Rz. 2

Die Leistungen zur medizinischen Rehabilitation sind grundsätzlich vorrangig vor den Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben zu erfüllen. Soweit der Teilhabebedarf im Rahmen der medizinischen Rehabilitation befriedigt werden kann, besteht kein Leistungsanspruch auf Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben oder auf Leistungen zur sozialen Teilhabe (vgl. Rechtsprechung zu digitalen Hörgeräten: BSG, Urteil v. 20.10.2009, B 5 R 5/07 R; ferner: Rechtsprechung zu Hörgerätebatterien: BSG, Urteil v. 19.5.2009, B 8 SO 32/07 R).

Ein Anspruch auf Leistungen zur sozialen Teilhabe oder auf Leistungen zur Teilhabe an Bildung besteht nur dann, wenn der Teilhabebedarf nicht aufgrund der beiden anderen Leistungsgruppen befriedigt werden kann. Leistungen zur Teilhabe an Bildung sind vorrangig vor den Leistungen zur sozialen Teilhabe.

 

Rz. 3

Im Gegensatz zu § 29 SGB I verzichtet § 5 darauf, die wichtigsten Leistungen zur Teilhabe stichwortartig aufzuzählen. Die einzelnen Leistungen innerhalb der jeweiligen Leistungsgruppen werden stattdessen in den jeweiligen Unterabschnitten des SGB IX definiert, und zwar

  1. die Leistungen zur medizinischen Rehabilitation (§ 5 Nr. 1) in den §§ 42 ff.
  2. die Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben (§ 5 Nr. 2) in den §§ 49 ff.,
  3. die unterhaltssichernden und anderen ergänzenden Leistungen (§ 5 Nr. 3) in den §§ 64 bis 74,
  4. die Leistungen zur Teilhabe an Bildung (§ 5 Nr. 4) in § 75 und
  5. die Leistungen zur sozialen Teilhabe (§ 5 Nr. 5) in den §§ 76 ff.
 

Rz. 3a

Zu a)

Die medizinische Rehabilitation hat die möglichst weitgehende Wiederherstellung der Gesundheit und der Organfunktionen einschließlich der Sicherung des Behandlungserfolgs zum Ziel, um ein selbstständiges Leben führen und die Anforderungen des Alltags meistern zu können (BSG, Urteil v. 16.7.2014, B 3 KR 1/14 R). Die Leistungen zur medizinischen Rehabilitation sollen einer Behinderung oder Pflegebedürftigkeit vorbeugen bzw. diese beseitigen. Sie können ambulant oder stationär durchgeführt werden.

 

Rz. 3b

Zu b)

Die Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben zielen darauf ab, den Rehabilitanden dauerhaft in den (nach Möglichkeit) ersten Arbeitsmarkt zu integrieren (vgl. § 49 Abs. 1). Im Vordergrund dieser Leistungen stehen

  • Hilfen zur Erhaltung und Erlangung eines Arbeitsplatzes,
  • Hilfen zur Berufsvorbereitung und Praktika,
  • Hilfen zur beruflichen Ausbildung, Anpassung und Weiterbildung,
  • Existenzgründerzuschüsse,
  • sonstige Hilfen (z. B. Kraftfahrzeughilfen) sowie
  • Leistungen an den Arbeitgeber (Ausbildungs- oder Eingliederungszuschüsse).
 

Rz. 3c

Zu c)

Bei diesen Leistungen handelt es sich vorwiegend um

  • die Zahlung von Entgeltersatzleistungen (Übergangsgeld, Krankengeld, Verletztengeld usw.) einschließlich der Zahlung von Beiträgen zur Kranken-, Renten-, Pflege- und Arbeitslosenversicherung),
  • Haushaltshilfe und
  • Fahr-/Reise- und Transportkosten.
 

Rz. 4

Zu d)

Allgemeines

Leistungen zur Teilhabe an Bildung werden seit dem 1.1.2018 wegen § 5 Nr. 4 als eigene Leistungsgruppe in das Gesetz aufgenommen, um den hohen Stellenwert herauszustellen, der der Bildung i. S. d. Art. 24 der UN-Behindertenrechtskonvention (UN-BRK) zukommt. Die Umsetzung inklusiver Bildung ist eine wichtige Voraussetzung für eine inklusive Gesellschaft. Ein zentrales Ziel der 2009 ratifizierten UN-Behindertenrechtskonvention (UN-BRK) ist nämlich das gemeinsame Lernen von Menschen mit und ohne Behinderung von Anfang an. Menschen mit Behinderungen sollen einen gleichberechtigten Zugang zum allgemeinen Bildungssystem haben (vgl. Gesetzesbegründung zu § 75 SGB IX in BT-Drs. 18/9522 S. 259).

Die UN-BRK gibt den Vertragsstaaten neben Vorgaben zum Schulunterricht ferner unter anderem vor, sicherzustellen, dass Menschen mit Behinderungen diskriminierungsfrei und gleichberechtigt mit anderen Zugang zu allgemeiner Hochschul- und Berufsausbildung, Erwachsenenbildung und lebenslangem Lernen haben und zu diesem Zweck sicherstellen, dass für Menschen mit Behinderungen angemessene Vorkehrungen getroffen werden (Art. 24 Abs. 5 UN-BRK). Da sich die UN-BRK an alle Teile eines Bundesstaates richtet, sind grundsätzlich sowohl der Bund als auch die Länder und Kommunen Adressaten der völkerrechtlichen Verpflichtung nach Art. 24 UN-BRK zur Verwirklichung eines inklusiven Bildungssystems. Da die Ausgestaltung und Organisation der schulischen Bildung in den Aufgabenbereich der Länder fällt, sind primär die Länder zur Umsetzung der inklusiven Bildung an Schulen i. S. d. UN-BRK verpflichtet (Gesetzesbegründung zu § 75 SGB IX in BT-Drs. 18/9522 S. 259).

Die Leistungsgruppe "Leistungen zur Teilhabe an Bildung" umfasst insbesondere unterstützende Leistungen nach den §§ 75 und 112 (Anm.: § 112 tritt erst im Jahr 2020 in Kraft; solange gelten die Bestimmungen der Eingliederungshilfe i. S. d. § 54 SGB XII). Hierbei handelt es sich insbesondere um Leistungen, die zur Aufsuchung des Lernortes und/oder zur Teilnahme an der Vermittlung von Bildungsinhalten notwendig sind.

Diese Helfer werden allgemein als Integrationshelfer, Schulassistenz...

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