Rz. 8

§ 30 Abs. 1 Nr. 2 JArbSchG geht über § 617 BGB, der die Pflicht zur Krankenfürsorge für alle Dienstverpflichteten (nicht nur für Arbeitnehmer[1]) normiert, hinaus: So setzt § 30 JArbSchG abweichend von § 617 BGB kein dauerndes Dienstverhältnis voraus; zur Krankenfürsorge verpflichtet bleibt auch der Arbeitgeber, der Jugendliche kurzfristig und vorübergehend bzw. geringfügig beschäftigt.[2]

 

Rz. 9

Auch endet die Verpflichtung des Arbeitgebers erst mit dem Ende der Beschäftigung und ist nicht von vornherein zeitlich auf einen Zeitraum von höchstens 6 Wochen begrenzt, wie dies in § 617 BGB oder bei der Entgeltfortzahlungsverpflichtung im Krankheitsfall nach § 3 EFZG vorgesehen ist.

 

Rz. 10

In der Literatur wird – abgeleitet aus dem allgemeinen Grundsatz von Treu und Glauben – im Einzelfall eine Krankenfürsorgepflicht des Arbeitgebers über das Ende der Beschäftigung hinaus befürwortet.[3] Abhängig von Art und Schwere der Erkrankung sei die Pflege und ärztliche Behandlung im Einzelfall auch – etwa über das Auslaufen des Ausbildungsvertrags hinaus – fortzusetzen. Dieser Auslegung steht zwar der klare Wortlaut der Norm entgegen; zudem ist im Hinblick auf einen Rückgriff auf Treu und Glauben grundsätzlich Zurückhaltung geboten. Gleichwohl kann dem für solche Fälle zugestimmt werden, in denen die Beendigung von Pflege und Behandlung eine offensichtliche Härte für den Jugendlichen darstellen würde, da dies dem Schutzzweck der Norm entgegenstünde.

 

Rz. 11

Ein weiterer denkbarer Fall eines Anspruchs über das Ende der Beschäftigung hinaus kann folgender sein[4]: Kündigt der Arbeitgeber das Beschäftigungsverhältnis aus Anlass der Erkrankung oder nötigt er den Jugendlichen zu einer Eigenkündigung, so soll der Jugendliche entsprechend § 8 EFZG seinen Fürsorgeanspruch bis zum Ablauf von 6 Wochen behalten.

[1] ErfK/Preis, 23. Aufl. 2023, § 617 BGB, Rz. 1.
[3] ErfK/Schlachter, 23. Aufl. 2023, § 30 JArbSchG, Rz. 2; a. A. Schmitt/Schmitt, EFZG, 9. Aufl. 2023, § 30 JArbSchG, Rz. 14.
[4] Schmitt/Schmitt, EFZG, 9. Aufl. 2023, § 30 JArbSchG, Rz. 13.

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