Rz. 4

Die Entscheidung ist sowohl dem Arbeitgeber als Antragsteller als auch dem schwerbehinderten Menschen bekannt zu geben, und zwar in der besonderen Form der Zustellung.

Die Entscheidung des Integrationsamtes ist ein Verwaltungsakt, hier ein privatrechtsgestaltender Verwaltungsakt mit Doppelwirkung. Die Wirksamkeit der Entscheidung richtet sich nach verwaltungsrechtlichen Grundsätzen, maßgeblich sind hier die Bestimmungen des SGB X.

 

Rz. 5

Gemäß § 39 SGB X wird ein Verwaltungsakt gegenüber demjenigen, für den er bestimmt ist oder der von ihm betroffen wird, in dem Zeitpunkt wirksam, in dem er bekannt gegeben wird. Verwaltungsakte können mündlich, schriftlich oder in anderer Weise bekannt gegeben werden. § 37 SGB X trifft nähere Bestimmungen zur Bekanntgabe, regelt aber nicht, welche Form der Bekanntgabe die Behörde jeweils zu wählen hat.

 

Rz. 6

Abs. 2 Satz 1 schreibt aber vor, dass die Entscheidung zuzustellen ist. Dies ist eine spezialgesetzlich vorgeschriebene bestimmte Form der Bekanntgabe, die dem Integrationsamt kein Ermessen hinsichtlich der Form mehr lässt. § 37 Abs. 5 SGB X regelt ausdrücklich, dass Vorschriften über die Bekanntgabe eines Verwaltungsaktes mittels Zustellung unberührt bleiben. Maßgebend sind die jeweiligen landesrechtlichen Vorschriften über das Zustellungsverfahren (§ 65 Abs. 2 SGB X). Etwas anderes gilt, wenn die Entscheidung erst vom Widerspruchsausschuss beim Integrationsamt (§ 202), etwa auf den Widerspruch des Arbeitgebers zur Versagung einer Zustimmung durch das Integrationsamt, getroffen wird. Für das Widerspruchverfahren gelten die Bestimmungen der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) (vgl. auch § 201). Gemäß § 73 Abs. 3 VwGO ist der Widerspruchsbescheid zu begründen, mit einer Rechtsmittelbelehrung zu versehen (Hinweis auf Zulässigkeit, Art, Ort, Frist einer Klage) und zuzustellen. Diese Zustellung ist nach Maßgabe des § 56 VwGO vorzunehmen, und zwar gemäß § 56 Abs. 2 VwGO nach den Bestimmungen des Verwaltungszustellungsgesetz des Bundes, nicht nach Landesrecht.

 

Rz. 7

In einer Reihe von Zustellungsgesetzen der Länder ist die Anwendung von Vorschriften des Verwaltungszustellungsgesetzes des Bundes angeordnet. Gemäß § 2 Verwaltungszustellungsgesetz (VwZG) besteht die Zustellung in der Übergabe eines Schriftstücks in Urschrift, Abschrift oder beglaubigter Abschrift oder in dem Vorlegen der Urschrift. Zugestellt wird durch die Behörde (§§ 5, 6 VwZG) oder durch die Post (§§ 3, 4 VwZG).

 

Rz. 8

Mit der Zustellung des Bescheides wird die Entscheidung wirksam. Sie entfaltet materiell-rechtliche Wirkungen: Der Arbeitgeber kann aufgrund einer zustimmenden Entscheidung innerhalb einer Frist, die in Abs. 3 geregelt ist, eine ordentliche Kündigung aussprechen. Gegen eine solche Entscheidung kann der schwerbehinderte Mensch innerhalb eines Monats Widerspruch bei dem Integrationsamt einlegen. Das Gleiche gilt für den Arbeitgeber, wenn das Integrationsamt die Zustimmung zur ordentlichen Kündigung versagt hat.

 

Rz. 9

Die auf § 4 Abs. 1 des VwZG unter Hinweis auch auf inhaltsgleiche Regelungen in § 41 Verwaltungsverfahrensgesetz und § 37 SGB X gestützte Auffassung (etwa LAG Hamm, Urteil v. 9.11.2000) zur Maßgeblichkeit der Zustellung wird nicht geteilt.

§ 4 Abs. 1 VwZG lautet wie folgt:

"Bei der Zustellung durch die Post mittels eingeschriebenen Briefs gilt dieser mit dem dritten Tag nach der Aufgabe zur Post als zugestellt, es sei denn, daß das zuzustellende Schriftstück nicht oder zu einem späteren Zeitpunkt zugegangen ist; im Zweifel hat die Behörde den Zugang des Schriftstücks und den Zeitpunkt des Zugangs nachzuweisen."

 

Rz. 10

Hieraus wird gefolgt, dass der Ablauf der Drei-Tages-Frist auch dann maßgeblich bleibe, wenn feststeht, dass die Entscheidung dem Empfänger vor diesem Zeitpunkt zugegangen sei. Der tatsächliche Zugang sei nach dem Inhalt der genannten Vorschriften allein für den Fall von Belang, dass die Entscheidung dem Arbeitgeber (und dem Beschäftigten) nicht oder erst nach dem dritten Tag nach Aufgabe zur Post zugegangen ist.

 

Rz. 11

Eine solche Betrachtung ist nicht praxisgerecht. Der Arbeitgeber, dem die Zustimmung zur Kündigung durch die Post zugestellt ist, ist gehalten, zunächst die – für ihn gedanklich fern liegende oder gar unbekannte – Drei-Tages-Frist abzuwarten, bevor er frühestens nach Ablauf des dritten Tages nach Erhalt des zustimmenden Bescheides die Kündigung aussprechen kann. Erhält er den zustimmenden Bescheid per Boten, kann er, da in diesem Fall § 4 Abs. 1 VwZG nicht gilt, direkt nach Erhalt des Bescheides die Kündigung aussprechen. Dies hat zur Folge, dass eine Kündigung in einem Fall unwirksam ist, weil der Zustimmungsbescheid (noch) nicht als wirksam zugestellt anzusehen war, in dem anderen Fall die Kündigung dagegen wirksam ist.

 

Rz. 12

Eine Abschrift der Entscheidung ist der Agentur zu übersenden. Die Agentur für Arbeit ist jedoch nicht Beteiligte i. S. d. § 12 Abs. 1 SGB X, so dass eine unterlassene Übermittlung der Entscheidung an die Agentur für Arbeit keinen Einfluss...

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