Rz. 402

Unvollständige Bewerbungsunterlagen werden im Regelfall nicht dafür ausreichen, eine sperrzeitrelevante konkludente Arbeitsablehnung festzustellen. Fehlende Beratungsunterlagen können nachgereicht werden.

 

Rz. 403

Die Anbahnung einer Beschäftigung wird auch dadurch verhindert, dass sich der Arbeitslose nicht rechtzeitig um ein Vorstellungsgespräch bemüht. Davon dürfte auszugehen sein, wenn er eine Frist von mehr als einer Woche verstreichen lässt. Im besonderen Einzelfall kann eine längere Frist gerechtfertigt sein. Die Agentur für Arbeit kann jedoch eine Bewerbungsfrist vorgeben, dann liegt es im Zweifel beim Arbeitslosen darzulegen, dass das Versäumen dieser Frist nicht ursächlich dafür war, dass er nicht eingestellt worden ist.

 

Rz. 404

Die Unterlassung einer Bewerbung ist bereits bei leichter Fahrlässigkeit dem Arbeitslosen zuzurechnen, z. B. wenn der Arbeitslose eine Verabredung mit dem Arbeitgeber wegen anderer Bewerbungen vergessen hat (BSG, Urteil v. 14.7.2004, B 11 AL 67/03 R). Wer sich beim Arbeitgeber nicht meldet, nimmt ein Arbeitsangebot nicht an (BSG, Urteil v. 14.7.2004, B 11 AL 67/03 R). Auch insoweit ist ein vorwerfbares, jedoch kein grob fahrlässiges oder vorsätzliches Verhalten des Arbeitslosen für den Eintritt einer Sperrzeit ohne wichtigen Grund erforderlich. Die Nichteinhaltung der Zusage des Arbeitslosen, sich zwecks Vereinbarung eines Vorstellungstermins zu melden, muss vom Arbeitgeber als fehlendes Interesse an der Arbeitsstelle und als sinngemäß erklärte Ablehnung des Arbeitsangebots verstanden werden. Es liegt beim Arbeitslosen, den Arbeitgeber durch eine nachgereichte Bewerbung umzustimmen. Gelingt das nicht, muss die Agentur für Arbeit prüfen, was letztlich für die Nichteinstellung ausschlaggebend war, die ursprüngliche Nichtbewerbung oder die fehlende Eignung des Arbeitslosen aus anderen Gründen.

 

Rz. 405

Die Anbahnung wird im sperrzeitrechtlichen Sinne auch dadurch verhindert, dass der Arbeitslose dem Arbeitgeber gegenüber erklärt, dass seine Handlungen allein durch den im Raum stehenden Vermittlungsvorschlag der Agentur für Arbeit begründet sind. Dazu gehört allerdings kein Hinweis auf schwebende Verfahren, deren Ausgang entscheidenden Einfluss auf die objektive Möglichkeit hat, die in Rede stehende Tätigkeit überhaupt ausüben zu können (z. B. eine Fahrerlaubnis oder eine bestimmte Prüfung).

 

Rz. 406

Nach den vom BSG aufgestellten Kriterien kann ein Bewerbungsschreiben des Arbeitslosen einer Nichtbewerbung gleichzusetzen sein (vgl. BSG, Urteil v. 5.9.2006, B 7a AL 14/05 R). Eine solche Gleichsetzung ist danach gerechtfertigt, wenn ein Bewerbungsschreiben allein schon wegen seines objektiven Inhalts bzw. seiner Form von Arbeitgebern gemeinhin von vornherein als unbeachtlich oder offensichtlich unernst gemeint behandelt wird. Dies ist vor allem dann der Fall, wenn der Inhalt oder die Form des Bewerbungsschreibens so abschreckend oder widersprüchlich ist, dass der Bewerber schon allein wegen des Schreibens aus der Auswahl für den Arbeitgeber ausscheidet. Der Arbeitslose kann insoweit auch Hilfestellung durch die Agentur für Arbeit einholen. Ggf. kommt ein Bewerbungstraining in Betracht. Vor dem Hintergrund der arbeitsgerichtlichen Rechtsprechung zum Informationsrecht des Arbeitgebers ist der Arbeitslose allerdings nicht gehalten, ausschließlich positive Gesichtspunkte zu erwähnen und sich so in einem überzogen positiven Licht darzustellen, zumal, wenn er Gefahr laufen würde, eine derartige Selbstdarstellung in einem anschließenden Gespräch nicht durchhalten zu können (unter Hinweis auf BSG, Urteil v. 9.12.2003, B 7 AL 106/02). Mit einer Bewerbung soll der Arbeitnehmer allerdings sein Interesse an der Aufnahme eines Arbeitsverhältnisses zum Ausdruck bringen. Dies gilt im Sinne einer Obliegenheit auch dann, wenn es sich bei der Bewerbung um die bloße Befolgung eines Vermittlungsvorschlags der Agentur für Arbeit handelt. Der Arbeitslose ist in diesem Stadium gehalten, alle Bestrebungen zu unterlassen, die dieser Intention (Aufnahme einer Beschäftigung nach Zustandekommen eines Arbeitsverhältnisses) nach außen hin erkennbar entgegenlaufen und den Arbeitgeber veranlassen, ihn schon vor einer persönlichen Vorstellung aus dem Bewerberkreis auszuscheiden. Abzustellen ist hierbei auf den objektiven Empfängerhorizont. Ein Hinweis in der Bewerbung, dass es sich bei der Beschäftigung auf der ausgeschriebenen Stelle nicht um eine Wunschtätigkeit handelt, ist ein deutliches Indiz für mangelndes Interesse, das ein Bewerbungsgespräch ausschließt. Fraglich ist allerdings, ob die Rechtsprechung des BSG vor dem Hintergrund von Arbeitskräftemangel und veränderten gesellschaftlichen Sichtweisen Bestand haben kann. Jedenfalls wird dem Arbeitslosen zuzugestehen sein, deutlicher als in der Vergangenheit auch seine Erwartungen an die berufliche Tätigkeit im neuen Beschäftigungsverhältnis und die Möglichkeiten der beruflichen Weiterentwicklung im Vorstellungsgespräch zu thematisieren.

 

Rz. 407

Auf die inne...

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