Einen Zugriff auf Arbeitseinkommen auch bei Lohnhinterziehung ermöglicht § 850h ZPO. Diese Gläubigerschutzvorschrift soll verhindern, dass Schuldnereinkommen durch eine vertragliche Umgehungsgestaltung dem Zugriff des Gläubigers entzogen wird. Sie erfasst

  • die Lohnschiebung, die in der Vereinbarung des Schuldners mit seinem Arbeitgeber liegt, dass die Vergütung für Arbeiten oder Dienste des Schuldners ganz oder teilweise an einen Dritten bewirkt werden soll, mit der somit der Lohnanspruch sogleich in der Person des Dritten begründet wird;
  • die Lohnverschleierung, die in einer unentgeltlichen oder unverhältnismäßig gering vergüteten ständigen Arbeitsleistung des Schuldners zu erblicken ist.

5.6.1 Lohnverschiebung

Der Lohnschiebung[1] liegt ein Lohnbegrenzungsvertrag zugrunde, nach dem sich der Empfänger der Dienst- oder Arbeitsleistung vertraglich verpflichtet hat, die Vergütung an einen Dritten (typischerweise der Ehegatte o. Ä.) zu zahlen, ohne dass es sich um eine Abtretung handelt. Vollstreckungsrechtlich bleibt die dem Dritten vom Drittschuldner zu zahlende Vergütung Schuldnervermögen. Der Anspruch des Dritten wird daher kraft Gesetz von der Pfändung des Schuldnereinkommens erfasst.[2] Deshalb verbietet sich für den Arbeitgeber als Drittschuldner ohne Rücksicht darauf, ob das (Schiebungs-) Verhältnis im Pfändungsbeschluss bezeichnet ist oder nicht, auch jede Leistung an den Drittberechtigten. Die dem Drittberechtigten geschuldete Vergütung kann vom Gläubiger des Schuldners, dem Arbeitnehmer, aber auch unmittelbar gepfändet werden.[3]

5.6.2 Lohnverschleierung

Die Lohnverschleierung[1] erfasst Fälle regelmäßiger, üblicherweise vergütungspflichtiger Dienst- oder Arbeitsleistung des Schuldners für den Drittschuldner, der dafür keine oder eine nur unverhältnismäßig geringe Vergütung erhält. Typische Fälle der Lohnverschleierung sind die Tätigkeit des Ehemanns im Geschäft der Ehefrau, die Arbeitsleistung des Sohns im elterlichen Betrieb oder die Beschäftigung eines verschuldeten Elternteils im Unternehmen eines Kinds gegen Kost, Wohnung sowie ein kleines Taschengeld. Vollstreckungsrechtlich geschuldet wird dann im Verhältnis des Gläubigers zu dem Empfänger der Arbeits- und Dienstleistungen eine "angemessene" Vergütung. Ob ein Verhältnis vorliegt, bei dem eine unverhältnismäßig geringe Vergütung vorliegt, ist fallbezogen zu beurteilen. Eine Vergütung über 75 % der üblichen Vergütung ist nicht automatisch verhältnismäßig.[2] Wenn diese "angebliche" Vergütung gepfändet ist, hat bei Streit des Gläubigers mit dem Drittschuldner das Prozessgericht zu entscheiden, ob und in welcher Höhe davon nach den Umständen des Einzelfalls eine "angemessene" Vergütung erfasst ist. Diese beiden Fälle der Lohnhinterziehung weisen vielerlei Besonderheiten auf. Wegen Einzelheiten über Pfändung und Pfändungswirkungen muss daher auf die ZPO-Kommentare verwiesen werden.

[2] BGH, Urteil v. 22.10.2008, 10 AZR 703/07, NZA 2009 S. 163, DB 2009 S. 403.

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