Entscheidungsstichwort (Thema)

Kleiderordnung, Berufskleidung, Kostentragung. Kostenpauschale, Inhaltskontrolle eines Formulararbeitsvertrages. Kostenpauschale für Berufskleidung in einem Formulararbeitsvertrag

 

Leitsatz (amtlich)

Eine Regelung in einem Formulararbeitsvertrag, nach der pauschalierte Kosten für die Reinigung und Wiederbeschaffung arbeitgeberseitig gestellter Berufskleidung auch für Zeiträume erhoben werden, in denen der Arbeitnehmer unter Fortzahlung der Vergütung von der Arbeitsleitung befreit (Urlaub, Krankheit) oder nicht verpflichtet ist, die Berufskleidung zu tragen, verstößt gegen § 307 Abs. 1 BGB.

 

Normenkette

BGB § 307 Abs. 1, §§ 618-619

 

Verfahrensgang

ArbG Emden (Urteil vom 26.10.2006; Aktenzeichen 2 Ca 350/06)

 

Nachgehend

BAG (Urteil vom 17.02.2009; Aktenzeichen 9 AZR 676/07)

 

Tenor

Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Arbeitsgerichts Emden vom 26.10.2006 – 2 Ca 350/06 – abgeändert.

Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 47,97 EUR netto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszins seit dem 13.07.2006 zu zahlen.

Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.

Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten darüber, ob die Beklagte berechtigt ist, von der Vergütung der Klägerin pauschalierte Kosten für die von ihr zur Verfügung gestellte Berufskleidung einzubehalten.

Die Klägerin ist seit dem 01.02.1985 bei der Beklagten in deren Verbrauchermarkt in B. als Einzelhandelskauffrau im Bereich Obst und Gemüse in Teilzeit beschäftigt. Dem Arbeitsverhältnis liegt der Arbeitsvertrag vom 01.02.1988 zugrunde. Darin heißt es u. a. (Bl. 14 bis 17 d. A.):

„…

§ 23

Berufskleidung

Der Arbeitnehmer verpflichtet sich, die vom Arbeitgeber vorgeschriebene Berufskleidung zu tragen. Die Anschaffungskosten gehen zu Lasten des Arbeitnehmers.

Es gelten folgende Sonderbestimmungen:

Der Arbeitnehmer verpflichtet sich, die vom Arbeitgeber zur Verfügung gestellte Berufsbekleidung zu tragen und mit dieser pfleglich umzugehen. Der Arbeitgeber trägt sämtliche Pflege- und Wiederbeschaffungskosten; der Arbeitnehmer beteiligt sich an diesen Kosten mit einem monatlichen Betrag von DM 15,00. Dieser Betrag wird mit seinen Monatsbezügen verrechnet.”

Auf das Arbeitsverhältnis finden kraft beiderseitiger Tarifbindung die Tarifverträge für den Niedersächsischen Einzelhandel Anwendung. Die Klägerin erzielt ein Bruttomonatsgehalt in Höhe von 1.583,93 EUR. Dies entspricht dem anteiligen Tarifgehalt für ihre Teilzeitbeschäftigung.

Gesetzliche Vorschriften, die das Tragen von Berufskleidung im Bereich Obst und Gemüse in dem Verbrauchermarkt erfordern, bestehen nicht.

Die Regelungen zum Tragen der Berufskleidung ergeben sich aus einer Betriebsvereinbarung vom 14.04.2005. Darin heißt es u. a. (Bl. 6, 7 d. A.):

㤠1

Ständige Mitarbeiter (Voll- und Teilzeitkräfte) in den Häusern der Combi – Verbrauchermärke sowie die geringfügig Beschäftigten erhalten Berufskleidung gem. nachfolgender Regelung.

§ 2

Mitarbeiter/-innen in dem Bereich „Markt” erhalten – abhängig von ihren Einsatztagen – als Erstausstattung max. 5 Westen, 11 Blusen/Hemden und 4 Krawatten/Fliegen und die O & G Abteilung als Erstausstattung max. 5 Schürzen.

Die Reinigung der Berufskleidung erfolgt im wöchentlichen Rhythmus und wird durch die jeweilige Reinigungsfirma durchgeführt.

§ 3

Die Berufskleidung geht nicht in das Eigentum des Mitarbeiters über.

§ 4

Das Tragen der Berufskleidung auf dem Betriebsgelände ist Pflicht und von der Marktleitung zu überwachen. Sollte im Sommer eine Temperatur von 25° C im Markt überschritten werden, kann anstatt Hemd / Bluse ein eigenes weißes T-Shirt getragen werden. Zu diesem Zeitpunkt geschieht das Tragen der Krawatten / Fliegen auf freiwilliger Basis. Westen werden geschlossen getragen.

§ 5

Alle Blusen, Hemden und Westen werden mit dem persönlichen Namen des jeweiligen Beschäftigten versehen.

§ 6

Für die Berufskleidung muss eine Lagerungsmöglichkeit im jeweiligen Markt vor handen sein. Umkleidemöglichkeiten müssen für alle Mitarbeiter/innen im Markt gegeben sein.

…”

Die Kostenbeteiligungspauschale für die Berufskleidung betrug bis einschließlich Dezember 2005 monatlich 8,94 EUR, seit Januar 2006 beträgt sie monatlich 7,05 EUR (Bl. 20 d. A.). Sie ist in den Verdienstabrechnungen der Klägerin als Kittelgebühr ausgewiesen und wird von dem ausgewiesenen Nettolohnanspruch der Klägerin abgezogen (Bl. 29 d. A.).

Mit Schreiben vom 27.06.2005 forderte die Klägerin die Beklagte vergeblich dazu auf, die einbehaltene Pauschale für die Berufskleidung für die Monate März bis Mai 2005 an sie auszuzahlen, weil die Beteiligung der Arbeitnehmer an den Kosten der Berufskleidung nicht zulässig sei.

Mit ihrer am 07.07.2006 beim Arbeitsgericht Emden eingegangenen Klage wendet sich die Klägerin gegen die einbehaltene Kostenpauschale in den Monaten März bis Mai 2005 sowie in den Monaten April bis Juni 2006. Die Klägerin hat die Ansicht vertreten, die Regelung in § 23 des Arbeitsvertrages sei wegen unangemessener Benachteiligung unwirksam. Die...

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