Rz. 8

Abweichend von Abs. 4 Satz 1 haben Vertrauenspersonen in Betrieben und Dienststellen, in denen wenigstens 200 schwerbehinderte Menschen beschäftigt und zu betreuen sind, nach Satz 2 einen völligen Freistellungsanspruch. Diesen wahrzunehmen sind die Vertrauenspersonen nicht verpflichtet, freigestellt werden sie nur auf eigenen Wunsch. Diese Regelung ist durch das Gesetz zur Bekämpfung der Arbeitslosigkeit Schwerbehinderter v. 29.9.2000 (BGBl. I S. 1394) mit Wirkung zum 1.10.2000 in das Schwerbehindertengesetz eingefügt worden. Der Gesetzgeber hat sich von der in § 38 Abs. 1 des Entwurfs des Gesetzes zur Reform des Betriebsverfassungsgesetzes vorgesehenen Regelung leiten lassen, der ebenfalls ab 200 Arbeitnehmern einen Freistellungsanspruch eines Mitglieds des Betriebsrats vorsieht (§ 38 des BetrVG 1972 sieht einen Freistellungsanspruch erst ab 300 Beschäftigten vor).

Die Mindestzahl von 200 beschäftigten schwerbehinderten Menschen ist mit Art. 2 des Bundesteilhabegesetzes v. 23.12.2016 mit Wirkung zum 30.12.2016 auf 100 beschäftigte schwerbehinderte Menschen herabgesetzt worden. Der Gesetzgeber hat dabei zur Kenntnis genommen, dass die Belastung der Schwerbehindertenvertretungen stetig ansteige. So habe die Schwerbehindertenvertretung ausdrücklich die Aufgabe, den schwerbehinderten Menschen helfend und beratend zur Seite zu stehen (§ 95 Abs. 1 Satz 1, ab 1.1.2018 § 178 Abs. 1 Satz 1). Dies schließe z. B. Verhandlungen mit dem Integrationsamt oder Beratung in Widerspruchsverfahren ein, was im Einzelfall sehr aufwändig sein könne. Schließlich seien zunehmend neue Tätigkeiten zu verzeichnen, etwa die Beteiligung an der Erstellung betrieblicher Aktionspläne. In größeren Unternehmen mit mehreren Betriebsstätten sei der Aufgabenzuwachs wegen der zurückzulegenden Entfernungen überdurchschnittlich spürbar. Dieser zunehmenden Belastung solle durch eine Absenkung des Schwellenwertes von 200 auf 100 schwerbehinderte Menschen Rechnung getragen werden.

In Betrieben und Dienststellen mit wenigstens 100 beschäftigten schwerbehinderten Menschen ist die Erforderlichkeit der Befreiung von der Arbeit nicht mehr zu prüfen.

 

Rz. 9

Abs. 4 Satz 2 HS 2 ermöglicht weitergehende Regelungen, also die vollständige Freistellung auch bei einer geringeren Zahl beschäftigter schwerbehinderter Menschen.

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