Entscheidungsstichwort (Thema)

Elterngeld. Anrechnung von nachgeburtlichem Einkommen aus fortbestehendem Arbeitsverhältnis. geldwerter Vorteil. Dienstwagennutzung. Arbeitgeberdarlehen. Gleichheitssatz. Vertrauensschutz. grobe Fahrlässigkeit. keine Angabe von geldwerten Vorteilen im Elterngeldantrag. keine Hinweispflicht der Behörde. sozialgerichtliches Verfahren. prozessuale Teilbarkeit des Elterngeldbescheids. Arbeitslohn. Regelmäßiger Sachbezug. Ermessen. Erstattung. Vorläufigkeitsvorbehalt. Vorschuss

 

Orientierungssatz

1. Erzielt der Elterngeldberechtigte nach der Geburt des Kindes weiterhin Einkommen aus dem fortbestehenden Arbeitsverhältnis (hier geldwerte Vorteile in Form von Dienstwagennutzung und Arbeitgeberdarlehen), erfolgt nach § 2 Abs 3 idF vom 5.12.2006 BEEG eine Anrechnung dieses Einkommens auf das Elterngeld.

2. Hierin liegt keine gegen Art 3 GG verstoßende Ungleichbehandlung mit Nichterwerbstätigen.

3. Der Elterngeldberechtigte kann sich nicht auf Vertrauensschutz nach § 45 Abs 2 SGB 10 berufen, wenn er im Antrag zum Elterngeld die Erzielung von Einkommen (hier die weiter bezogenen geldwerten Vorteile) nicht angegeben hat.

4. Die Verwaltungsbehörde hat nicht die Pflicht, etwa in einem Merkblatt darauf hinzuweisen, dass bei rechtzeitiger Veranlassung elterngeldoptimierende Handlungsoptionen (hier Aussetzung der geldwerten Vorteile) bestanden hätten.

5. Ob eine Klage, mit der nur für einzelne Lebensmonate ein höheres Elterngeld begehrt wird, zulässig oder mangels Teilbarkeit des Elterngeldbescheids unzulässig ist, wird offengelassen.

 

Normenkette

BEEG § 1 Abs. 1, § 2 Abs. 1, 3, 7, § 8 Abs. 3; EStG § 19 Abs. 1 S. 1 Nr. 1; SGB X § 45 Abs. 2 S. 3 Nr. 2, § 50 Abs. 1, § 39 Abs. 2; SGB I § 42 Abs. 2; GG Art. 3

 

Nachgehend

BSG (Beschluss vom 08.08.2013; Aktenzeichen B 10 EG 16/13 B)

BSG (Beschluss vom 17.06.2013; Aktenzeichen B 10 EG 6/13 B)

 

Tenor

Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 24.04.2012 aufgehoben und die Klage abgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind in beiden Instanzen nicht zu erstatten.

 

Tatbestand

Im Streit steht die Höhe des Elterngeldes für das Kind A. B. (im Folgenden: A).

Die im Jahr 1972 geborene, verheiratete Klägerin ist Mutter der am 05.12.2008 geborenen A. Sie lebt mit A in einem gemeinsamen Haushalt in Deutschland und betreut und erzieht das Kind selbst. Sie ist seit 2001 bei der D. AG abhängig beschäftigt.

Vor der Geburt von A bezog die Klägerin ab dem 24.10.2008 Mutterschaftsgeld. Im Zeitraum vom 01.10.2007 bis 30.09.2008 hatte sie Bruttoeinkünfte aus nichtselbständiger Arbeit in Höhe von insgesamt 84.187,91 €. Darin waren geldwerte Vorteile aus regelmäßigen Sachbezügen in Form eines Arbeitgeberdarlehens sowie eines Dienstwagens mit enthalten. In dem genannten Zeitraum entfielen auf das Einkommen der Klägerin insgesamt 26.997,16 € Steuern und Beiträge zur Sozialversicherung in Höhe von 7.431,09 €.

Nach der Geburt von A bezog sie zunächst bis 30.01.2009 Mutterschaftsgeld. Ihre Arbeitstätigkeit übte die Klägerin zunächst nicht aus, erhielt jedoch von ihrem Arbeitgeber weiterhin geldwerte Vorteile für ihren Dienstwagen, den sie noch bis Ende März 2009 privat nutzte, sowie für das Arbeitgeberdarlehen in folgender Höhe:

Zeitraumbeiträge

Bruttoeinkommen

Steuern

Sozialversicherungsbeiträge

05.03.-31.03.2009

476,70 €

0       

54,12 €

April 2009

45,49 €

0       

5,17 €

Mai 2009

44,94 €

0       

5,10 €

Juni 2009

44,40 €

0       

5,04 €

Summe 

611,53 €

0       

69,43 €

Am 04.07.2009 nahm sie wieder ihre Arbeit im Umfang von 27,38 Wochenstunden auf. Im Zeitraum vom 04.07.2009 bis 04.11.2009 hatte sie Bruttoeinkünfte in Höhe von insgesamt 21.532,57 €. Hierauf entfielen Steuern in Höhe von 5.827,67 € und Beiträge zur Sozialversicherung in Höhe von 2.472,03 €.

Am 27.05.2009 beantragte die Klägerin die Gewährung von Elterngeld für den vierten bis elften Lebensmonat von A. Im Antragsformular gab sie an, erst ab Juli 2009 wieder Einkommen zu erzielen. Mit Bescheid vom 15.07.2009 bewilligte die Beklagte vorläufig Elterngeld in Höhe von 300,00 € monatlich für den vierten bis siebten Lebensmonat von A. Nach Vorlage der erforderlichen Einkommensnachweise werde der Anspruch überprüft. Am 17.07.2009 erging ein Änderungsbescheid, mit dem die Beklagte das Elterngeld für den vierten bis siebten Lebensmonat von A auf monatlich 1.800,00 € festsetzte. Der Anspruch sei überprüft worden. Der Bescheid vom 15.07.2009 werde entsprechend geändert. Über den Anspruch ab dem achten Lebensmonat könne erst entschieden werden, wenn die Arbeitgeberbescheinigung eingereicht werde. Die übrigen Bestimmungen des Bescheides vom 15.07.2009 behielten weiterhin ihre Gültigkeit.

Am 31.07.2009 ging bei der Beklagten die Arbeitgeberbescheinigung für das nachgeburtliche Einkommen der Klägerin ein. Mit Änderungsbescheid vom 19.08.2009 setzte die Beklagte das Elterngeld für den vierten bis elften Lebensmonat vorläufig auf monatlich 784,53 € fest. Der Bescheid vom 17.07.2009 werde insoweit abgeändert. Der Dif...

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