Rz. 145

Die Agentur für Arbeit hat nach der Feststellung, dass eine Kündigung durch den Arbeitnehmer nicht stattgefunden hat, zu prüfen, ob Arbeitslosigkeit durch eine einseitige Kündigung durch den Arbeitgeber ohne mitwirkende Handlungen des Arbeitnehmers herbeigeführt worden ist oder sich aus dem tatsächlichen Geschehensablauf Hinweise auf eine Auflösungsvereinbarung ergeben. Eine betriebsbedingte Kündigung, die der Arbeitgeber rechtmäßig ausspricht, stellt keinen Sperrzeitsachverhalt dar. Eine betriebsbedingte Kündigung liegt vor, wenn der Arbeitgeber auf Dauer keiner Beschäftigung des Arbeitnehmers im bisherigen Aufgabenfeld mehr bedarf und eine Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers auf einem anderen freien Arbeitsplatz nicht möglich ist. Liegen diese Voraussetzungen vor, kündigt der Arbeitgeber aufgrund dringender betrieblicher Erfordernisse. Er hatte aufgrund einer von ihm getroffenen unternehmerischen Entscheidung deren Auswirkungen auf die Beschäftigungsmöglichkeiten zu prüfen. Wird einer Kündigungsschutzklage des Arbeitnehmers stattgegeben, weil der Arbeitgeber keine fehlende Weiterbeschäftigungsmöglichkeit nachgewiesen hat, bedeutet dies im Hinblick auf Schadensersatzforderungen des Arbeitnehmers nicht, dass bindend festgestellt ist, dass dem Arbeitgeber eine Beschäftigung des Arbeitnehmers über den Kündigungstermin hinaus möglich und zumutbar war (BAG, Urteil v. 27.5.2015, 5 AZR 88/14). Das kann auch dann der Fall sein, wenn der Arbeitgeber den Betriebsrat irrtümlich objektiv falsch über mangelnde Weiterbeschäftigungsmöglichkeiten informiert hat und nicht nachträglich darlegt, warum der betroffene Arbeitnehmer für die Beschäftigungsmöglichkeit nicht in Betracht kommt.

 

Rz. 145a

Bei der Titulierung des dem Arbeitnehmer unter bestimmten Voraussetzungen während des Laufs eines Kündigungsschutzprozesses zustehenden Anspruchs auf Weiterbeschäftigung muss der Vollstreckungstitel verdeutlichen, um welche Art von Beschäftigung es geht. Bei im Arbeitsvertrag nur rahmenmäßig umschriebener Arbeitspflicht kann der Titel aus materiell-rechtlichen Gründen nicht so genau sein, dass er auf eine ganz bestimmte, im Einzelnen beschriebene Tätigkeit oder Stelle zugeschnitten ist. Es ist erforderlich, dass die Art der ausgeurteilten Beschäftigung des Arbeitnehmers aus dem Titel ersichtlich ist. Einzelheiten hinsichtlich der Art der Beschäftigung oder sonstigen Arbeitsbedingungen muss der Titel demgegenüber nicht enthalten. Dafür reicht es aus, wenn sich aus dem Titel das Berufsbild, mit dem der Arbeitnehmer beschäftigt werden soll, ergibt oder diesem zu entnehmen ist, worin die ihm zuzuweisende Tätigkeit bestehen soll. Für die Bestimmtheit eines Weiterbeschäftigungstitels kann eine Bezugnahme auf einen Arbeitsvertrag, vorausgesetzt dessen Inhalt lässt sich anhand des Tenors und der Entscheidungsgründe des Urteils eindeutig feststellen, ausreichen. Enthält die Bezugnahme jedoch, indem sie mit dem Zusatz "zu unveränderten Arbeitsbedingungen" verbunden ist, Einschränkungen, führt dies zur Unbestimmtheit.

 

Rz. 145b

Die Verpflichtung des Arbeitgebers zur Weiterbeschäftigung auf einem freien Arbeitsplatz erstreckt sich grundsätzlich nicht auf Arbeitsplätze in einem Betrieb des Arbeitgebers, der im Ausland liegt (BAG, Urteil v. 29.8.2013, 2 AZR 809/12; BAG, Urteil v. 24.9.2015, 2 AZR 3/14). Eine über die Vorgaben des KSchG hinausgehende "Selbstbindung" des Arbeitgebers zur Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers in einem im Ausland gelegenen Betrieb des Unternehmens kann sich im Einzelfall allerdings aus den §§ 241, 242 BGB oder aus einem Verzicht auf den Ausspruch einer Beendigungskündigung ergeben. Kritiker wenden dagegen ein, dass es Unternehmern dadurch allzu einfach gemacht werde, die Lasten des Arbeitsrechts durch Standortverlagerungen abzuschütteln. Im entschiedenen Verfahren ging es aber weder um die Verlegung eines Betriebs oder Betriebsteils noch auch nur um eine Funktionsnachfolge; vielmehr wurde der Geschäftsbetrieb in Deutschland vollständig und ohne Nachfolge eingestellt. Durch erfolglose Versetzungsangebote und eine unwirksame Weisung zum Tätigwerden im Ausland verzichtet der Arbeitgeber jedoch grundsätzlich nicht auf den Ausspruch einer nach dem Kündigungsschutzgesetz zulässigen betriebsbedingten Kündigung wegen der Stilllegung seines Betriebes in Deutschland.

 

Rz. 145c

Kommen mehrere Arbeitnehmer für die Kündigung in Betracht, muss der Arbeitgeber eine Sozialauswahl treffen, um der Sozialwidrigkeit der Kündigung zu entgehen. Die Sozialauswahl stellt bei einer ordentlichen Kündigung zwingendes Recht dar, sie kann nicht abbedungen werden (BAG, Urteil v. 27.6.2019, 2 AZR 50/19). Das gilt auch für außerordentliche Kündigungen aus betrieblichen Gründen. Ob außerbetriebliche oder innerbetriebliche Gründe ausschlaggebend für den Wegfall der Beschäftigungsmöglichkeit sind, ist unerheblich. Außerbetriebliche Gründe beruhen auf einem dauerhaften Auftragsmangel oder Umsatzrückgang, der kausal ein verringertes Arbeitsvolumen u...

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