Mit § 78 a ArbGG wurde aus Gründen der Rechtsklarheit mit Wirkung zum 1.1.2005 eine eigenständige Regelung der Rüge bei Verletzung des rechtlichen Gehörs anstelle zahlreicher allgemeiner Verweisungen auf § 321 a ZPO in arbeitsgerichtlichen Verfahren in Anlehnung an § 321 a ZPO geschaffen.

Nach § 78 a ArbGG besteht die Möglichkeit der Selbstkorrektur der Gerichte bei unanfechtbaren instanzbeendenden Entscheidungen in allen Rechtszügen, wenn der Anspruch einer Verfahrenspartei auf rechtliches Gehör verletzt wurde. Das betrifft sowohl Urteile als auch Beschlüsse.

Die Rüge ist kein Rechtsmittel, sodass demnach auch keine Belehrung des Gerichts nach § 9 Abs. 5 ArbGG erforderlich ist.[1] Mit diesem Rechtsinstitut wird mittelbar auch eine Entlastung des BVerfG erreicht, das bislang dafür zuständig war.

Für ein Rügeverfahren nach § 78 a ArbGG müssen folgende Voraussetzungen erfüllt sein[2]:

  1. Gegen eine Entscheidung des Gerichts ist ein Rechtsmittel oder ein anderer Rechtsbehelf nicht mehr gegeben (Subsidiarität). Zu den Rechtsbehelfen zählt auch die Nichtzulassungsbeschwerde.
  2. Das Gericht hat den Anspruch der die Rüge erhebenden Partei auf rechtliches Gehör verletzt.
  3. Diese Verletzung ist entscheidungserheblich, d. h. sie muss sich auf das Ergebnis des Urteils ausgewirkt haben: Entscheidungserheblichkeit liegt vor, wenn nicht ausgeschlossen werden kann, dass das Gericht ohne die Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör zu einer anderen Entscheidung gekommen wäre, wobei die bloße Möglichkeit ausreicht.

In der gegen ein Urteil eines Revisionsgerichts gerichteten Anhörungsrüge, mit der die Verletzung rechtlichen Gehörs in Bezug auf Tatsachenvortrag geltend gemacht wird, ist im Einzelnen darzulegen, dass die vom Revisionsgericht angeblich nicht berücksichtigten Tatsachen gemäß § 559 ZPO berücksichtigungsfähig waren. Diese Tatsachen müssen also entweder vom LAG festgestellt worden sein oder es muss sich um Tatsachenvortrag handeln, der für das Revisionsgericht nach § 551 Abs. 3 Nr. 2 Buchst. b ZPO oder § 559 Abs. 2 ZPO berücksichtigungsfähig war. Der Beurteilung des Revisionsgerichts unterliegt nämlich gemäß § 559 Abs. 1 ZPO nur Parteivorbringen, das aus dem Berufungsurteil oder dem Sitzungsprotokoll ersichtlich ist und die in § 551 Abs. 3 Nr. 2 Buchst. b ZPO erwähnten Tatsachen. Anderenfalls könnten mit der Anhörungsrüge noch nach rechtskräftiger Entscheidung im Revisionsverfahren Tatsachen in den Prozess eingeführt werden, deren Berücksichtigung dem Revisionsgericht aufgrund der gesetzlichen Regelung des Revisionsverfahrens versagt war.[3]

Das Gericht ist dann bei einer Rüge der durch die Entscheidung beschwerten Partei verpflichtet, den Prozess fortzuführen. Die Rüge ist gegen die der Endentscheidung vorausgehende Entscheidung nicht statthaft, sodass in diesem Fall immer zunächst die Endentscheidung abgewartet werden muss. Endentscheidungen sind in der Regel Urteile, es können aber auch instanzbeendende oder den Beschwerderechtszug beendende Beschlüsse sein.

Die Rügefrist beträgt zwei Wochen. Sie beginnt mit dem Zeitpunkt zu laufen, in dem der Betroffene von der Verletzung des rechtlichen Gehörs Kenntnis erlangt hat.[4] Dabei muss der Betroffene glaubhaft machen (ähnlich wie beim Rechtsbehelf der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand oder der Wiederaufnahme), wann er von der Verletzung des rechtlichen Gehörs Kenntnis erlangt hat. Die Rüge muss nach § 78 a Abs. 2 Satz 2 ArbGG spätestens ein Jahr nach Bekanntgabe der angegriffenen Entscheidung erhoben werden (Ausschlussfrist). Nach der Bekanntgabefiktion des § 78 a Abs. 2 Satz 3 ArbGG gilt im Fall einer formlos mitgeteilten Entscheidung diese mit dem dritten Tage nach Aufgabe zur Post als bekannt gegeben.

Die Rüge ist schriftlich bei dem Gericht einzureichen, dessen Entscheidung angegriffen wird. Die Rügeschrift muss die angegriffene Entscheidung bezeichnen und die Darlegung enthalten, inwieweit der Anspruch auf rechtliches Gehör verletzt ist und sich diese Verletzung auf das Ergebnis des Urteils ausgewirkt hat. Dafür genügt es, wenn eine andere Entscheidung nicht ausgeschlossen ist.[5] Die konkrete Handlung oder Unterlassung des Gerichts muss genau bezeichnet sein, durch die der Anspruch auf rechtliches Gehör verletzt worden sein soll. Vorwiegend dürfte es sich um Verletzungen des § 139 ZPO (Aufklärungs- und Hinweispflichten des Gerichts) handeln.

Die Entscheidung des Gerichts im Fall der Unzulässigkeit oder Unbegründetheit der Rüge ergeht durch Beschluss, der nicht anfechtbar ist.[6] Gegen eine Entscheidung über eine Rüge nach § 321 a ZPO findet ein Rechtsmittel auch dann nicht statt, wenn ein Berufungsgericht sie als unzulässig verwirft.[7]

Ist die Rüge begründet, so hilft das Gericht ihr dergestalt ab, dass es den Prozess fortführt und zwar, soweit dies aufgrund der Rüge geboten ist.[8] Das bedeutet, dass im Fortsetzungsverfahren nur noch der Streitgegenstand erneut verhandelt wird, der von der Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör betroffen ist. Entsprechend d...

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