Rz. 3

Die medizinische Rehabilitation (§ 42) hat – anders als z. B. die kurative Behandlung – nicht die Heilung einer Erkrankung, sondern die Beseitigung bzw. Minderung einer Behinderung, der Pflegebedürftigkeit oder der Störung im Erwerbsleben zum Ziel (vgl. § 42 Abs. 1). Während die Krankenbehandlung (z. B. §§ 27 bis 39 SGB V) nach der Definition der WHO die bestmögliche Gesundheit herstellen soll, strebt die medizinische Rehabilitation entsprechend der von der WHO entwickelten "Internationalen Klassifikation der Funktionsfähigkeit, Behinderung und Gesundheit" (ICF) eine barrierefreie Teilhabe des betroffenen Menschen am Leben in der Gesellschaft an (vgl. § 4). Näheres zum Begriff der Behinderung: vgl. Komm. zu § 2.

 

Rz. 4

Insbesondere vor Inkrafttreten des SGB IX wurde der Kranke/Behinderte während der stationären Behandlung im Krankenhaus zwar optimal ärztlich behandelt, rehabilitative Ansätze kamen jedoch zu kurz. Wenn, dann wurde oft nur eine Frühmobilisation durchgeführt; Maßnahmen, die ein weiteres Abgleiten der Alltagsfähigkeiten während der stationären Krankenhausbehandlung verhinderten oder die verbliebenen Funktionen/Fähigkeiten förderten, kamen nur bedingt zum Einsatz. Der Beginn des eigentlichen Rehabilitationsprozesses verschob sich, weil das Personal der Rehabilitationsklinik zunächst an den während der Krankenhausbehandlung verlernten Grundfertigkeiten (wegen Kontrakturen usw.) oder an der noch nicht erlangten Rehabilitationsfähigkeit des Patienten arbeiten musste.

 

Rz. 5

Durch § 43 wird deutlich, dass das gesamte Rehabilitationsgeschehen als ein Prozess zu verstehen ist, der dem Case- oder Fallmanagement zugeordnet werden kann: § 43 steht im inneren Zusammenhang mit § 9, der jeden Rehabilitationsträger verpflichtet, vor der Bewilligung und während und nach Abschluss einer Sozialleistung (§ 11 SGB I) den Teilhabebedarf zu prüfen. So hat z. B. die Krankenkasse bereits bei der Aufnahme zur stationären Behandlung in einem Akutkrankenhaus und dann immer wieder in kurzen zeitlichen Abständen den physischen und psychischen Status des Patienten sowie dessen Rehabilitationspotential und -bedarf festzustellen. Bei Rückfragen hat der Arzt bzw. ein Angehöriger eines sonstigen Heilberufs dem Rehabilitationsträger entsprechend Auskunft zu erteilen (vgl. § 100 SGB X). Bei stationärer Krankenhausbehandlung ist vom Krankenhaus sogar ein Entlassmanagement zur Unterstützung einer sektorenübergreifenden Versorgung der Versicherten beim Übergang in die weitere Versorgung sicher zu stellen (§ 39 Abs. 1a SGB V). Das bedeutet zugleich, dass die Krankenhäuser in ihren Entlassungsberichten von sich aus zur Notwendigkeit, Art und Form des Rehabilitations-/Teilhabebedarfs Stellung zu nehmen haben.

 

Rz. 6

Zeigt sich bei der Prüfung ein Rehabilitations- bzw. Teilhabebedarf, sollen die notwendigen Schritte unverzüglich eingeleitet werden. Deshalb sollen die notwendigen Rehabilitations-/Teilhabeleistungen bereits während der Akutbehandlung – also während der ambulanten oder stationären Krankenbehandlung – funktions- bzw. beeinträchtigungsbezogen festgestellt und so koordiniert werden, dass die Rehabilitations-/Teilhabeleistungen zu einer sinnvollen Zeit – also passend – einsetzen und zügig zum Erfolg führen.

Außerdem sollen die erforderlichen Leistungen gemäß § 19 koordiniert werden. Ziel ist, bei Bedarf so schnell wie aus medizinischer Sicht angezeigt einen trägerübergreifenden reibungslosen Übergang in die Rehabilitation zu sichern. Im Vordergrund steht hier ein sorgfältiges Fallmanagement, dass sowohl dem Betroffenen als auch letztendlich dem Rehabilitationsträger zugutekommt. Ggf. ist sogar ein Teilhabeplan nach § 19 zu erstellen.

 

Rz. 7

Bei Menschen mit schwerer Behinderung ist bereits während der Akutbehandlung ein besonderer Wert auf die Wiederherstellung der Basisfähigkeiten zu richten. Zu diesen Basisfähigkeiten gehört z. B. neben der (Wieder-)Herstellung einer ausreichenden Mobilität die Erreichung einer weitgehenden Unabhängigkeit von fremder Hilfe bei der Erledigung der Aktivitäten des täglichen Lebens (Kommunikation, Orientierung, Hygiene etc.). Das setzt voraus, dass z. B. die Krankenhäuser als erstes Glied der Rehabilitationskette bereits zum frühesten Zeitpunkt Elemente der Frührehabilitation einsetzen (z. B. Frühmobilisation, psychische Betreuung, Physiotherapie, Ergotherapie, Sozialberatung, logopädische Übungen). Während der akutmedizinischen Krankenbehandlung sollen also bereits parallel rehabilitative Methoden mit der Zielsetzung der § 1, § 4 Abs. 1 wirksam beginnen und später in der Rehabilitationseinrichtung fortgeführt werden. Die Rehabilitation soll von Anfang an integraler Bestandteil der medizinischen Akutversorgung sein (vgl. hierzu auch Rz. 8). Deshalb sind bereits bei Aufnahme in das Akutkrankenhaus der funktionelle Status, der momentane und zukünftig zu erwartende Rehabilitations-/Teilhabebedarf und das Rehabilitationspotenzial des Patienten festzustellen.

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