Rz. 10

Ein Rehabilitand kann nach § 74 Abs. 1 vom Rehabilitationsträger nur dann Haushaltshilfe beanspruchen, wenn er wegen

  1. einer medizinischen Rehabilitationsleistung (auch als Begleitperson oder im Rahmen eines Angehörigenseminars; Rz. 10a) oder
  2. einer Leistung zur Teilhabe am Arbeitsleben

(vgl. Rz. 4) an der Weiterführung seines eigenen Haushalts gehindert ist. Er muss somit seinen Haushalt selbst geführt haben. Selbst geführt ist ein Haushalt auch dann, wenn mehrere Haushaltsangehörige (z. B. beide Elternteile) die Haushaltsführung unter sich aufgeteilt haben und die Funktionsfähigkeit der konkreten Haushaltsorganisation durch den Ausfall des Rehabilitanden infrage gestellt ist (Hess. LSG, Urteil v. 22.6.2021, L 2 R 360/18).

Der Anspruch ist ausgeschlossen, wenn die wesentlichen Haushaltsarbeiten einschließlich der Beaufsichtigung und Betreuung der im Haushalt lebenden Kinder durch den im Haushalt lebenden

  • Ehe- oder Lebenspartner,
  • Angehörigen oder

durch Dritte (z. B. eine Hausangestellte) durchgeführt wurden. Kann die Haushaltsführung ganz oder teilweise von einer dieser Personen durchgeführt werden, entfällt insoweit die Leistungspflicht des Rehabilitationsträgers.

Wird die Haushaltshilfe nur an bestimmten Wochentagen notwendig (z. B. ambulante Rehabilitation nur montags bis freitags), besteht ein Anspruch auf Haushaltshilfe nur für diese Tage.

Der Anspruch besteht nicht nur während der Teilnahme an den eigentlichen Teilhabeleistungen, sondern auch für die notwendigen Wegezeiten.

Sind die Verhältnisse des Haushalts nicht alltäglich (z. B. behindertes Kind bzw. pflegebedürftiger Angehöriger im Haushalt), hat der Rehabilitationsträger auch die Zeit der Einweisung der Haushaltshilfekraft als Haushaltshilfe anzuerkennen.

 

Rz. 10a

Ein Anspruch auf Haushaltshilfe kann auch dann begründet sein, wenn der Elternteil, der bisher den Haushalt geführt hat, aus medizinischen Gründen als Begleitperson während einer medizinischen Rehabilitationsleistung mit aufgenommen wird (z. B. Kinderrehabilitation; vgl. BSG, Urteil v. 23.11.1995, 1 RK 11/95). In diesen Fällen ist die erforderliche Begleitung, die bisher den Haushalt (mindestens zu einem erheblichen Teil) führte, so zu stellen, als ob sie sich selbst in der Rehabilitation befindet.

Darüber hinaus kann ein Anspruch auf Haushaltshilfe gegeben sein, wenn der Haushaltsführende im Rahmen der Rehabilitation eines Angehörigen an einem Angehörigenseminar teilnehmen muss, damit durch entsprechendes Verhalten die (Wieder-)Eingliederung des Angehörigen (Rehabilitanden) gefördert bzw. gesichert wird. Die Kosten der Haushaltshilfe für die Zeit der durch das Angehörigenseminar notwendigen Abwesenheit sind von dem die Rehabilitationsleistung finanzierenden Rehabilitationsträger zu tragen.

 

Rz. 11

Bei Leistungen zur sozialen Teilhabe (§ 5 Nr. 5i. V. m. §§ 76 ff.) sind die Vorschriften des § 74 wegen seines Wortlautes nicht anzuwenden. Kann ein Mensch seinen Haushalt nicht weiterführen, greifen im Rahmen der sozialen Teilhabe spezielle Regelungen, die nicht dem Rechtskreis des § 74 zuzuordnen sind (z. B. Assistenzleistungen nach § 76 Abs. 2 i. V. m. § 78).

 

Rz. 12

Für die Frage, ob der Rehabilitand i. S. d. § 74 Abs. 1 an der Weiterführung des Haushalts gehindert ist, sind die Verhältnisse an jedem einzelnen Tag der Teilhabeleistung und nicht nur bei Eintritt des leistungsauslösenden Tatbestandes maßgebend (BSG, Urteil v. 1.7.1997, 2 RU 34/96). Ist dem Rehabilitanden die Haushaltsführung noch an bestimmten Tagen oder Tagesabschnitten zuzumuten, wird der Leistungsanspruch entsprechend eingeschränkt.

 

Rz. 13

Von einem Haushalt ist dann auszugehen, wenn in einer Wohnung mindestens 2 Personen familienhaft zusammenleben. I.S. des § 74 Abs. 1 muss dabei ein Kind bis zu einem Lebensalter von einschließlich 11 Jahren oder ein Kind mit Behinderung leben (Einzelheiten: vgl. Rz. 17 ff.). Nach den Urteilen des BSG (v. 14.3.2012, B 14 AS 17/11 R, und 31.1.2002, B 5 RJ 34/01 R) ist unter Haushalt nicht nur ein örtlich gebundenes Zusammenleben zu verstehen; ein Familienhaushalt würde sich vielmehr definieren als Schnittstelle von Merkmalen örtlicher (Familienwohnung), materieller (Unterhalt, Wirtschaftsgemeinschaft) und immaterieller Art (Zuwendung von Fürsorge, Begründung eines – zumindest – familienähnlichen Bandes).

Für die Gewährung der Haushaltshilfe ist ein "familiäres Zusammenleben in häuslicher Gemeinschaft" in einer gewissen Dauer und Beständigkeit erforderlich. Ein Kind von geschiedenen Eltern, welches lediglich während der Ferien für einen Teil dieser Ferien im Haushalt des Rehabilitanden aufgenommen worden ist, gilt deshalb nicht als Kind i. S. d. § 74. Auch wenn der geschiedene, in einem anderen Haus wohnende Ehegatte ab und zu im Haushalt aushilft, kann nicht von häuslicher Gemeinschaft gesprochen werden (vgl. auch BSG, Entscheidung v. 7.3.1990, 3 RK 16/89).

Unter Haushaltsführung zählen sowohl die hauswirtschaftlichen Tätigkeiten wie z. B. das Herrichten der Mahlzeiten, das Aufräumen und Putzen de...

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