Der Mutterschutz erstreckt sich nicht nur auf den Inhalt des Arbeitsverhältnisses (in Form von Arbeits-, Gesundheitsschutz und Beschäftigungsverboten), sondern auch auf die Beendigung des Arbeitsverhältnisses. Das Gesetz sieht ein Kündigungsverbot für den Arbeitgeber, das Recht der Arbeitnehmerin zu einer Sonderkündigung bei Erhaltung von Rechtspositionen im Fall späterer Wiedereinstellung und Mitteilungspflichten des Arbeitgebers vor.

1.1 Kündigung durch den Arbeitgeber

Eine Kündigung des Arbeitsverhältnisses durch den Arbeitgeber während der Schwangerschaft und nach der Geburt unterliegt zunächst einmal allen Beschränkungen des allgemeinen Kündigungsschutzes, vor allem des Kündigungsschutzgesetzes, soweit dessen betrieblicher und persönlicher Anwendungsbereich eröffnet ist. Darüber hinaus werden solche Arbeitnehmerinnen durch ein sehr weitgehendes Kündigungsverbot geschützt. Kündigungen können in besonderen Fällen wirksam ausgesprochen werden, wenn sie zuvor von der zuständigen Stelle für zulässig erklärt wurden.

Das Kündigungsverbot gilt für jede Art der Kündigung, also für:

Das Verbot gilt auch für jeden denkbaren Kündigungsgrund, bei der ordentlichen Kündigung sowohl für verhaltensbedingte und personenbedingte als auch für betriebsbedingte Gründe. Für jeden Einzelfall prüft jedoch die Aufsichtsbehörde auf Antrag des Arbeitgebers, ob die Kündigung im konkreten Einzelfall doch zugelassen werden kann.

Eine ausnahmsweise zugelassene Kündigung muss wie andere Kündigungen auch schriftlich erklärt werden (§ 623 BGB). Die Erklärung muss folglich vom Arbeitgeber (oder vom kündigungsberechtigten Mitarbeiter) unterschrieben sein. Die Kündigungserklärung muss zudem den zulässigen Kündigungsgrund angeben (§ 17 Abs. 2 Satz 2 MuSchG). Ob eine fehlende Angabe des Kündigungsgrunds zur Unwirksamkeit der Kündigung führt, ist in der Literatur umstritten. Es besteht allerdings das große Risiko, dass die Rechtsprechung parallel zu der Bestimmung des § 22 Abs. 3 BBiG Kündigungen ohne Angabe des Kündigungsgrunds für unwirksam halten wird. Zur Vermeidung dieses Risikos ist empfehlenswert, den Kündigungsgrund regelmäßig anzugeben.[1] Eine schlagwortartige Begründung wie z. B. "betriebsbedingt" reicht nicht aus. Es ist zweifelhaft, ob der Arbeitgeber Gründe, die er im Kündigungsschreiben nicht angegeben hat, in einem Kündigungsschutzprozess nachschieben kann.

Das Kündigungsverbot des § 17 MuSchG kann mit dem während der Elternzeit[2] konkurrieren. Überschneidungen gibt es, wenn die Arbeitnehmerin sofort oder innerhalb von 4 Monaten nach der Entbindung in Elternzeit geht, oder eine Arbeitnehmerin während der Elternzeit erneut schwanger wird. In solchen Fällen finden beide Schutzvorschriften nebeneinander Anwendung. Vor einer Kündigung sind dann folglich die Zustimmungen nach beiden Vorschriften erforderlich. Stellt der Arbeitgeber beide Anträge gleichzeitig, so sollte er klar zum Ausdruck bringen, dass die Zustimmungen nach beiden Vorschriften begehrt werden.

[1] Vgl. BAG, Urteil v. 25.11.1976, 2 AZR 751/75 zu den wortgleichen Vorläuferbestimmungen in § 15 Abs. 3 BBIG a. F.

1.1.1 Inhalt des Kündigungsverbots

§ 17 Abs. 1 MuSchG erklärt eine Kündigung für unzulässig, wenn sie gegenüber einer Arbeitnehmerin während der Schwangerschaft oder bis zum Ablauf von 4 Monaten nach der Entbindung oder nach einer Fehlgeburt nach der 12. Schwangerschaftswoche ausgesprochen wird. Ausschlaggebend ist der Zeitpunkt, zu dem die Kündigungserklärung zugeht, nicht der Beendigungszeitpunkt.

 
Praxis-Beispiel

Kündigungszugang während der Schwangerschaft

Schwangerschaft vom 1.2.2023 bis 31.10.2023, Schutz nach Entbindung vom 1.11.2023 bis 29.2.2024.

Kündigungszugang am 15.1.2023 zum 30.6.2023: wirksam, Arbeitsverhältnis endet am 30.6.2023.

Kündigungszugang am 15.2.2023 zum 30.6.2023: unwirksam, Arbeitsverhältnis besteht weiter.

Kündigungszugang am 15.2.2024 zum 30.6.2024: unwirksam, Arbeitsverhältnis besteht weiter.

Kündigungszugang am 1.3.2024 zum 30.6.2024: wirksam, Arbeitsverhältnis endet am 30.6.2024.

(Einhaltung der Kündigungsfristen jeweils unterstellt).

Beginn des Kündigungsverbots

Das Kündigungsverbot beginnt ab Eintritt der Schwangerschaft. Dieser Zeitpunkt ist auch maßgebend, wenn die Schwangerschaft erst später festgestellt wurde. Für die Ermittlung des genauen Beginns der Schwangerschaft ist zunächst von dem ärztlichen Zeugnis nach § 3 Abs. 1 Satz 3 MuSchG auszugehen. Darin ist der voraussichtliche Geburtstermin angegeben. Von diesem Tag an sind 280 Tage zurückzurechnen[1], wobei der voraussichtliche Tag der Entbindung nicht mitzuzählen ist.[2] Dem Arbeitgeber ist es aber unbenommen, den Beweiswert der ärztlichen Bescheinigung zu erschüttern und Umstände darzulegen – und im Prozess auch zu beweisen –, aufgrund derer es der wissenschaftlich gesicherten Erkenntnis widersprechen würde, von einer Schwangerschaft der Arbeitnehmerin bei Kündigungszugang auszugehen. Möglich ist dies beispielsweise durch ein Sachverständigengutachten, das b...

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