Rz. 22

Der Übergang der Schadensersatzforderung des Arbeitnehmers auf den Arbeitgeber nach § 6 Abs. 1 EFZG ist auch dann ausgeschlossen, wenn ein Arbeitskollege desselben Betriebs den Arbeitnehmer bei Ausübung einer betrieblichen Tätigkeit fahrlässig verletzt und der Arbeitnehmer infolge dessen arbeitsunfähig erkrankt. Ansprüche des Arbeitnehmers gegenüber einem Arbeitskollegen auf Schadensersatz sind in diesen Fällen gem. § 105 SGB VII ausgeschlossen mit der Folge, dass ein nach § 6 Abs. 1 EFZG übergangsfähiger Schadensersatzanspruch des Arbeitnehmers gar nicht erst vorliegt.

 

Rz. 23

Nach § 105 Abs. 1 Satz 1 SGB VII sind Personen, die durch eine betriebliche Tätigkeit einen Versicherungsfall von Versicherten desselben Betriebs verursachen, nur dann zum Ersatz eines Personenschadens verpflichtet, wenn sie den Versicherungsfall vorsätzlich oder auf einem nach § 8 Abs. 2 Nrn. 1–4 SGB VII versicherten Weg herbeigeführt haben. Sinn und Zweck des Ausschlusses ist die Vermeidung innerbetrieblicher Konflikte und damit die Sicherung des Betriebsfriedens. Sie trägt überdies dem Umstand Rechnung, dass zwischen den Arbeitnehmern eines Betriebs eine Funktions- und Gefahrengemeinschaft besteht, bei der es bereits durch leichte Unachtsamkeit häufig zu einem Schadensereignis kommen kann.[1]

 

Rz. 24

Das Eingreifen des Haftungsprivilegs zugunsten eines Arbeitskollegen i. S. d. § 105 Abs. 1 Satz 1 SGB VII setzt zunächst voraus, dass Schädiger und Geschädigter grundsätzlich Arbeitnehmer desselben Betriebs sind bzw. beide im Unfallzeitpunkt in demselben Betrieb eines Unternehmens tätig sind.[2]

 

Rz. 25

Beschäftigte anderer Arbeitgeber fallen ausnahmsweise und nur dann unter das Haftungsprivileg, wenn sie bei ihrer Tätigkeit in den Betrieb des Geschädigten eingegliedert sind. Eine solche Eingliederung erfordert, dass eine persönliche Abhängigkeit, eine Weisungsbefugnis und eine arbeitsvertragliche Fürsorgepflicht des Arbeitgebers den (Fremd-)Beschäftigten gegenüber besteht (z. B. Leiharbeitnehmer).[3]

 

Rz. 26

Das Schadens-/Unfallereignis muss schließlich bei einer betrieblichen Tätigkeit eingetreten sein und darf von dem Schädiger nicht vorsätzlich herbeigeführt worden sein. Betrieblich ist eine Tätigkeit, die dem Arbeitnehmer, der einen Schaden verursacht, entweder ausdrücklich von dem Betrieb oder für den Betrieb übertragen ist oder die er im Interesse des Betriebs ausführt, die in nahem Zusammenhang mit dem Betrieb und seinem betrieblichen Wirkungskreis steht und in diesem Sinne betriebsbezogen ist.[4] Die zu dem schädigenden Ereignis führende Tätigkeit muss aber nicht zum eigentlichen Aufgabengebiet des Beschäftigten gehören; erst, wenn sie in keinem oder nur noch in einem losen Zusammenhang mit dem Betrieb steht, ist sie dem allgemeinen Lebensrisiko des Arbeitnehmers zuzurechnen.[5] Das Haftungsprivileg des Arbeitnehmers gem. § 105 Abs. 1 Satz 1 SGB VII entfällt dann, wenn es sich bei dem Unfallereignis um einen sog. Wegeunfall i. S. d. § 8 Abs. 2 Nrn. 1-4 SGB VII handelt. Dies sind Unfälle, die sich in der Regel auf dem Weg von der Wohnung zum Arbeitsplatz und umgekehrt ereignen (z. B. bei Mitnahme eines Kollegen im Pkw); nicht ausgenommen werden hingegen Unfälle im Rahmen des Werkverkehrs oder auf Betriebs- oder Arbeitswegen (z. B. Botengänge, Geschäfts- und Dienstreisen).[6]

 

Rz. 27

Der Haftungsausschluss nach § 105 SGB VII besteht unabhängig davon, ob der schädigende Arbeitnehmer eine (Haftpflicht-)Versicherung abgeschlossen hat oder nicht und diese für den Schaden eintreten müsste.[7]

[1] Vgl. Schmitt, EFZG, § 6, Rz. 36; Vogelsang, Rz. 664.
[2] ErfK, Rolfs, § 105 SGB VII, Rz. 5 m. w. N.
[3] Vgl. ErfK, Rolfs, § 105 SGB VII, Rz. 2; Schmitt, EFZG, § 6, Rz. 37; Vogelsang, Rz. 665 m. w. N.
[6] Vgl. zu den Einzelheiten, ErfK, Rolfs, § 105 SGB VII, Rz. 3; Vogelsang, Rz. 668.
[7] Vogelsang, Rz. 671.

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