Rz. 12

Abs. 2 bestimmt, welche schwerbehinderten Menschen zur Mitnahme einer Begleitperson berechtigt sind. Dies sind schwerbehinderte Menschen, die bei Benutzung von öffentlichen Verkehrsmitteln infolge ihrer Behinderung regelmäßig auf Hilfe angewiesen sind.

Diese Definition ist durch Änderung des Satzes 1 im Rahmen des Gesetzes zur Änderung des Betriebsrentengesetzes und anderer Gesetze mit Wirkung zum 12.12.2006 neu gefasst worden (Art. 6 Nr. 3, Art. 13 Abs. 1 des Gesetzes). Nunmehr werden die Voraussetzungen für die Erteilung des Merkzeichens "B" im Schwerbehindertenausweis (vgl. § 3 Abs. 2 Nr. 1 Ausweisverordnung) auf eine Weise umschrieben, die die Begriffe "Notwendigkeit" und "Gefahr", die als Anknüpfungspunkte für Diskriminierungen verstanden werden können, nicht mehr enthält.

Der nun zusätzliche Satz 2 stellt ausdrücklich klar, dass der Nachteilsausgleich des Merkzeichens nicht zum Nachteil des Berechtigten verwendet werden darf.

Anlass für die Neuformulierung der Berechtigung für die Inanspruchnahme des Nachteilsausgleichs waren verschiedene Sachverhalte, bei denen in Bereichen außerhalb des Rechts der unentgeltlichen Beförderung schwerbehinderter Menschen im öffentlichen Personenverkehr Rechtsfolgen aus dem Merkzeichen "B" abgeleitet worden waren, die sich zum Nachteil der schwerbehinderten Personen ausgewirkt hatten. Dabei wurde auf die Terminologie des Abs. 2 Bezug genommen, der ausdrücklich von "Gefahr für sich und andere" sowie von der "Notwendigkeit ständiger Begleitung" sprach.

So hatte in einem Fall das AG Flensburg (Urteil v. 31.10.2003, 67 C 281/03, bestätigt durch LG Flensburg, Beschluss v. 4.5.2004, 7 S 281/03) den Träger eines Wohnheims für Menschen mit geistiger Behinderung zu Schadenersatz verurteilt, nachdem eine Bewohnerin, in deren Ausweis das Merkzeichen "B" eingetragen war und die ohne Begleitung unterwegs war, im Straßenverkehr einen Unfall verursacht hatte. Das Gericht begründete die Haftung des Heimträgers zwar nicht unmittelbar aus dem Merkzeichen "B", entwickelte aus der Tatsache des Merkzeichens jedoch eine Beweislastumkehr, die im Ergebnis dazu führte, dass an die Beweisführung des Heimträgers, seine Aufsichtspflicht nicht verletzt zu haben, wegen des Merkzeichens deutlich höhere Anforderungen gestellt wurden.

Weiterer Anlass waren Fälle, in denen schwerbehinderten Menschen mit dem Merkzeichen "B" im Schwerbehindertenausweis ohne Begleitperson der Zutritt zu Einrichtungen wie Schwimmbädern oder Theatern unter Hinweis auf Zutritts- oder Nutzungsbedingungen verwehrt wurde. Es handelte sich dabei um Nutzungsbedingungen, die die Regelung enthalten, dass Personen, die eine Gefahr für sich oder andere darstellen, der Zutritt verweigert oder nur in Begleitung gestattet werden kann. Hier wurde – etwa bei einschlägigen "Bäderordnungen" – das Merkzeichen "B" als Indiz angesehen, dass die betreffende Person unter die genannte Regelung falle.

Durch die Änderung der Formulierung in Abs. 2 will der Gesetzgeber dafür sorgen, dass das Merkzeichen "B" nicht als pauschaler Anknüpfungspunkt für den Ausschluss schwerbehinderter Menschen von bestimmten Angeboten dienen kann. Insoweit beabsichtigt er nur eine Klarstellung des eigentlich Gewollten, jedoch ausdrücklich keine Ausweitung oder Einengung des berechtigten Personenkreises.

Die Berechtigung zur Mitnahme einer Begleitperson im öffentlichen Personenverkehr ist in dem Ausweis des schwerbehinderten Menschen eingetragen mit dem Merkzeichen "B" (§ 3 Abs. 2 Nr. 1 Ausweisverordnung). Auf der Vorderseite dieses Ausweises wird nun der Satz "Die Berechtigung zur Mitnahme einer Begleitperson ist nachgewiesen" eingetragen. In einer weiteren – ebenfalls im Rahmen des genannten Gesetzes erfolgten – Ergänzung der Schwerbehindertenausweisverordnung wird geregelt, dass ein Ausweis mit dem Merkzeichen "B", der vor dem 12.12.2006 (Tag des Inkrafttretens, vgl. Art. 13 Abs. 1 des Gesetzes zur Änderung des Betriebsrentengesetzes und anderer Gesetze) ausgestellt worden ist, bis zum Ablauf seiner Gültigkeitsdauer gültig bleibt, jedoch auf Antrag auch in diesen Fällen an die aufgrund der Neufassung geltende neue Formulierung angepasst werden kann. Die Inhaber solcher (älterer) Ausweise sollen also nicht gehalten sein, bei den zuständigen Stellen einen Antrag auf Änderung ihrer Ausweise stellen zu müssen. Eine Einsparung von Verwaltungsaufwand für die zuständigen Behörden dürfte damit in der Praxis aber nicht verbunden sein. Schwerbehinderte Menschen, die sich durch die alte Fassung des Ausweises diskriminiert gefühlt hatten, dürften die durch die Rechtsänderung geschaffene Rechtssicherheit ohne weiteres Zuwarten nutzen.

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