Rz. 6

§ 4a EFZG definiert den Begriff der Sondervergütung als Leistung, "die der Arbeitgeber zusätzlich zum laufenden Arbeitsentgelt erbringt". Der Begriff lässt offen, ob er nur Einmalzahlungen oder auch laufende Zusatzzahlungen erfasst. In der Regel werden Sondervergütungen zwar solche Leistungen sein, die aus einem besonderen Anlass einmal oder auch mehrmals jährlich, jedoch nicht monatlich wiederkehrend ausgezahlt werden. Allein aus einer Zahlungstendenz lässt sich jedoch für die Abgrenzung zum laufenden Entgelt als Leistung für erbrachte Arbeitsleistung nichts herleiten.

 

Rz. 7

Die Vertreter der Auffassung, nur Einmalzahlungen, jedenfalls aber nicht regelmäßig monatlich wiederkehrende Zahlungen, seien erfasst, argumentieren, dass dies der in der Vergangenheit herrschenden Meinung zur krankheitsbedingten Kürzung von Prämienzahlungen entspreche. Der Gesetzgeber habe ausweislich seiner Begründung zum Gesetzentwurf in erster Linie bestehende Unklarheiten beseitigen wollen.[1] Gegen diese Auffassung spricht jedoch, dass eine Sonderzahlung ihren Charakter als zusätzliche Vergütung (über das Gegenseitigkeitsverhältnis von Arbeitsleistung und Vergütung hinaus) nicht dadurch verliert, dass sie monatlich ausgezahlt wird.[2] Der bloße Auszahlungsrhythmus ist daher wenig ergiebig. Dies mag auch der Umstand erhellen, dass in Zeiten wirtschaftlicher Schwierigkeiten viele Betriebe Einmalzahlungen scheuen und mit ihren Arbeitnehmern eher ratierliche Zahlungen vereinbaren. Festgehalten werden kann daher nur, dass "Mehrmaligkeit" von Zahlungen sich immer mehr von der "Sonderheit" einer Vergütung i. S. d. § 4a Satz 1 EFZG entfernt. Es kann jedoch nicht generell festgelegt werden, dass nur bis zu einer bestimmten Häufigkeit an Zahlungen eine Sondervergütung vorliegt, die nach § 4a EFZG einer Kürzungsvereinbarung zugänglich ist.[3]

 

Rz. 8

Auch die Rechtsprechung des BAG zur quartalsweisen Zahlung einer Sonderprämie spricht gegen die ausschlaggebende Berücksichtigung des Zahlungsrhythmus.[4]

 
Praxis-Beispiel

Ein Arbeitgeber zahlte an alle gewerblichen Arbeitnehmer pro Quartal eine freiwillige Sonderprämie in Höhe von umgerechnet 250 EUR. Voraussetzung für die Zahlung war, dass im vorausgegangenen Quartal uneingeschränkt Arbeitsleistungen erbracht wurden. Bei unentschuldigter Abwesenheit oder Zeiten einer krankheitsbedingten Arbeitsunfähigkeit zahlte der Arbeitgeber die Sonderprämie gar nicht, auch nicht anteilig. Unerheblich war, wie lange die Erkrankung dauerte.

Das BAG hielt auch diese Sonderprämie für eine Sondervergütung i. S. d. § 4a EFZG, da der Arbeitgeber sie zusätzlich zum laufenden Arbeitsentgelt erbrachte. Eine derartige Leistung sei nicht an bestimmte Zahlungsmodalitäten gebunden. Sie könne als Prämie für jeden einzelnen Tag, an dem der Arbeitnehmer seine Arbeit aufnehme, gezahlt werden, als Einmalleistung zu einem bestimmten Zeitpunkt (z. B. am Jahresende) oder –wie hier– viermal jährlich. Der völlige Wegfall dieser Leistung im Falle eines Krankheitstags, bezogen auf einen 3-Monats-Zeitraum, sei eine Kürzung auf 0 und stelle eine Kürzungsvereinbarung nach § 4a EFZG dar. Dies werde schon daran deutlich, dass dasselbe Ergebnis erzielt würde, wenn der Arbeitgeber jährlich 1.000 EUR an Prämie zugesagt hätte, die sich um 250 EUR vermindere, wenn ein Arbeitnehmer in einem Quartal einen Tag erkrankt. Eine Kürzung i. S. d. § 4a EFZG liege deshalb auch dann vor, wenn die Anspruchsvoraussetzungen so formuliert würden, dass dasselbe Ergebnis wie bei einer ausdrücklich als solcher benannten Kürzungsvereinbarung erzielt würde.[5]

 

Rz. 9

Angesichts dessen, dass das BAG ausdrücklich ausführte, dass "eine derartige Leistung nicht an bestimmte Zahlungsmodalitäten gebunden ist", dürfte ganz allgemein kein Unterschied darin zu sehen sein, ob eine Sondervergütung i. S. d. § 4a EZFG jährlich ausgezahlt wird oder monatlich bzw. quartalsweise.[6]

 
Hinweis

Sondervergütungen zeichnen sich allein dadurch aus, dass sie nicht im direkten Gegenseitigkeitsverhältnis zu der vom Arbeitnehmer erbrachten Arbeitsleistung stehen. Die Zahlung erfolgt vielmehr im Hinblick auf den Wortbestandteil "Sonder-" zusätzlich bzw. neben der ausschließlich aufgrund der erbrachten Arbeitsleistung zu zahlenden Vergütung.[7]

 

Rz. 10

Die Vielfalt an Sondervergütungen, die von § 4a EFZG erfasst werden können, ist beachtlich und kann angesichts der in der betrieblichen Wirklichkeit vorkommenden Begrifflichkeiten kaum umfassend benannt werden: Prämien (z. B. Treue-, Jubiläums-, Erfolgs-, Unfallverhütungsprämien), zusätzliche Monatsgehälter, Urlaubs- und Weihnachtsgratifikationen, Tantiemen und Gewinnbeteiligungen und Jahressonderzahlungen aller Art.[8] Sonn- und Feiertagszuschläge stellen dagegen keine Sondervergütung i. S. d. § 4a EFZG dar.[9]

[1] Schmitt/Küfner-Schmitt, EFZG, 2018, § 4a, Rz. 17 mit Verweis auf BT-Drucks. 13/4612 S. 16; Kittner/Zwanziger/Deinert/Schoof, Arbeitsrecht, § 39, Rz. 203 schlägt eine Orientierung an § 23a SGB IV vor.
[2] Adam, ZTR 1998, S. 438 mit Verwe...

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