Rz. 7

Gem. § 19 Abs. 1 Nr. 2a BBiG erlangt der Auszubildende einen Anspruch auf Fortzahlung seiner Vergütung, wenn die Berufsausbildung aus einem von ihm nicht zu vertretenden Grund ausfällt. Auch wenn die Vorschrift offen lässt, welche Gründe im Einzelnen erfasst werden, handelt es sich hierbei in aller Regel um solche, die dem Risikobereich des Ausbildenden zuzuordnen sind.[1] Der Anspruch ist auf die Dauer von 6 Wochen begrenzt.

 

Beispiele für Ausfallgründe

  • Betriebsstörungen: technischer Schaden, Ausfall von Strom-, Wasser- oder Dampfversorgung
  • Wirtschaftliche Störungen: Auftragsmangel, Rohstoffmangel, Zulieferschwierigkeiten, Absatzschwierigkeiten
  • Unmittelbare oder mittelbare Auswirkungen eines Streiks
  • Personelle Gründe: Erkrankung des Ausbildenden
  • Höhere Gewalt: Wasser- oder Feuerschäden, Erdbeben, Frosteinbruch, Sturmschäden, Versperrung von Zufahrtswegen
  • Behördliche Anordnungen: Vorübergehende Schließung des Betriebs aufgrund gesundheitlicher Gefahren wie etwa in der Corona-Pandemie[2], Untersagung der Ausbildung
 

Rz. 8

Als lex specialis verdrängt § 19 Abs. 1 Nr. 2a in diesen Fällen § 615 Satz 3 BGB.[3] Soweit der Auszubildende jedoch einen weitergehenden Anspruch aus § 615 Satz 3 BGB hat, bleibt Raum für die Anwendung der allgemeinen Vorschrift. Dies betrifft insbesondere Fälle, in denen der Anspruch aus § 19 BBiG aufgrund der 6-Wochenfrist endet, nach § 615 Satz 3 BGB jedoch ein unbeschränkter Fortzahlungsanspruch besteht. In dieser Hinsicht greift auch der Grundgedanke des § 10 Abs. 2 BBiG, eine Schlechterstellung des Auszubildenden zu vermeiden.

 

Rz. 9

Insbesondere seit der Corona-Pandemie, in welcher ganze Branchen aufgrund behördlicher Anordnungen geschlossen wurden, stellt sich auch die Frage, ob Kurzarbeit im Rahmen eines Ausbildungsverhältnisses denkbar ist. Obwohl es kaum zumutbar ist, dass beispielsweise ein gehobenes Restaurant während einer behördlichen Schließung nur für den Auszubildenden erlesene Speisen zur Zubereitung durch ihn besorgen muss, spricht der Sinn und Zweck des Ausbildungsverhältnisses an sich gegen die Möglichkeit, überhaupt Kurzarbeit für Auszubildende einzuführen.[4] Bejaht man trotzdem die Möglichkeit und wird auch eine nach allgemeinen arbeitsrechtlichen Maßstäben wirksame Vereinbarung zur Kurzarbeit geschlossen, besteht nach § 19 Abs. 1 Nr. 2a BBiG jedenfalls für die ersten 6 Wochen der volle Vergütungsanspruch.[5]

 

Rz. 10

Erforderlich ist allerdings immer, dass sich der Auszubildende trotz des Ausfalls zur Ausbildung bereithält. Er muss subjektiv bereit und objektiv in der Lage sein, seinen vertraglichen Pflichten nachzukommen.[6] Der Auszubildende muss die Erfüllung seiner Pflichten ordnungsgemäß anbieten und auf telefonische oder schriftliche Nachfrage fähig sein, seine Ausbildung wieder aufzunehmen.[7]

 
Praxis-Beispiel

Ein ordnungsgemäßes Bereithalten liegt nicht vor, wenn der Auszubildende

  • arbeitsunfähig ist (der Entgeltfortzahlungsanspruch richtet sich dann nach dem EFZG),
  • während der Ausfallzeit verreist oder
  • den Ausbildungsplatz aufgrund von Naturereignissen oder behördlichen Hindernissen erst gar nicht erreichen kann (das sog. Wegerisiko liegt grundsätzlich beim Auszubildenden).[8]
[1] Taubert, BBiG, § 19 Rz. 16.
[2] Taubert, BBiG, § 19 Rz. 16.
[3] Siehe dazu bereits Rz. 1 f.
[4] So auch die Bundesagentur für Arbeit, Fachliche Weisungen Kurzarbeitergeld (www.arbeitsagentur.de/datei/dok_ba013530.pdf), Abschnitt 2.6. Abs. 6, Seite 21.
[5] So auch die Bundesagentur für Arbeit, Fachliche Weisungen Kurzarbeitergeld (www.arbeitsagentur.de/datei/dok_ba013530.pdf), Abschnitt 1.2.4, Seite 9.
[6] Taubert, BBiG, § 19 Rz. 17.
[7] ErfK/Schlachter, BBiG, § 19, Rz. 5.
[8] Taubert, BBiG, § 19 Rz. 17, 22.

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