Das Pflegezeitgesetz gewährt in § 3 Abs. 1 PflegeZG Beschäftigten einen Anspruch auf vollständige oder auch nur teilweise Arbeitsfreistellung für die Pflege eines pflegebedürftigen Angehörigen. Der Anspruch ist ein einseitiges Gestaltungsrecht und bedarf einer entsprechenden Erklärung gegenüber dem Arbeitgeber. Der Anspruch ist demnach auch nicht von einer Zustimmung des Arbeitgebers abhängig.[1] Im Unterschied zum Anspruch auf kurzzeitige Arbeitsbefreiung besteht der Anspruch auf Pflegezeit nur in Unternehmen mit regelmäßig mehr als 15 Beschäftigten. Eine Wartezeit gibt es jedoch nicht.

Anspruchsvoraussetzungen

Pflegesituation eines nahen Angehörigen. Insoweit kann auf die Ausführungen zum Anspruch auf kurzzeitige Arbeitsbefreiung verwiesen werden. Angesichts des abweichenden Regelungsziels des § 3 PflegeZG wird ein "voraussichtlicher" Pflegefall nicht erfasst. Des Weiteren muss der Pflegefall im Gegensatz zur kurzzeitigen Arbeitsverhinderung nicht "akut" sein.

Geltendmachung des Anspruchs auf Pflegezeit

Das Gesetz sieht in § 3 Abs. 3 und 4 PflegeZG ein abgestuftes Verfahren für die Geltendmachung des Pflegezeitanspruchs vor:

Zunächst muss der Beschäftigte seinen Pflegezeitwunsch spätestens 10 Arbeitstage vor Beginn der Pflegezeit dem Arbeitgeber schriftlich ankündigen. Das Schriftformerfordernis i. S. d. § 126 Abs. 1 BGB ist konstitutiv.[2] Handelte es sich um eine COVID-19-bedingte Pflegezeit, genügte die Mitteilung in Textform, z. B. per E-Mail.[3] Bei nicht ordnungsgemäßer Einhaltung der Frist dürfte nur der Beginn der Pflegezeit nach hinten verschoben werden; die Ankündigung ist keine Wirksamkeitsvoraussetzung des Freistellungsanspruchs.

Gleichzeitig muss der Beschäftigte erklären, für welchen Zeitraum er die Pflegezeit beansprucht. Sofern er nur eine Reduzierung seiner bisherigen Arbeitszeit anstrebt, muss er zudem erklären, in welchem Umfang er die Freistellung wünscht und wie er die reduzierte Arbeitszeit auf die einzelnen Arbeitstage verteilen möchte.[4]

Insbesondere kann der Arbeitgeber nicht einwenden, betriebliche Belange oder sonstige unternehmerische Interessen stünden dem Freistellungsanspruch entgegen. Bei Erfüllung der genannten Voraussetzungen tritt die Freistellung ohne weiteres Zutun des Arbeitgebers zum gewünschten Zeitpunkt in Kraft.

Bei der pflegezeitbedingten Arbeitszeitreduzierung fordert das Gesetz eine schriftliche Vereinbarung zwischen den Parteien über den Umfang der Verringerung und über die Verteilung der Arbeitszeit.[5] Eine zeitlich befristete Ausnahme bis zum 30.4.2023 bestand für die Geltendmachung der COVID-19-bedingten Arbeitszeitreduzierung: Hier genügte die Vereinbarung in Textform.[6] Der Arbeitgeber konnte dem Reduzierungswunsch des Arbeitnehmers eigene dringende betriebliche Belange entgegenhalten. Dabei genügte nicht jedes anerkennenswerte sachliche Interesse, sondern es bedurfte eines gewissen Gewichts der betrieblichen Interessen. Scheitert diese "Verhandlungslösung", wird der Beschäftigte den Arbeitgeber auf Abgabe einer entsprechenden Willenserklärung verklagen müssen.[7] Aus diesem Grund sollte die schriftliche Dokumentation des gesamten Vorgangs eingehalten werden.

Anspruchsdauer

Der Freistellungsanspruch besteht grundsätzlich, solange dies vom Beschäftigten geltend gemacht worden ist; der Anspruch ist jedoch auf maximal 6 Monate je pflegebedürftigem Angehörigen begrenzt. Der Anspruch entsteht bei jedem weiteren Arbeitgeber neu.[8] § 3 Abs. 1 Satz 1 i. V. m. § 4 Abs. 1 Satz 1 PflegeZG eröffnet dem Beschäftigten nur die Möglichkeit, durch einmalige Erklärung bis zu 6 Monate lang Pflegezeit in Anspruch zu nehmen. Hat der Arbeitnehmer die Pflegezeit durch Erklärung gegenüber dem Arbeitgeber in Anspruch genommen, ist er gehindert, von seinem Recht erneut Gebrauch zu machen, sofern sich die Pflegezeit auf denselben Angehörigen bezieht (einmaliges Gestaltungsrecht).[9]

Eine bis zum 30.4.2023 befristete Ausnahme galt gemäß § 9 Abs. 7 PflegeZG für den Fall einer COVID-19-bedingten Pflegezeit: Beschäftigte konnten mit Zustimmung des Arbeitgebers einmalig nach einer beendeten Pflegezeit zur Pflege oder Betreuung desselben pflegebedürftigen Angehörigen Pflegezeit erneut, jedoch insgesamt nur bis zur 6-Monats-Höchstdauer nach § 4 Abs. 1 Satz 1 PflegeZG in Anspruch nehmen. Die beiden Pflegezeiten mussten gemäß § 9 Abs. 4 PflegeZG auch nicht zeitlich unmittelbar aufeinanderfolgen. Dabei durfte die Gesamtdauer nach § 4 Abs. 1 Satz 4 PflegeZG nicht überschritten werden.

Pflegezeit und Familienpflegezeit[10] können nacheinander genommen werden, sofern sie unmittelbar aneinander anknüpfen.[11]

Insgesamt darf die Gesamtdauer von 24 Monaten je pflegebedürftigem nahen Angehörigen nicht überschritten werden. Der Beschäftigte hat sich entsprechend gegenüber dem Arbeitgeber zu erklären, im Zweifel und vorrangig gilt sein Antrag als Freistellung für eine Pflegezeit nach dem Pflegezeitgesetz.[12] Soll die Familienpflegezeit nach der Pflegezeit genommen werden, muss die Ankündigung möglichst frühz...

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