Rz. 8

Das Vertragsrecht im Achten Kapitel Teil 2 SGB IX regelt unmittelbar das Leistungserbringungsrecht für die Eingliederungshilfe zwischen Leistungsträger und Leistungserbringer als eine der Säulen des Dreiecksverhältnisses. Die bisherige Systematik wird auf die Fachleistung konzentriert (Ausnahme § 134 SGB IX). Die Neuregelung in Abs. 6 verstärkt nicht, wie vertreten (vgl. Fix/Bumann, neue caritas 5/2017 S. 50; Rosenow, RP Reha 4/2016 S. 20, 24), das vom BSG verfolgte Konzept eines Sachleistungsverschaffungsanspruchs in Richtung eines echten Sachleistungsprinzips. Diese kann eher in Richtung des Bekenntnisses des vom Gesetzgeber verfolgten Regelungskonzepts eines Geldleistungsanspruchs und nicht der Gewähr von Sachleistungen oder Derivaten ausgelegt werden (tendenziell auch Siefert, jurisPR-SozR 8/2017 Anm. 1 D.). Unterstützt wird diese Auslegung durch das Abzugsgebot im Falle der Heranziehung des Leistungsberechtigten mit einem Beitrag (§ 137 Abs. 3 SGB IX). Das Sachleistungsverschaffungsprinzip in der Auslegung des BSG besagt, dass der Träger der Eingliederungshilfe dem jeweiligen Leistungsberechtigten gegenüber die ihm obliegende Leistung nicht als Geldleistung erbringt, um diesem die Zahlung des vertraglichen Entgelts aus dem Vertrag über die Erbringung von Fachleistungen zu ermöglichen, sondern dass die Zahlung direkt an den Leistungserbringer erfolgt, der die Leistung als Sachleistung erbringt. Der Träger der Eingliederungshilfe übernimmt in diesem Zusammenhang nur die Vergütung, die der Leistungsberechtigte vertraglich dem Leistungserbringer gegenüber schuldet. Das BSG bezeichnet sein kreiertes Rechtsinstitut als Schuldbeitritt zu einer bestehenden zivilrechtlichen Schuld als Gesamtschuldner (grundlegend BSG, Urteil v. 28.10.2008, B 8 SO 22/07 R, Rz. 25 ff., BSGE 102 S. 1; ausführlich Jaritz/Eicher, in: jurisPK-SGB XII, 2. Aufl. 2014, § 77 Rz. 42 ff.; vgl. auch Siefert, jurisPR-SozR 8/2017 Anm. 1 D.).

 

Rz. 9

Fachleistungen der Eingliederungshilfe werden in aller Regel nicht durch den Träger der Eingliederungshilfe, sondern durch externe Leistungserbringer erbracht. Damit entstehen unterschiedliche Rechtsbeziehungen an denen neben den Trägern der Eingliederungshilfe (Leistungsträger) und leistender Dritter (Leistungserbringer) auch die Leistungsberechtigten beteiligt sind. Praxis und Rechtsprechung haben für diese Rechtsbeziehung den Begriff des "Dreiecksverhältnisses" geprägt (vgl. Wenzel/Kulenkampff, NDV 2006 S. 455 f.; ausführliche Darstellung: Jaritz/Eicher, in: jurisPK-SGB XII, 2. Aufl. 2014, § 77 Rz. 30 ff.).

Graphische Darstellung:

Neben dem öffentlich-rechtlichen Vertrag zwischen Leistungsträger und Leistungserbringer, der im Achten Kapitel SGB IX geregelt wird, bestehen Rechtsbeziehungen in privatrechtlichen Verträgen zwischen Leistungsberechtigten und Leistungserbringern und ein öffentlich-rechtliches Verhältnis zwischen Leistungsberechtigten und Leistungsträger, das die §§ 123 ff. SGB IX regelt.

Der Leistungserbringer hat aufgrund des privatrechtlichen Vertrages gegenüber den Leistungsberechtigten einen Anspruch auf Zahlung einer Vergütung der von ihm erbrachten Leistungen. Darüber hinaus können in komplexen Leistungsfällen (Leistungserbringung in besonderen Wohnformen gemäß § 42a Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 u. Abs. 5 SGB XII) noch die Verbraucher schützenden Vorschriften des Wohn- und Betreuungsvertragsgesetzes (WBVG) v. 29.7.2009 (BGBl. I S. 2319), das die zivilrechtlichen Bestimmungen des Heimgesetzes des Bundes zum 1.10.2009 abgelöst hat, beachtlich sein. Ein weiterer Schutz wird darüber hinaus in diesen Fällen über ordnungsrechtliche Vorschriften der Länder zum Heimrecht gewährleistet, die in Umsetzung der Beschlüsse der Föderalismuskommission die ordnungsrechtlichen Bestimmungen des Heimgesetzes des Bundes abgelöst haben (vgl. Begründung Regierungsentwurf BTHG, BR-Drs. 428/16 S. 294).

 

Rz. 10

Das Rechtsverhältnis zwischen Leistungsberechtigten und Leistungsträger (Träger der Eingliederungshilfe) regelt das Sozialgesetzbuch, insbesondere der Teil 2 SGB IX. Den leistungsberechtigten Personenkreis bestimmt § 99 SGB IX i. d. F. Art. 1 BTHG mit Übergangsregelung in Art. 25a BTHG, das Rechtsverhältnis zwischen Leistungsberechtigten und Leistungserbringer das Privatrecht, sekundiert durch Verbraucherschutzbestimmungen und Ordnungsrecht. Durch die Vorgaben des Vertragsrechts im Achten Kapitel Teil 2 SGB IX und über den Gesamtplan im Siebten Kapitel Teil 2 SGB IX (wobei dieser auch bereits zum 1.1.2018 in Kraft tritt, vgl. §§ 141 ff. SGB XII i. d. F. des Art. 12 BTHG) wird aber der privatrechtliche Vertrag zwischen Leistungsberechtigtem und Leistungserbringer präjudiziert.

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