationsträger begründen. Die Gründe müssen für den Rehabilitationsträger nachvollziehbar sein und dürfen nicht zu nicht vertretbaren Ergebnissen führen. Letzteres wäre z. B. der Fall, wenn die nicht plausibel und damit "grundlos" verweigerte Zustimmung dem Anspruch auf Rente wegen Erwerbsminderung zum Erfolg verhelfen würde (hier: Rehabilitand verweigert Mobilitätsleistungen – "Taxidienste" –, die dem Erreichen des Arbeitsplatzes dienen sollen, um weiterhin erwerbsgemindert zu bleiben und eine Rente wegen Erwerbsminderung zu erhalten; BSG, Urteil v. 12.12.2011, B 13 R 79/11 R). In diesem Fall hat das Zustimmungsrecht des Rehabilitanden i. S. d. § 8 Abs. 4 seine Grenzen; hier tritt § 8 Abs. 4 im Vergleich zu den Mitwirkungspflichten nach den §§ 60 ff. SGB I in den Hintergrund.

 

Rz. 30

Wurde die Zustimmung nicht bereits bei Antragstellung eingeholt, wird der Rehabilitationsträger die Zustimmung auf jeden Fall noch vor Beginn der Leistung einholen. Die Zustimmung kann in Ausnahmefällen auch durch konkludentes Handeln des Leistungsberechtigten erfolgen (z. B. Antritt einer Leistung zur medizinischen Rehabilitation).

Ein Antrag auf eine Leistung kann aber noch nicht ohne Weiteres als Zustimmung gewertet werden, da sich der Antrag noch auf eine zu bestimmende Leistung richtet, während sich die Zustimmung auf eine konkrete (unter vielen Alternativen ausgesuchte) Teilhabeleistung erstrecken muss.

Werden im Lauf der Rehabilitations-/Teilhabeleistungskette mehrere unterschiedliche Maßnahmen durchgeführt, bedarf jede einzelne Maßnahme der Zustimmung.

Kann eine Leistung von Amts wegen gewährt werden, wird hierfür auch eine Zustimmung notwendig (vgl. § 19 Satz 2 SGB IV, § 115 Abs. 4 SGB VI).

Gleiches gilt für die Fälle des § 116 Abs. 2 SGB VI, wenn der Rentenversicherungsträger für die Durchführung einer Leistung zur medizinischen Rehabilitation zuständig ist. Danach gilt der Antrag auf Rehabilitationsleistungen als Antrag auf Erwerbsminderungsrente, wenn der Erfolg einer Rehabilitationsleistung nicht zu erwarten ist oder wenn die Rehabilitationsleistung in Anspruch genommen wurde, aber nicht erfolgreich gewesen ist. Über diese "Automatik" muss der Antragsteller zu Beginn informiert werden, damit er sich über die möglichen Folgen bewusst ist.

Meist versucht der Rentenversicherungsträger, die Einwilligung für die Umwandlung des Antrags i. S. d. § 116 Abs. 2 SGB V beim Antrag auf eine Teilhabeleistung einzuholen (z. B. Antragsvordruck G0100). In der Regel wertet der Rentenversicherungsträger einen Antrag erst dann als (Rehabilitations-)Antrag, wenn ihm diese Erklärung vorliegt. Wenn der Versicherte die Umwandlung des Antrags nicht wünscht, wird

  • er den Rehabilitationsantrag nicht stellen und
  • der Rehabilitationsträger wegen des fehlenden Antrags keine Rehabilitationsleistungen bewilligen.

Ergänzender Hinweis: Hat z.B. die Krankenkasse den arbeitsunfähigen Versicherten gemäß § 51 SGB V zur Stellung eines Rehabilitationsantrags aufgefordert, regelt § 51 SGB V die Konsequenzen des fehlenden Rehabilitationsantrags bezogen auf das Krankengeld.

 

Rz. 31

Bei der Zustimmung handelt es sich um eine empfangsbedürftige Willenserklärung.

Zustimmungsberechtigt ist grundsätzlich, wer das 18. Lebensjahr vollendet hat. Gemäß § 36 Abs. 1 Satz 1 SGB I kann jedoch bereits rechtswirksam Anträge auf Sozialleistungen stellen, wer das 15. Lebensjahr vollendet hat.

Wenngleich bezüglich einer Willenserklärung zwischen dem Antrag einerseits und der Zustimmung andererseits zu unterscheiden ist, führt der Wortlaut und Aufbau des § 36 SGB I zu dem Schluss, dass sich die Handlungsfähigkeit nicht nur auf die Antragstellung, sondern auch auf die Entgegennahme der Leistung und die Verfolgung des Anspruchs erstreckt. Voraussetzung ist, dass der gesetzliche Vertreter des Jugendlichen dessen Handlungsfähigkeit gemäß § 36 Abs. 2 Satz 1 SGB I nicht eingeschränkt hat. Im Übrigen wird auf die Ausführung zu § 36 SGB I verwiesen.

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