Rz. 5

Dem Grundsatz der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit entsprechend, erhalten behinderte Menschen nach dem Nachrangprinzip nur dann besondere Leistungen, wenn mit allgemeine Leistungen eine Teilhabe am Arbeitsmarkt nicht erreichbar ist. Dies ist z. B. der Fall, wenn der behinderte Mensch für die Teilnahme an einer Maßnahme technische Arbeitshilfen und eine spezielle Unterbringung für Blinde benötigt.

2.1 Kumulative Fördervoraussetzungen

 

Rz. 6

Die Agentur für Arbeit hat Menschen mit Behinderungen mittels besonderer Leistungen zu fördern, wenn einer der 5 nachfolgenden Voraussetzungen des § 117 Abs. 1 im Rahmen einer Gesamtwertung vorliegt (vgl. zur Prognose BSG, Urteil v. 11.5.2000, B 7 AL 18/99 R).

  1. Art oder Schwere der Behinderung machen eine Maßnahme in einer besonderen Einrichtung unerlässlich,
  2. Art oder Schwere der Behinderung machen eine besonders ausgerichtete Maßnahme unerlässlich,
  3. die Sicherung der Teilhabe am Arbeitsleben machen die Teilnahme an einer Maßnahme in einer besonderen Einrichtung unerlässlich,
  4. die Sicherung der Teilhabe am Arbeitsleben machen eine besonders ausgerichtete Maßnahme unerlässlich,
  5. die allgemeinen Leistungen sind unzureichend, weil wegen Art oder Schwere der Behinderung die notwendigen Leistungen nicht oder nicht im erforderlichen Umfang zur Verfügung stehen.

Liegen mehrere Voraussetzungen kumuliert vor, ist dies für die Möglichkeit der Leistungserbringung erstmals unerheblich. Es bedarf aber dann einer Abschätzung, mit welcher Maßnahmeausrichtung die übergeordneten Ziele der Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben erreichbar sind. Zudem bedarf es ohnehin der Zustimmung des betroffenen Menschen mit Behinderungen (§ 8 SGB IX).

2.2 Individuelle Fördervoraussetzungen

 

Rz. 7

Das Tatbestandsmerkmal Art und Schwere der Behinderung nach Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 oder Abs. 1 Satz 1 Nr. 2, bedingt in einem ersten Schritt, dass es sich um einen Menschen mit Behinderungen nach § 19 Abs. 1, 2 handelt. Dieser Behindertenbegriff ist nach § 7 Abs. 1 SGB IX für die Bundesagentur für Arbeit, anstatt der Begriffsbestimmung in § 2 SGB IX, relevant. Jedoch verweist § 19 Abs. 1 auf eine sinngemäße Anwendung der Legaldefinition des § 2 Abs. 1 Satz 1 SGB IX für Menschen mit Behinderungen. Durch die Verweisung findet die Begriffsbestimmung zwar Anwendung, ist aber im Sinne der Regelungen des SGB III auszulegen.

Demnach sind Menschen behindert oder von einer Behinderung bedroht (vgl. BSG, Urteil v. 29.1.2008, B 7/7a AL 20/06 R), wenn entweder die körperliche Funktion, die geistige Fähigkeit oder die seelische Gesundheit nach einer Wahrscheinlichkeitsprognose länger als 6 Monate von dem für das Lebensalter typischen Zustand abweichen und zu Einschränkungen im alltäglichen Leben führen. Nicht nur vorübergehend wird dabei in analoger Anwendung der Regelung des § 2 Abs. 1 Satz 1 SGB IX mit länger als 6 Monaten ausgelegt. Es kommt also auf eine längerfristige oder sogar dauerhafte Einschränkung an, die jedoch wesentlich sein muss. Dadurch muss die Teilhabe, im Falle der Leistungen nach dem SGB III, nicht nur in der Gesellschaft wie es das SGB IX fordert, sondern vor allem am Arbeitsleben beeinträchtigt sein. § 19 Abs. 1 nennt zudem ausdrücklich Menschen mit Lernbehinderungen. Dabei ist es unerheblich, ob die Behinderungen aufgrund einer Krankheit oder eines Unfalls entstanden ist oder ob sie seit der Geburt des Betroffenen besteht.

Folgende wesentliche Behinderungsarten sind erfasst:

  • Anfallsleiden/Epilepsie,
  • Blindheit und Sehbehinderungen,
  • chronische und innere Erkrankungen,
  • geistige Behinderungen,
  • Hörschädigung,
  • Lernbehinderungen,
  • Schädigung der Gliedmaßen,
  • Schädigung des Skelettsystems,
  • seelische Behinderungen,
  • Suchtkrankheiten.
 

Rz. 8

Es soll eine wesentliche Minderung der Erwerbsaussichten vorliegen. Hierzu ist die Schwere der Behinderungen heranzuziehen, diese richtet sich üblicherweise nach ihrem Grad und wird auch in dieser Form klassifiziert. Als Grad der Behinderung (GdB) wird das Ausmaß eines Leidens auf die Teilhabe am Leben in der Gesellschaft bezeichnet. Der GdB wird dabei in Zehnerschritten von 10 bis 100 eingeteilt. Gesundheitsstörungen, die einen GdB von weniger als 10 erreichen, gelten nicht als Behinderung. Ein Grad der Behinderung wird jedoch nur dann festgestellt, wenn insgesamt ein GdB von wenigstens 20 vorliegt. Wenn mehrere Funktionsbeeinträchtigungen vorliegen, wird ein Gesamt-GdB errechnet, der alle Beeinträchtigungen erfasst. Behinderte Menschen, deren Grad der Behinderung (GdB) wenigstens 50 beträgt und die in der Bundesrepublik Deutschland ihren Wohnsitz bzw. ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben oder hier beschäftigt sind, werden als schwerbehinderte Menschen eingestuft. Abhängig von der Ausprägung der einzelnen Gesundheitsstörungen werden zusätzlich Merkzeichen (z. B. erhebliche Gehbehinderung, Blindheit) festgestellt.

Falls eine entsprechende Feststellung der zuständigen Versorgungsverwaltung auf Grundlage des § 152 SGB IX vorliegt, ist diese für die Entscheidung der Agentur für Arbeit heranzuziehen. Gleiches gilt für externe Gutachten, die der Mensch mit Behin...

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