Das allgemeine Persönlichkeitsrecht des Arbeitnehmers und seine speziellen Ausprägungen (insbesondere das Recht am eigenen Bild, die Vertraulichkeit des gesprochenen Worts und das Recht auf informationelle Selbstbestimmung) schützen den Arbeitnehmer vor einer zu weitgehenden Überwachung seiner Person. Schwierigkeiten bereitet dabei vor allem der Umstand, dass die Reichweite des allgemeinen Persönlichkeitsrechts – von seinem unantastbaren Kernbereich abgesehen – nicht abstrakt festgelegt ist, sondern im konkreten Einzelfall erst durch eine Abwägung mit den gegenläufigen Rechten und schutzwürdigen Interessen des Arbeitgebers ermittelt werden muss. Die Zulässigkeit von Kontrollmaßnahmen kann daher in vielen Fällen nur durch eine Güter- und Interessenabwägung geklärt werden, bei der zu prüfen ist, ob dem Persönlichkeitsrecht des Arbeitnehmers gleichwertige oder überwiegend schutzwürdige Rechtsgüter des Arbeitgebers gegenüberstehen.

Maßstab für die Bestimmung von Umfang und Grenzen der Kontrollbefugnis des Arbeitgebers ist der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit (Übermaßverbot), der auf zwei Ebenen Bedeutung erlangt: Erstens für die Frage, aus welchen Anlässen der Arbeitgeber Mitarbeiter kontrollieren darf. Zweitens für die Durchführung der Mitarbeiterkontrolle, also die zulässigen Kontrollmaßnahmen und ihre Anwendung, im konkreten Einzelfall. Aus dem Übermaßverbot lassen sich folgende allgemeine Grundsätze für die Mitarbeiterkontrolle herleiten:

  • Jede Kontrolle muss in einem angemessenen Verhältnis zum Überwachungszweck stehen.
  • Rechtlich verbotene oder schlechthin ungeeignete Kontrollmittel dürfen nicht eingesetzt werden.
  • Stehen mehrere Kontrollmittel zur Verfügung, so dürfen nur die Maßnahmen angewendet werden, die den betroffenen Arbeitnehmer am geringsten belasten.
  • Offen durchgeführte Kontrollen haben grundsätzlich Vorrang gegenüber heimlich durchgeführten Überwachungsmaßnahmen.

Eine Überschreitung der Kontrollbefugnisse durch den Arbeitgeber hat vor allem folgende rechtliche Konsequenzen:

  • Der betroffene Arbeitnehmer muss rechtswidrige Kontrollmaßnahmen nicht dulden und kann vom Arbeitgeber deren Unterlassung verlangen (Unterlassungsanspruch).[1]
  • Bei schwerwiegenden Eingriffen in das allgemeine Persönlichkeitsrecht kann der Arbeitnehmer vom Arbeitgeber nicht nur Ersatz der ihm entstandenen materiellen Schäden, sondern auch eine Geldentschädigung als Wiedergutmachung für die eingetretene Persönlichkeitsverletzung verlangen (Schadensersatz- und Schmerzensgeldanspruch).[2]
  • Die Ergebnisse rechtswidriger Kontrollmaßnahmen dürfen vom Arbeitgeber nicht zum Nachweis eines Fehlverhaltens und zur Rechtfertigung arbeitsrechtlicher Sanktionen (Abmahnung, Kündigung, Schadensersatz) gegen den überwachten Arbeitnehmer verwendet werden; sie sind insbesondere im Gerichtsverfahren als Beweismittel unverwertbar (Beweisverwertungsverbot).[3]
  • Unabhängig von etwaigen Forderungen des Arbeitnehmers kann ggf. eine Straftat, z. B. gemäß §§ 201, 202a, 206 StGB oder zumindest ein Bußgeldtatbestand (z. B. nach § 41 BDSG) vorliegen und entsprechend zur Strafverfolgung der handelnden und verantwortlichen Unternehmensvertreter sowie zu nachfolgenden Imageschäden des Unternehmens betriebsintern wie in der Öffentlichkeit führen.
[1] Vgl. BAG, Urteil v. 7.10.1987, 5 AZR 116/86, AP Nr. 15 zu § 611 BGB Persönlichkeitsrecht; BAG, Urteil v. 15.5.1991, 5 AZR 115/90, AP Nr. 23 zu § 611 BGB Persönlichkeitsrecht.
[2] Vgl. BAG, Urteil v. 19.2.2015, 8 AZR 1007/13, NZA 2015, 994 (Entschädigung für die heimliche Beobachtung eines Privatdetektivs und Anfertigung von Videoaufnahmen); ArbG Frankfurt, Urteil v. 26.9.2000, 18 Ca 4036/00, RDV 2001 S. 190 = FA 2001 S. 48 (DM 1.300,00 Schmerzensgeld für die zweimonatige unzulässige Überwachung eines Arbeitnehmers durch Videokameras); OLG Frankfurt, Urteil v. 21.1.1987, 21 U 164/86, NJW 1987 S. 1087.
[3] Vgl. dazu Abschn. 3.2.

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