Rz. 7

Für Beschäftigungslosigkeit kommt es auf den tatsächlichen faktischen Zustand an (BSG, Urteil v. 11.3.1976, 7 RAr 93/74). In einem Beschäftigungsverhältnis (das i. S. d. Abs. 1 Nr. 1 nach seiner leistungsrechtlichen Komponente und nicht nach seiner versicherungsrechtlichen Komponente zu prüfen ist) steht, wer – in Abgrenzung zum Arbeitsverhältnis als rechtlichem Rahmen – in persönlicher Abhängigkeit Arbeitsleistung erbringt, der Verfügungsbefugnis des Arbeitgebers unterliegt und dienstbereit ist. Es besteht ein wirtschaftliches Austauschverhältnis, in dem der Arbeitnehmer fremdnützige Arbeit von wirtschaftlichem Wert leistet. Auf eine Vergütung als Gegenleistung – die regelmäßig im Arbeitsvertrag vereinbart wird – kommt es nicht an, es sind die tatsächlichen Verhältnisse maßgebend. Auch eine ehrenamtliche Tätigkeit kann daher im Rahmen eines Beschäftigungsverhältnisses ausgeübt werden. Die gesetzliche Konstruktion lässt es zu, dass Arbeitslosigkeit bestehen kann, obwohl grundsätzlich Versicherungspflicht wegen Überschreitens der Entgeltgrenze besteht, was sich praktisch nicht als Zahlungspflicht von Beiträgen darstellen kann (vgl. § 27 Abs. 5).

 

Rz. 7a

Umgekehrt kann durch Aufgabe der Direktionsbefugnis ein Beschäftigungsverhältnis beendet sein, während das Arbeitsverhältnis noch fortbesteht, z. B. auch bei Unterbrechung der Beschäftigung durch einen Arbeitskampf. In der Praxis werden das Arbeitsverhältnis und das Beschäftigungsverhältnis im Regelfall zeitgleich beendet. Besteht das Arbeitsverhältnis noch fort, liegt Beschäftigungslosigkeit nur vor, wenn das Direktionsrecht des Arbeitgebers entfallen ist (Suspendierung von den Hauptleistungspflichten bei Arbeitslosigkeit und Bezug von Alg wegen Minderung der Leistungsfähigkeit, vgl. LAG Baden-Württemberg, Urteil v. 9.6.2011, 6 Sa 109/10). Das ist der Fall, wenn der Arbeitgeber es nicht mehr in Anspruch nehmen will, z. B. im Falle einseitiger (unwiderruflicher) Freistellung von der Arbeitsleistung (unter Fortzahlung von Arbeitsentgelt), vgl. LSG Nordrhein-Westfalen, Urteil v. 19.9.2011, L 16 AL 142/11. Das ist in der betrieblichen Praxis häufiger der Fall, wenn ein Arbeitnehmer längere Zeit erkrankt war und der Anspruch auf Krankengeld erschöpft ist (vgl. auch BSG, Urteil v. 9.9.1993, 7 RAr 96/92). Sind sich die Beteiligten einig, dass eine Arbeitsleistung nicht gefordert werden darf (vgl. z. B. Saisonbetriebe), kann der Arbeitgeber auch keine Verfügungsbefugnis mehr ausüben. Besteht ein Arbeitsverhältnis während des Bezuges von Alg fort, kann hierdurch die Anwartschaftszeit nicht neu erfüllt werden, wenn sich aus den tatsächlichen Verhältnissen ergibt, dass beide Arbeitsvertragsparteien nicht gewillt sind, das Beschäftigungsverhältnis fortzusetzen und darüber hinaus der Arbeitgeber seine Direktionsmöglichkeiten entweder nicht wahrnehmen will oder nicht wahrnehmen kann (BSG, Urteil v. 4.7.2012, B 11 AL 16/11 R). Damit bestätigt das BSG, dass es auf den rechtlichen Bestand des Arbeitsverhältnisses nicht ankommt. Arbeitgeber und Arbeitnehmer müssten den Willen zur Fortsetzung oder ggf. künftigen Fortsetzung des Beschäftigungsverhältnisses dokumentieren. Ansonsten wird keine Zeit eines Versicherungspflichtverhältnisses zurückgelegt, mit dem die Anwartschaftszeit für das Alg (neu) erfüllt werden könnte. Damit ist auch klargestellt, dass den Erklärungen der Beteiligten nur bloße Indizwirkung zukommen kann, es also auf die tatsächliche Ausgestaltung ankommt.

 

Rz. 7b

Zu unterscheiden sind Fälle unwiderruflicher Freistellung von der Arbeitsleistung und widerruflicher Freistellung. Bei unwiderruflicher Freistellung ist das Beschäftigungsverhältnis (im leistungsrechtlichen Sinne) beendet. Dabei kommt es in Bezug auf die Anspruchsvoraussetzung Arbeitslosigkeit nicht darauf an, ob die Freistellung einseitig vorgenommen oder einvernehmlich vereinbart wurde. Es können sich aber durchaus leistungsrechtliche Folgen ergeben. Bei einer Freistellung unter endgültigem Verzicht auf eine Arbeitsleistung kann ein Beschäftigungsverhältnis unter Umständen auch bei voller Lohnzahlung abzulehnen sein. Der Auffassung des LSG Nordrhein-Westfalen, es sei für das Beschäftigungsverhältnis im leistungsrechtlichen Sinn unschädlich, dass der Arbeitnehmer unwiderruflich freigestellt ist und der Arbeitgeber auf sein Direktionsrecht verzichtet, wenn er das Arbeitsentgelt weiter bis zum vereinbarten Ende des Arbeitsverhältnisses zahlt, kann wohl nicht gefolgt werden (so LSG Nordrhein-Westfalen, Urteil v. 23.2.2017, L 9 AL 150/15). Bei einer widerruflichen Freistellung hingegen besteht das Beschäftigungsverhältnis im leistungsrechtlichen Sinne fort. Auch dabei kommt es nicht darauf an, ob die Freistellung einseitig oder einvernehmlich hergestellt wurde. Bei widerruflicher Freistellung in Insolvenzfällen muss der Arbeitnehmer die Anerkennung der Direktionsbefugnis des Arbeitgebers beenden und sich der Arbeitsvermittlung zweifelsfrei zur Verfügung stellen, dann wird in der Regel Beschäftigungslosigk...

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