Rz. 436

Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 definiert den Tatbestand für eine Sperrzeit wegen unzureichender Eigenbemühungen. Voraussetzung ist, dass der Arbeitslose trotz Belehrung über die Rechtsfolgen die von der Agentur für Arbeit geforderten konkreten und zumutbaren Eigenbemühungen nicht nachweist. Die Regelung bezieht sich auf § 138 Abs. 1 Nr. 2 und Abs. 4 Satz 2. Dort werden die Anforderungen an die von dem Arbeitslosen zu unternehmenden Eigenbemühungen definiert, damit Arbeitslosigkeit als Anspruchsvoraussetzung für das Alg als Versicherungsleistung überhaupt vorliegt. Daraus folgt, dass sich die von der Agentur für Arbeit geforderten Eigenbemühungen des Arbeitslosen in diesem rechtlichen Rahmen bewegen müssen. Eigenbemühungen stellen das Bemühen dar, die eigene Beschäftigungslosigkeit zu beenden. Damit ist die Zielrichtung für Eigenbemühungen beschrieben. Dazu hat der Arbeitslose alle Möglichkeiten zur beruflichen Eingliederung zu nutzen. Hierzu gehören insbesondere die Wahrnehmung der Verpflichtungen aus der Eingliederungsvereinbarung und die Inanspruchnahme der Selbstinformationseinrichtungen. Das bedeutet, dass bei unzureichenden Eigenbemühungen grundsätzlich sowohl die Rechtsfolge des Wegfalls der Anspruchsvoraussetzungen als auch die Rechtsfolge des Eintritts einer Sperrzeit in Betracht kommt. Eine Obliegenheitsverletzung kann dem Arbeitslosen nur entgegengehalten werden, wenn er seiner Verpflichtung zu Eigenbemühungen und deren Nachweis zumindest fahrlässig nicht nachgekommen ist; dabei ist ein subjektiver Sorgfaltsmaßstab anzulegen (BSG, Urteil v. 20.2.2005, B 7a AL 18/05 R). Eigenbemühungen sind nicht für übertriebenen Aktionismus da, um die Verfügbarkeit für die Arbeitsvermittlung zu prüfen bzw. zu belegen. Sperrzeitrelevanz fehlender Eigenbemühungen kommt nur in Betracht, wenn die Anspruchsvoraussetzungen für das Alg weiterhin vorliegen, die fehlenden Eigenbemühungen also nicht dazu führen, dass Arbeitslosigkeit zu verneinen ist. Es dürfte nicht möglich sein, beide Rechtsfolgen aus demselben versicherungswidrigen Verhalten nebeneinander zu ziehen.

 

Rz. 437

Sog. Aufstocker, die ergänzend zum Alg Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach dem SGB II beziehen, werden seit dem 1.1.2017 in vermittlerischer Hinsicht nicht mehr durch die Jobcenter der gemeinsamen Einrichtungen bzw. zugelassenen kommunalen Trägern (Jobcenter nach § 6 d, vgl. §§ 44 b, 6a SGB II) betreut, sondern durch die Agenturen für Arbeit. Von den Agenturen für Arbeit erhalten sie auch die arbeitsmarktpolitischen Leistungen; in leistungsrechtlicher Hinsicht dagegen erhalten die Bedarfsgemeinschaften der Aufstocker weiterhin die Leistungen durch die Jobcenter, die über das Alg hinaus wegen vorliegender Hilfebedürftigkeit erbracht werden. Die Agentur für Arbeit kann mit dem Aufstocker als erwerbsfähigen Leistungsberechtigten eine Eingliederungsvereinbarung nach dem SGB III schließen (vgl. § 37 Abs. 2) und darin den Arbeitslosen zu Eigenbemühungen i. S. v. Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 verpflichten. Im Gegenzug wird keine Eingliederungsvereinbarung nach dem SGB II geschlossen. Dadurch kann auch die Rechtsfolge der Sperrzeit nach dem Versicherungsrecht eintreten. Die Rechtsfolgen der Sperrzeit bei der Grundsicherung für Arbeitsuchende regeln die §§ 31 bis 31b. Auch Aufstocker können daher ein versicherungswidriges Verhalten, das den Eintritt einer Sperrzeit zur Folge hatte und den Anspruch auf Alg zum Ruhen gebracht hat, nicht durch Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende zum Lebensunterhalt nach dem SGB II ausgleichen. Allerdings galt vom 1.7.2022 bis 31.12.2022 ein Sanktionsmoratorium nach Maßgabe des § 84 SGB II.

 

Rz. 438

Sowohl bei der materiell-rechtlichen Frage, ob der Arbeitslose seiner Eigenbemühungsverpflichtung in der von der Agentur für Arbeit konkretisierten Form nachgekommen ist, als auch bei der verfahrensrechtlichen Problematik, ob er die von ihm geforderten Nachweise erbracht hat, hat schon § 119 Abs. 1 Nr. 1 a. F. nur auf die "Möglichkeiten" abgestellt, was bereits eine Beschränkung auf den Arbeitslosen subjektiv zur Verfügung stehenden Verhaltensalternativen nahelege. Dies deckt sich nicht zuletzt mit der Rechtsprechung des BSG zu Obliegenheitsverletzungen (unter Hinweis auf BSG, Urteil v. 25.5.2005, B 11a/11 AL 81/04 R); auch für die Anspruchsvoraussetzung gewordene Obliegenheit des § 119 Abs. 1 Nr. 1 a. F. ist ein schuldhaftes Verhalten des Arbeitslosen erforderlich. War dieser aus ihm nicht zurechenbaren Umständen nicht in der Lage, die von ihm geforderten Eigenbemühungen vorzunehmen bzw. Beweise vorzulegen, kann ihm das nicht vorgehalten werden. Dabei ist, wenn kein Vorsatz vorliege, anders als im Zivilrecht ein subjektiver Fahrlässigkeitsmaßstab anzulegen; es genügt jede Art von Fahrlässigkeit. Abzustellen ist mithin auf die individuellen Fähigkeiten des Arbeitslosen. Es ist daher stets zu prüfen, ob dem Arbeitslosen ein Schuldvorwurf gemacht werden kann, z. B. auch angesichts des Vorgehens der Agentur für Arbeit im Einzelf...

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