Einen großen Teil ihres wachen Lebens verbringen die meisten Menschen bei der Arbeit. Neben Familie, Freunden und Freizeit ist das Arbeitsleben damit einer der zentralen Lebensbereiche. Bei günstigen Arbeitsbedingungen fördert es das Wohlbefinden, die psychische Gesundheit und trägt zur Persönlichkeitsentwicklung bei. Ungünstige Verhältnisse bei der Arbeit können aber zu einer Belastung werden, die sowohl psychische, als auch körperliche Störungen nach sich ziehen kann.

Da körperliche Belastungsfaktoren, wie schwere körperliche Arbeit, in der Arbeitswelt immer seltener werden, rücken die psychischen Belastungen stark in den Vordergrund. Auch für vorwiegend körperlich Arbeitende, z. B. in Industrie, Handwerk und in der Pflege, nehmen psychische Belastungen zu. Durch Umorganisationen werden neue Qualifikationen und Leistungen gefordert, zudem nimmt die Arbeitsdichte immer weiter zu.

Die psychische Leistungsfähigkeit bzw. Belastung der Mitarbeiter wird von verschiedenen Faktoren beeinflusst. Die wichtigsten Einflüsse sind:

  • Arbeitsaufgabe und -inhalt, z. B. geringer Handlungsspielraum,
  • physikalische Arbeitsbedingungen, z. B. die Beleuchtung, Klima, Lärm,
  • sozialer Kontext und die Organisationsbedingungen, z. B. schlechtes Führungsverhalten,
  • gesellschaftliche Belastungen, z. B. Arbeitsplatzunsicherheit.

Aus der Forschung sind verschiedene Belastungen bekannt, die sich negativ auf das psychische Wohlbefinden der Mitarbeiter auswirken können. Neben den bekannten gibt es auch neue Belastungen, die häufig die Folge von technischen und organisatorischen Veränderungen sind:

  • neue Formen von (unsicheren) Arbeitsverträgen und Arbeitsplatzunsicherheit,
  • hoher Grad an geforderter Mobilität,
  • Intensivierung der Arbeit mit langen Arbeitszeiten und einer Informationsflut durch neue Kommunikationstechnologien,
  • hohe emotionale Anforderungen bei der Arbeit, z. B. im Gesundheitswesen und in der Dienstleistungsbranche,
  • unzureichende Vereinbarkeit von Beruf und Privatleben durch zeitliche Flexibilisierung der Arbeit,
  • Störung des Privatlebens und der Erholung durch ständige Erreichbarkeit und Arbeit im Homeoffice.

6.1 Psychische Störungen

Es lässt sich zwischen kurz-, mittel- und langfristigen Folgen von Überbeanspruchung bei der Arbeit unterscheiden (Tab. 6). Die kurzfristigen Folgen lassen sich meist relativ schnell durch eine Verringerung des Belastungsniveaus und ausreichende Erholung wieder reduzieren. Die mittel- und langfristigen Folgen können zu ernstzunehmenden Störungen und zu innerbetrieblichen Beeinträchtigungen führen.

 
kurzfristig mittelfristig langfristig
Ermüdung Ängstlichkeit Leistungsschwankungen
innere Anspannung Unzufriedenheit schlechtere Arbeitsqualität
mangelnde Konzentration schlechteres Wohlbefinden kurzsichtige Entscheidungen
Nervosität, Angst Resignation Verschlechterung der Koordination
Reizbarkeit Depression Rückzugsverhalten
Ärger, Wut Einschlafstörungen Zunahme von Fehlzeiten
  kritisches Gesundheitsverhalten Konflikte mit Vorgesetzten, Kollegen
  psychosomatische Erkrankungen  

Tab. 6: Folgen von Überbeanspruchung bei der Arbeit

 
Wichtig

Fakten für Europa

  • Mehr als jeder Zweite in der EU erkrankt während seines Lebens an einer psychischen Störung. Jeder dritte bis vierte Erwachsene bekommt innerhalb eines Jahres eine Diagnose aus dem Bereich der psychischen und Verhaltensstörungen.
  • Die Gesamtkosten für psychische Störungen in Europa beliefen sich im Jahr 2018 auf ca. 600 Mrd. EUR – gegenüber geschätzten 240 Mrd. EUR im Jahr 2004. Ein großer Teil dieser Kosten geht auf eine geringere Erwerbsbeteiligung und eine geringere Produktivität zurück.

Außerdem treten psychische Störungen selten allein auf. Häufig liegen mehrere Diagnosen vor oder sie sind von körperlichen Erkrankungen begleitet. So treten Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Muskel-Skelett-Erkrankungen, Diabetes und chronische Schmerzen häufiger bei gleichzeitig vorliegenden psychischen Störungen auf. Psychische Störungen können in jedem Alter auftreten, es können also sowohl jüngere, als auch ältere Arbeitnehmer betroffen sein. Frauen erkranken fast doppelt so häufig wie Männer. Bei den Männern kommen häufiger Alkohol- oder Substanzmissbrauch vor.

Die wichtigsten Einzeldiagnosen bei den psychischen Erkrankungen sind nach den Daten der DAK depressive Episoden, Belastungs- und Anpassungsstörungen, neurotische Störungen sowie Angststörungen.[1] Die häufigsten psychischen Störungen bei 18- bis 65-Jährigen in der EU sind Depressionen und Angststörungen.

Abb. 8: Gesundheitliche Folgen von extremem Stress (in %)[2]

[1] DAK-Gesundheitsreport 2022.
[2] Quelle: Techniker Krankenkasse, Kundenkompass Stress, 2009.

6.2 Fehlzeiten

Psychische Belastung und Fehlbeanspruchung führen nicht nur zu Unwohlsein und Leid bei den einzelnen Betroffenen und ihren Familien. Übermäßige Stressbelastung wirkt sich auch negativ auf Unternehmen und die gesamte Gesellschaft aus:

  • hohe Fehlzeiten von Beschäftigten wegen psychischer Störungen;
  • finanzielle Verluste von Unternehmen durch Lohnfortzahlungen ohne den Gegenwert der Arbeitsleistung...

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