Entscheidungsstichwort (Thema)

Vertragsänderung. konkludent. unmittelbar praktizierte Änderung der Vertragsbedingungen ohne Widerspruch des Arbeitnehmers

 

Leitsatz (amtlich)

Eine vom Arbeitgeber veranlasste Änderung der vertraglichen Bedingungen ist nur dann als konkludente Vertragsänderung anzusehen, wenn über das Schweigen des Arbeitnehmers hinaus weitere Umstände vorliegen, die den Schluss zulassen, der Arbeitnehmer sei mit der Änderung einverstanden. Die widerspruchslose Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses kann ein solcher Umstand sein.

 

Normenkette

BGB §§ 130, 145, 147, 151

 

Verfahrensgang

ArbG Nürnberg (Urteil vom 23.02.2009; Aktenzeichen 2 Ca 5446/08)

 

Tenor

1. Die Berufung der Beklagten gegen das Endurteil des Arbeitsgerichts Nürnberg vom 23.02.2009 wird kostenpflichtig zurückgewiesen.

2. Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten um Urlaubsgeld für das Jahr 2008.

Die Klägerin wurde zum 01.01.1986 von der Firma A. AG als gewerbliche Arbeitnehmerin eingestellt und war später (in den 90iger Jahren) infolge eines Betriebsüberganges bei der A. Hausgeräte GmbH beschäftigt. Zum 01.01.2001 wurde sie ins Angestelltenverhältnis übernommen. In dem entsprechenden Vertrag vom 18.12.2000 heißt es:

„Bestandteil Ihres Arbeitsvertrages sind in ihrer jeweils gültigen Fassung:

  1. die tarifvertraglichen Regelungen für Angestellte in der Bayerischen Metallindustrie
  2. –…”

Mit einem Schreiben der A. Hausgeräte GmbH und der Beklagten vom 22.07.2005 teilten diese der Klägerin u.a. mit, es finde zum 01.09.2005 ein Betriebsübergang auf die Beklagte statt. Das Schreiben lautet auszugsweise:

„Die E. Hausgeräte Vertriebs GmbH wird Mitglied des Landesverbandes Groß- und Außenhandel, Vertrieb- und Dienstleistungen Bayern, Unternehmer- und Arbeitgeberverband der intermediären Wirtschaft e.V – ggf. in dem jeweils regional tätigen Landesverband – und beabsichtigt, mit allen Arbeitnehmern die Anwendung des Bayerischen Tarifvertrags zu vereinbaren.

Da der Bayerische Manteltarifvertrag des Groß- und Außenhandels allgemeinverbindlich ist, könnte dieser ab 01.09.2005 in vollem Umfang angewendet werden. E. Hausgeräte Vertriebs GmbH beschränkt sich jedoch darauf, dass für Vollzeitbeschäftigte aus dem Regelwerk dieses Manteltarifvertrages im ersten Jahr nach Betriebsübergang ausschließlich die regelmäßige Arbeitszeit von wöchentlich 38,5 Stunden gilt, es sei denn, es besteht bereits eine darüber hinaus gehende Arbeitszeit.

Rechtzeitig vor Ablauf des 31.08.2006 wird unter Berücksichtigung der zu diesem Zeitpunkt gegebenen wirtschaftlichen Rahmenbedingungen der E. Hausgeräte Vertriebs GmbH geprüft, in welchem Umfang und ab welchem Zeitpunkt die sonstigen Regelungen des Bayerischen Manteltarifvertrages des Groß- und Außenhandels angewendet werden sollen.”

Die Beklagte zahlte der Klägerin im Juni 2006 ein Urlaubsgeld in Höhe von 2.071,05 EUR brutto. Dies entsprach dem Urlaubsgeld des Manteltarifvertrags für die Angestellten der Bayerischen Metallindustrie.

Mit Schreiben vom 08.08.2006 teilte die Beklagte der Klägerin mit, ab 01.09.2006 würden alle Regelungen des Bayerischen Manteltarifvertrages des Groß- und Außenhandels zur Anwendung kommen.

Unter dem 20.12.2006 sandte die Beklagte der Klägerin den Entwurf eines neuen Arbeitsvertrags mit der Bitte um Unterschrift zu. Die Klägerin schickte den Entwurf, ohne ihn zu unterschreiben, an die Beklagte zurück.

Im Juni 2007 zahlte die Beklagte an die Klägerin ein Urlaubsgeld nach dem Manteltarifvertrag des Groß- und Außenhandels, allerdings in doppelter Höhe.

Die Beklagte zahlte an die Klägerin im Juni 2008 entsprechend den tariflichen Bestimmungen für den Groß- und Außenhandel Urlaubsgeld in Höhe von 521,40 EUR brutto.

Mit der Klage vom 22.08.2008 macht die Klägerin den Differenzbetrag zum Urlaubsgeld geltend, wie es sich aus dem Manteltarifvertrag für die Arbeitnehmer der Bayerischen Metallindustrie ergibt.

Das Arbeitsgericht Nürnberg gab der Klage mit Urteil vom 23.02.2009 statt.

Das Urteil wurde der Beklagten am 20.03.2009 zugestellt.

Die Beklagte legte gegen das Urteil am 08.04.2009 Berufung ein und begründete sie gleichzeitig.

Die Beklagte führt aus, (auch) hinsichtlich des Urlaubsgeldes sei die neue tarifvertragliche Regelung Vertragsinhalt geworden. Der Hinweis in den beiden Schreiben vom 22.07.2005 und 08.08.2006 habe auch das Urlaubsgeld umfasst. Der Klägerin sei daher die neue Rechtsgrundlage erkennbar gewesen und trotzdem sei das Arbeitsverhältnis widerspruchslos fortgesetzt worden. Auch die Zahlung des Weihnachtsgeldes 2007 nach dem Manteltarifvertrag für den Groß- und Außenhandel habe die Klägerin akzeptiert. Die Vertragsbedingungen seien dadurch, dass die Klägerin die Tätigkeit auf der Basis der Tarifverträge des Groß- und Außenhandels fortgesetzt habe, abgeändert worden. Dies gelte auch für das Urlaubsgeld. Insbesondere habe die Klägerin zu den Arbeitszeiten des Groß- und Außenhandels gearbeitet.

Die Beklagte beantragt:

  1. Das Endurteil des Arbeitsgerichts Nürnberg vom 23.02.2009, Az.: 2 Ca 5...

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