Rz. 18

Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 setzt den Bezug von Erziehungsgeld bzw. den Nichtbezug allein wegen der Berücksichtigung von Einkommen (z. B. §§ 5, 6 BErzGG) voraus. Dabei kann es sich sowohl um Bundeserziehungsgeld nach dem BErzGG als auch um Landeserziehungsgeld handeln. Abschnitt 2 des BErzGG ist am 31.12.2006 außer Kraft getreten. Im Übrigen ist das BErzGG am 1.1.2008 außer Kraft getreten. Der Bezug von Bundeserziehungsgeld war nur noch vorübergehend im Rahmen von Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 bei der Ermittlung des Bemessungszeitraumes außer Betracht zu lassen. Erziehungszeiten ohne gleichzeitig erzielte Arbeitsentgelte können nicht zu einer Verlängerung oder Verschiebung des Bemessungsrahmens führen. Eine dagegen gerichtete Verfassungsbeschwerde hat das BVerfG nicht angenommen (BVerfG, Nichtannahmebeschluss v. 11.3.2010, 1 BvR 2909/08, NZS 2010 S. 626). Art. 3 GG verpflichte den Gesetzgeber nicht, die in der Gewährung von Erziehungsgeld und Erziehungsurlaub liegende familienpolitische Förderung auch im Zusammenhang mit anderen sozialpolitischen Regelungen uneingeschränkt zur Geltung zu bringen. Das Diskriminierungsverbot von Frauen, das sich aus Art. 6 Abs. 1 GG ergebe, sei nicht einschlägig, wenn es um den Vergleich von Personengruppen gehe, die gleichermaßen geschützt sind (berufstätige Eltern und Eltern ohne Berufsausübung in den ersten 3 Lebensjahren des Kindes). Gerade dann ließen sich keine besonderen Anforderungen an den Gesetzgeber herleiten. Dem hat sich das BSG mit seinem anschließenden Urteil v. 25.8.2011 (B 11 AL 19/10 R, SozR 4-4300 § 132 Nr. 7) angeschlossen. Im Ergebnis war eine fiktive Bemessung nach § 152 (bis 31.3.2012 § 132) vorzunehmen.

Es verstößt nicht gegen Verfassungsrecht, dass das Arbeitsentgelt, das ein Arbeitnehmer länger als 3 Jahre vor dem Eintritt des Versicherungsfalls erzielt hat, nicht als Bemessungsentgelt zugrunde gelegt werden kann. Das BSG hat auch nach erneuter Prüfung an seiner bisherigen Rechtsprechung festgehalten (unter Hinweis auf die Urteile v. 29.5.2008, B 11a AL 23/07 R, SozR 3-4300 § 132 Nr. 1, und v. 21.7.2008, B 7 AL 23/08 R, SozR 4-4300 § 132 Nr 3). Das BSG hat sich veranlasst gesehen, zusätzlich ergänzend darauf hinzuweisen, dass das BVerfG die Verfassungsbeschwerde gegen das Urteil v. 29.5.2008 nicht zur Entscheidung angenommen (BVerfG, Beschluss v. 11.3.2010, 1 BvR 2909/08, NZS 2010 S. 626) und darüber hinaus zur streitgegenständlichen Problematik Vorlagen des SG Dresden und des SG Aachen als unzulässig angesehen hat (BVerfG, Beschlüsse v. 10.3.2010, 1 BvL 11/07, und v. 14.3.2011, 1 BvL 13/07, NZS 2011 S. 812).

Das BSG sieht auch weiterhin keine Verpflichtung des Gesetzgebers aus Art. 6 Abs. 1 GG, bei Eltern bzw. Müttern, die sich nach längeren freiwilligen Unterbrechungen ihres Berufslebens dem Arbeitsmarkt wieder zur Verfügung stellen, den Lohnersatz durch das Alg nicht nach dem aktuell voraussichtlich erzielbaren Lohn zu bemessen, sondern anhand des vor der Kindererziehung erzielten Arbeitsentgelts. Denn aus Art. 6 Abs. 1 GG folgt demnach nicht, dass der Staat jegliche die Familie betreffende Belastung ausgleichen oder die Familie ohne Rücksicht auf sonstige öffentliche Belange fördern müsste (unter Hinweis auf BVerfG, Beschluss v. 10.3.2010, 1 BvL 11/07). Aus Art. 6 Abs. 4 GG könne nach der Überzeugung des BSG ebenfalls nicht die Verfassungswidrigkeit des geltenden Alg-Bemessungsrechts abgeleitet werden, da aus Art. 6 Abs. 4 GG für Sachverhalte, die nicht allein Mütter betreffen, keine besonderen Rechte hergeleitet werden könnten (unter Hinweis auf BVerfG, Beschlüsse v. 11.3.2010, 1 BvR 2909/08, NZS 2010 S. 626, v. 7.7.1992, 1 BvL 51/86 u. a., NZS 1992 S. 25, v. 12.3.1996, 1 BvR 606/90, SozR 3-2200 § 1255a Nr. 5, sowie v. 6.6.2011, 1 BvR 2712/09, NJW 2011 S. 2869). Der Gesetzgeber ist demnach aufgrund von Art. 6 Abs. 4 GG auch nicht gehalten, jede mit der Mutterschaft zusammenhängende wirtschaftliche Belastung auszugleichen (unter Hinweis auf BVerfG, Beschluss v. 14.3.2011, 1 BvL 13/07, NZS 2011 S. 812 u. a.). Das BSG hält demnach auch weiter daran fest, dass sich eine andere Auffassung auch nicht auf Art. 3 Abs. 1 GG stützen lässt, da es nicht als sachwidrig angesehen werden kann, bei allen Versicherten, die keinen ausreichend zeitnahen Bemessungszeitraum von wenigstens 150 Tagen mit Anspruch auf Arbeitsentgelt vorzuweisen haben, die Indizwirkung des zuletzt erzielten Lohns als nicht mehr gewährleistet anzusehen und deshalb den voraussichtlich aktuell erzielbaren Lohn als Bemessungsgrundlage heranzuziehen.

Das BSG hat zusätzlich darauf hingewiesen, dass für den Personenkreis der Erziehenden der Versicherungsschutz nicht mit eigenen finanziellen Aufwendungen verbunden ist (§ 347 Nr. 9 a. F.) und daher nicht ersichtlich ist, inwiefern es verfassungsrechtlich geboten sein könnte, den vor der Kindererziehung erzielten Lohn zur Bemessungsgrundlage zu machen. Denn unabhängig davon, dass das Alg nicht in voller Äquivalenz zu geleisteten Beiträgen festgesetzt werden un...

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