Rz. 11

Die Förderung der beruflichen Weiterbildung ist ein zentrales Instrument der aktiven Arbeitsförderung, weil es anders als die meisten anderen Instrumente die Eingliederungsprobleme von Arbeitslosen oder von Arbeitslosigkeit bedrohten Arbeitnehmern an der Wurzel beseitigt. Es wird weder die Eignung von Arbeitsuchenden durch Eingliederungszuschüsse an den Arbeitgeber sozusagen fingiert noch wird durch Experimente mit Klebeeffekt versucht, den Arbeitnehmer beruflich einzugliedern. Vielmehr wird der Arbeitnehmer selbst so qualifiziert, dass er wieder als eigenständiger Wettbewerber auf dem ersten Arbeitsmarkt auftreten kann. Das betrifft sowohl arbeitslose Arbeitnehmer, die wieder in den 1. Arbeitsmarkt integriert werden sollen, als auch noch beschäftigte Arbeitnehmer, denen Arbeitslosigkeit (unmittelbar) droht und Arbeitnehmer ohne Berufsabschluss. Eine zielgerichtete Konzentration der Förderung der beruflichen Weiterbildung auf solche Maßnahmen, die auf dem Arbeitsmarkt gesuchte Qualifikation vermitteln, führt abgesehen von Defiziten im Verhalten des Arbeitnehmers fast zwangsläufig zur Integration in eine sozialversicherungspflichtige Beschäftigung.

 

Rz. 11a

Wer bei beruflicher Weiterbildung nicht die Voraussetzungen des § 81 erfüllt, hat ggf. Anspruch auf Alg nach Maßgabe des § 144 (LSG Hamburg, Urteil v. 8.2.2017, L 2 AL 77/16), wenn Verfügbarkeit nicht schon aus anderen Gründen entfallen ist.

 

Rz. 12

Das Konzept des § 81 unterstreicht, dass im Grundsatz nur vorgesehen ist, die Förderung der Qualifizierung selbst und dabei streng auf die Beseitigung oder Verminderung von Arbeitslosigkeit abgestellt wird, soweit nicht die Grundqualifikation eines Berufsabschlusses betroffen ist. Dies verdeutlicht auch Abs. 3a, der im Kern die Vermittlung von Allgemeinbildung zulässt, sich dabei aber streng an der erfolgreichen Teilnahme an einer abschlussbezogenen Weiterbildung orientiert. Die Ausgestaltung der Förderung als Ermessensleistung der aktiven Arbeitsförderung ist vor diesem Hintergrund nicht zu beanstanden. Das Kernziel der beruflichen Weiterbildung ist deshalb die individuelle Beschäftigungsfähigkeit, sei es auf dem eigenen Arbeitsplatz zur Bewältigung der insbesondere strukturellen Veränderungen, sei es zur Kompensation bei wegfallendem eigenen Arbeitsplatz durch die Fähigkeit, eine andere Beschäftigung aufzunehmen. Die Rechtsprechung hat betont, dass die jeweilige Förderung nicht nur bis zum Unterrichtsende, sondern darüber hinaus bis zu einer kurz danach stattfindenden Abschlussprüfung reicht (BSG, Urteil v. 3.5.2018, B 11 AL 6/17 R). Das ergebe sich aus der Entstehungsgeschichte und systematischen Überlegungen. Bei der Zusammenlegung des früheren Unterhaltsgeldes mit dem Arbeitslosengeld waren Leistungseinschränkungen nicht beabsichtigt, Sonderregelungen für Ferienzeiten und Zeiten ohne Unterricht waren nicht gewollt. Die durchgehende Förderung ergibt sich im Übrigen auch daraus, dass auch Prüfungsgebühren zu den Lehrgangskosten gehören und die Anforderungen an eine berufliche Weiterbildungsmaßnahme einen qualifizierten Abschluss einschließen. Abweichend davon hat der Gesetzgeber konsequent gehandelt, als er den nachträglichen Erwerb des Hauptschulabschlusses – nicht aber des Realschulabschlusses (vgl. LSG Niedersachsen-Bremen, Urteil v. 27.9.206, L 11 AS 48/15) – oder eines gleichwertigen Schulabschlusses nach intensiver politischer Diskussion in die Weiterbildungsförderung aufgenommen und die Förderung der Vorbereitungsmaßnahmen für den Abschluss als Rechtsanspruch ausgestaltet hat. Selbstverständlich ist auch, dass es den Agenturen für Arbeit verwehrt ist, weitergehende Förderungsmöglichkeiten auszulassen, etwa nach dem Europäischen Sozialfonds, oder anstelle anderer verpflichteter Einrichtungen eine Förderung zu übernehmen (vgl. auch die §§ 22, 23). Andere gesetzliche Vorrangregelungen bleiben unberührt (vgl. z. B. das Meister-BAföG). Im Rahmen der Förderung der beruflichen Weiterbildung durch Ermessensentscheidungen ist es den Agenturen für Arbeit untersagt, eine Förderung deshalb nicht zuzulassen, damit in größerem Umfang Haushaltsmittel in das nächste Förderungsjahr (Kalenderjahr) übertragen werden können.

Die Förderung der beruflichen Weiterbildung im Rahmen der Grundsicherung für Arbeitsuchende nach dem SGB II ist in den letzten Jahren unterentwickelt gewesen. Nur rd. 14 % der geförderten Teilnehmer besuchten eine Maßnahme der beruflichen Weiterbildung, im Rechtskreis der Arbeitsförderung trifft das auf nahezu jeden dritten geförderten Teilnehmer zu. Nur 40 % der geförderten Weiterbildungsmaßnahmen richten sich an die zwei Drittel aller Arbeitslosen, die Leistungen nach dem SGB II beziehen. Die Bundesregierung der 19. Legislaturperiode will diesen Zustand auch durch die aktuelle Gesetzgebung deutlich verändern und hat die Förderung der Aus- und Weiterbildung als einen ihrer Schwerpunkte festgelegt.

Die berufliche Weiterbildung hat für die Bundesregierung der 20. Legislaturperiode zentrale Bedeutung ...

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