Rz. 19

Anknüpfungspunkt der Personalanpassungsmaßnahmen nach Abs. 3 Nr. 1 ist der Betrieb. Es gilt der arbeitsrechtliche Betriebsbegriff. Unter dem Begriff des Betriebes ist die organisatorische Einheit zu verstehen, innerhalb der der Arbeitgeber mit seinen Mitarbeitern mithilfe sachlicher und sonstiger Mittel einen bestimmten arbeitstechnischen Zweck fortgesetzt verfolgt. Bei der Bestimmung, ob eine Einheit ein Betrieb ist, können auch die Tarifregelungen eines Wirtschaftszweiges und die darin zum Ausdruck kommende Anschauung der Tarifpartner berücksichtigt werden.

 

Rz. 20

Personalanpassungsmaßnahmen i. S. v. Abs. 3 Nr. 1 sind alle arbeitgeberseitigen Maßnahmen, die auf einen Personalabbau gerichtet sind. Hierzu gehören

  • Arbeitgeberkündigungen,
  • vom Arbeitgeber veranlasste Eigenkündigungen der Arbeitnehmer,
  • Aufhebungsverträge oder
  • die Nichtverlängerung befristeter Arbeitsverträge.

Berücksichtigt werden sowohl Beendigungskündigungen als auch Änderungskündigungen. Nach überwiegender Auffassung werden aber nur betriebsbedingte, nicht aber verhaltens- oder personenbedingte Kündigungen erfasst (Bieback, in: Gagel, SGB III, § 111 Rz. 53). Nicht erforderlich ist das Erreichen irgendwelcher Schwellenwerte, insbesondere derer des § 17 KSchG. Abs. 3 Nr. 1 grenzt den Kreis der Anspruchsberechtigten auf solche Arbeitnehmer ein, die von einem kollektiven Personalabbaugeschehen betroffen sind. Teilzeitbeschäftigte Arbeitnehmer, die gekündigt werden, werden voll und nicht nur anteilig entsprechend ihrer Arbeitszeit berücksichtigt (Bieback, a. a. O.).

 

Rz. 21

Die Personalanpassungsmaßnahmen müssen Resultat einer Betriebsänderung sein. Dabei darf die Betriebsänderung nicht allein in der Änderung des Betriebszwecks oder der Sachmittel liegen, sondern es müssen auch Personalreduzierungen vorgenommen werden (Mutschler, in: NK-SGB III, § 111 Rz. 23). Als Betriebsänderungen gelten i. S. d. § 111 BetrVG unabhängig von der Unternehmensgröße und der Anwendbarkeit des Betriebsverfassungsgesetzes im jeweiligen Betrieb:

  • Einschränkung und Stilllegung des ganzen Betriebes oder von wesentlichen Betriebsteilen,
  • Verlegung des ganzen Betriebes oder von wesentlichen Betriebsteilen,
  • Zusammenschluss mit anderen Betrieben oder die Spaltung von Betrieben,
  • Grundlegende Änderungen der Betriebsorganisation oder des Betriebszwecks,
  • Einführung grundlegend neuer Arbeitsmethoden und Fertigungsverfahren.

Diese Aufzählung ist nicht abschließend. Für das Vorliegen einer Betriebsänderung ist es unerheblich, ob die darauf gerichtete unternehmerische Entscheidung auf außerbetrieblichen wirtschaftlichen oder innerbetrieblichen Umständen beruht. Allein entscheidend ist, dass infolge der Betriebsänderung die Beschäftigungsmöglichkeit für die Arbeitnehmer dauerhaft entfallen und dass deshalb im Umfang der Betriebsänderung Personal abgebaut werden muss.

 

Rz. 22

Eine Betriebsänderung liegt erst dann vor, wenn die unternehmerische Entscheidung insoweit vollzogen ist, d. h. zum Wegfall der Beschäftigungsmöglichkeiten geführt hat. Es wäre deshalb mit den Vorgaben des Gesetzgebers nicht vereinbar, sämtliche Arbeitnehmer eines Betriebes zur Auflösung ihrer Arbeitsverträge zu veranlassen, aber mit einem Teil von ihnen im Rahmen einer kurzfristig gegründeten Produktionsgesellschaft die Produktion/Dienstleistung des alten Arbeitgebers (befristet) fortzuführen. In einem solchen Fall kommt es nicht darauf an, ob ein Betriebsübergang i. S. d. § 613a BGB festzustellen ist oder nicht. Maßgebend ist allein, dass ein Teil der Arbeitnehmer weiterbeschäftigt werden kann.

 

Rz. 23

Eine Betriebsänderung nach § 111 Satz 3 BetrVG liegt auch dann vor, wenn sich die Einschränkung/Stilllegung oder Verlegung nicht auf den ganzen Betrieb, sondern nur auf einen oder mehrere Betriebsteile bezieht. Bei einem wesentlichen Betriebsteil braucht es sich nicht um Betriebsabteilungen zu handeln. Ausreichend ist, dass der betroffene Betriebsteil einen Teilzweck erfüllt und einen erheblichen Teil der Arbeitnehmer beschäftigt. Von einem wesentlichen Betriebsteil ist bei quantitativer Betrachtungsweise dann auszugehen, wenn die Zahl der Beschäftigten der Größenordnung des § 17 Abs. 1 KSchG entspricht. Eine Betriebseinschränkung liegt vor, wenn der Betriebszweck zwar weiter verfolgt wird, die Produktionskapazität aber wesentlich vermindert wird.

 

Rz. 24

Der Anspruch nach § 111 besteht unabhängig von der Betriebsgröße. Somit sind auch Arbeitnehmer in Kleinstbetrieben anspruchsberechtigt. ( Bei einem Betrieb von weniger als 21 Arbeitnehmern liegt ein wesentlicher Betriebsteil vor, wenn darin wenigstens 6 Arbeitnehmer beschäftigt werden (BAG, Urteil v. 7.8.1990, 1 AZR 445/89).

 

Rz. 25

Stilllegung eines Betriebes ist die Aufgabe des Betriebszwecks unter gleichzeitiger Auflösung der Betriebsorganisation aufgrund eines ernstlichen und endgültigen Entschlusses des Unternehmers. Die Weiterbeschäftigung weniger Arbeiter mit Abwicklungsarbeiten steht der Annahme einer Stilllegung nicht entgegen. Unter einer Betriebseinschränku...

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