Verfassungsrechtlich kann jede Art von Mitarbeiterüberwachung gegen das Persönlichkeitsrecht des Arbeitnehmers aus Art. 2 Abs. 1 GG i. V. m. Art. 1 Abs. 1 GG in Gestalt des Rechts am eigenen Bild und der informationellen Selbstbestimmung verstoßen. Eingriffe in dieses Recht müssen durch schutzwürdige Belange des Arbeitgebers oder anderer Grundrechtsträger gerechtfertigt sein.[1]

Allgemeine Angemessenheit der Überwachung

Die grundrechtlich geforderte Angemessenheit von Überwachungsmaßnahmen richtet sich nach deren Eingriffsintensität (Dauer und Art, Anlass und drohende Beeinträchtigungen des Arbeitgeberinteresses). Soweit das BDSG tatbestandlich[2] eingreift, stellt es die Konkretisierung der verfassungsrechtlichen Eingriffsgrenzen dar. Ist eine Maßnahme nach der für das Arbeitsverhältnis maßgeblichen Norm des § 26 BDSG zulässig, fehlt es auch an einer Verletzung des Grundrechts auf informationelle Selbstbestimmung oder des Rechts am eigenen Bild.[3] Durch die unmittelbare Anwendung der europäischen Datenschutz-Grundverordnung wird es künftig dabei in stärkerem Maße auch auf die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) ankommen. Die mit der Mitarbeiterüberwachung regelmäßig verbundene Datenverarbeitung muss sowohl nach deutschem als auch nach europäischem Recht zulässig sein. Die Zulässigkeit kann sich aus der allgemeinen Erlaubnisnorm des § 26 BDSG (als Ausgestaltung der Öffnungsklausel des Art. 88 DSGVO), spezialgesetzlichen Vorschriften[4] oder aufgrund einer Einwilligung[5] als mögliche Erlaubnistatbestände ergeben. Eine Einwilligung liegt nicht schon in der unwidersprochenen Hinnahme einer arbeitgeberseitigen Information über den Einsatz von Überwachungsmaßnahmen.[6] Die Konkretisierung der verfassungsrechtlich gebotenen Angemessenheit erfolgt bei § 26 BDSG durch den unbestimmten Rechtsbegriff der "Erforderlichkeit" der Datenverarbeitung. Dabei stehen die beiden Erlaubnisnormen des § 26 Abs. 1 Satz 1 und Satz 2 BDSG selbstständig nebeneinander. Insbesondere kommt Satz 2 gegenüber Satz 1 keine Sperrwirkung zu, wenn der Arbeitgeber nur den konkreten Verdacht einer schwerwiegenden Pflichtverletzung des Arbeitnehmers hat, nicht aber den einer im Beschäftigungsverhältnis begangenen Straftat[7]. Danach ist die heimliche Videoüberwachung eines Arbeitnehmers zulässig, wenn der konkrete Verdacht einer strafbaren Handlung oder einer anderen schweren Verfehlung zulasten des Arbeitgebers besteht, weniger einschneidende Mittel zur Aufklärung des Verdachts ergebnislos ausgeschöpft sind, die verdeckte Videoüberwachung damit praktisch das einzig verbleibende Mittel darstellt und sie insgesamt nicht unverhältnismäßig ist.[8]

Bei einer Videoüberwachung in öffentlich zugänglichen Räumen ist § 4 BDSG zu beachten.[9] Dabei ist eine verdeckte Videoüberwachung im öffentlichen Raum auch ohne Kenntlichmachung zulässig, wenn diese das in Anbetracht der hohen Eingriffsintensität einzige zur Verfügung stehende Mittel zur Überführung von Arbeitnehmern ist, die der Begehung von Straftaten konkret verdächtig sind.[10] In übrigen Fällen der Videoüberwachung öffentlich zugänglicher Räume sind die weiteren Vorgaben des § 4 BDSG zu beachten: Die Überwachung muss der Wahrnehmung des Hausrechts bzw. sonstiger, konkret festgelegter Zwecke dienen. Fehlt es an diesen Voraussetzungen, besteht auch ein prozessuales Beweisverwertungsverbot.[11]

Die Speicherung von Bildsequenzen, die objektiv geeignet sind, den mit einer rechtmäßigen Videoaufzeichnung verfolgten Zweck zu fördern, bleibt grundsätzlich erforderlich, bis der Zweck erreicht, aufgegeben oder nicht mehr erreichbar ist. Eine etwaige Pflicht, das gesamte Bildmaterial zeitnah zu sichten, dient allein dazu, die – eindeutig – nicht zweckrelevanten Passagen zu identifizieren und zu löschen. Eine Missachtung dieser Pflicht lässt jedoch den Bedarf an den zweckrelevanten Passagen nicht entfallen. Diese dürfen auch nach einer "Bedarfsklärung" – zumindest vorerst – gespeichert bleiben.[12] Eine Speicherung von Aufzeichnungsteilen, die Eigentumsdelikte von Mitarbeitern belegen, ist regelmäßig angemessen. Der rechtmäßig gefilmte Vorsatztäter ist in Bezug auf die Aufdeckung und Verfolgung seiner materiell-rechtlich noch verfolgbaren Tat nicht schutzwürdig. Eine solche Schutzwürdigkeit entsteht auch nicht – quasi zwangsläufig – durch bloßen Zeitablauf. Das allgemeine Persönlichkeitsrecht kann nicht in Anspruch genommen werden, um sich vor dem Eintritt von Verfall, Verjährung oder Verwirkung der Verantwortung für vorsätzlich rechtswidriges Handeln zu entziehen.[13]

Der Einsatz von Keyloggern u. ä. Programmen ist nach Ansicht der Rechtsprechung von vergleichbarer Eingriffsintensität – der Arbeitnehmer ist damit einer umfassenden und regelmäßig nicht erforderlichen Eingriffstiefe ausgesetzt, da auf diese Weise ein umfassendes privates und dienstliches Nutzungsprofil erstellt werden kann. Die Grundsätze zum prozessualen Beweisverwertungsverbot gelten in diesem Fall in gleicher Weise: Es bedarf eine...

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