Rz. 93

Bei einem Selbstmordversuch geht die Rechtsprechung davon aus, dass den Arbeitnehmer regelmäßig kein Verschulden trifft.[1] Es sei von einem Erfahrungssatz auszugehen, dass bei einem Menschen, der einen Selbstmordversuch unternehme, die Freiheit der Selbstbestimmung erheblich eingeschränkt sei. Etwas anderes ist nur dann anzunehmen, wenn der Selbstmordversuch lediglich vorgetäuscht wurde; es sei denn, es liegt eine psychische Erkrankung zugrunde.[2] Der Arbeitgeber hat aber nicht nur in den Fällen eines vorgetäuschten Suizids die Möglichkeit, auf der Grundlage der Umstände des Einzelfalls ein Verschulden nachzuweisen. So kann der Arbeitnehmer durchaus in einem Zustand der freien Selbstbestimmung versucht haben, sich umzubringen; es muss dann der allgemeine Verschuldensmaßstab zur Anwendung kommen.

[1] BAG, Urteil v. 28.2.1979, 5 AZR 611/77, AP Nr. 44 zu § 1 LohnFG = DB 1979, 1803,

ErfK/Reinhard, 24. Aufl. 2024, § 3 EFZG, Rz. 30; Schmitt/Schmitt, EFZG, 9. Aufl. 2023, § 3 EFZG, Rz. 156; Feichtinger/Malkmus, EFZG, 2. Aufl. 2010, § 3 EFZG, Rz. 127.

[2] Schmitt/Schmitt, EFZG, 9. Aufl. 2023, § 3 EFZG, Rz. 157.

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