Entscheidungsstichwort (Thema)

Keine Urlaubsgewährung durch den Arbeitgeber für einen Berufsschultag des Arbeitnehmers bzw. Auszubildenden

 

Leitsatz (redaktionell)

Durch eine Urlaubserteilung wird der Arbeitnehmer bzw. Auszubildende von der vertraglichen Pflicht befreit, zu arbeiten bzw. sich im Betrieb ausbilden zu lassen. Im Fall einer Freistellung für die Teilnahme am Berufsschulunterricht (§ 15 Abs. 1 S. 1 BBiG) ist eine Befreiung durch arbeitgeberseitige Urlaubsgewährung ausgeschlossen, da an diesem Tag keine Arbeitspflicht bzw. Pflicht besteht, sich im Betrieb ausbilden zu lassen (§ 13 S. 2 Nr. 1 BBiG).

 

Normenkette

BUrlG § 7 Abs. 1; BBiG § 13 S. 2 Nr. 1, § 15 Abs. 1 Nr. 1; JArbSchG § 19 Abs. 3; BWSchG § 72 Abs. 3, § 78 Abs. 2 S. 3; BGB §§ 133, 157

 

Verfahrensgang

ArbG Augsburg (Entscheidung vom 18.12.2019; Aktenzeichen 1 Ga 5/19)

 

Tenor

1. Auf die Berufung der Verfügungsbeklagten wird das Endurteil des Arbeitsgerichts Augsburg vom 18.12.2019 - 1 Ga 5/19 - abgeändert.

2. Der Antrag des Verfügungsklägers wird abgewiesen.

3. Der Verfügungskläger trägt die Kosten des Rechtsstreits beider Instanzen.

 

Tatbestand

Von der Darstellung des Tatbestandes wird nach §§ 69 Abs. 4 Satz 2, Halbsatz 2 ArbGG, § 313 a Abs. 1 Satz 1 ZPO abgesehen.

 

Entscheidungsgründe

I.

Das Rechtsmittel der Verfügungsbeklagten ist zulässig.

1. Das Rechtsmittel ist gemäß § 64 Abs. 1, Abs. 2 lit. a) ArbGG statthaft, da es vom Arbeitsgericht durch Beschluss vom 28.01.2020 gemäß § 64 Abs. 3a ArbGG zugelassen wurde. An diese Entscheidung ist das Berufungsgericht gemäß § 64 Abs. 4 ArbGG gebunden; es kommt mithin nicht darauf an, ob die Zulassung zu Recht erfolgt ist.

2. Das Rechtsmittel ist auch im Übrigen zulässig, insbesondere form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden (§§ 66 Abs. 1, 11 Abs. 4, 64 Abs. 6 ArbGG, §§ 519 Abs. 2, 520 Abs. 3 ZPO).

3. Soweit der Verfügungskläger die Unzulässigkeit des Rechtsmittels geltend macht und sich auf das Urteil des Landesarbeitsgerichts Köln vom 27.01.2011 - 6 SaGa 11/10 (Juris) - bezieht, kann ihm nicht gefolgt werden. Die herangezogene Entscheidung verhält sich zur Statthaftigkeit des Rechtsmittels nach § 64 Abs. 2 lit b) ArbGG; diese Fallgruppe der Statthaftigkeit ist hier ohne Bedeutung, da - wie dargestellt - die Statthaftigkeit bereits aus § 64 Abs. 2 lit a) ArbGG folgt. Soweit das Landesarbeitsgericht Köln die notwendige "Beschwer" verneint hat, hat es ersichtlich auf den Wert des Beschwerdegegenstandes i.S.v. § 64 Abs. 2 lit b) ArbGG abgestellt.

Sollte der Verfügungskläger geltend machen wollen, dass die (allgemeine) Beschwer fehlt, die Voraussetzung für die Zulässigkeit jedes Rechtsmittels ist, so ist auch dies nicht richtig. Die auf Beklagtenseite maßgebliche materielle Beschwer ist vielmehr zu bejahen, denn die Verfügungsbeklagte wurde vom Erstgericht verurteilt.

II.

Die Berufung der Verfügungsbeklagten ist auch begründet. Denn die - wirksam geänderte - Verfügungsklage unterliegt der Klageabweisung.

1. Der Verfügungskläger hat den Verfügungsantrag für erledigt erklärt. Da sich die Verfügungsbeklagte der Erledigterklärung nicht angeschlossen hat, ist der Rechtsstreit in der Hauptsache noch anhängig. Dass es vorliegend um ein Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes handelt, ändert daran nichts Das Petitum des Verfügungsklägers ist nunmehr jedoch auf die Feststellung gerichtet, dass der Verfügungsantrag zum Zeitpunkt des Urlaubsendes, das der Kläger als erledigendes Ereignis ansieht, zulässig und begründet war (vgl. Zöller/Vollkommer, § 91 a ZPO, Rn. 58, Stichw.: "Arrest und einstweilige Verfügung").

2. Das ist jedoch nicht der Fall, schon weil der Verfügungsanspruch entgegen der Auffassung des Arbeitsgerichts zu keinem Zeitpunkt begründet war.

2.1. Der Urlaubsantrag des Verfügungsklägers war gemäß §§ 133, 157 BGB dahin zu verstehen, dass ihm das Fernbleiben an sämtlichen Arbeitstagen zwischen dem 03.01.2020 und dem 13.01.2020 durch Urlaubsgewährung ermöglicht werden sollte. Sein Urlaubswunsch betraf auch den Berufsschultag am 08.01.2020. Sein Urlaubswunsch war nicht - auch nicht hilfsweise - darauf gerichtet, Urlaub für einen oder mehrere Teilzeiträume im genannten Gesamtzeitraum zu erhalten. Vor dem - der Verfügungsbeklagten in Folge der Diskussionen um die Urlaubsgewährung bekannten - Hintergrund, dass der Verfügungskläger im Gesamtzeitraum eine Flugreise unternehmen wollte, ging sein Wunsch erkennbar dahin, Urlaub ausschließlich für den Gesamtzeitraum zu erhalten. Wäre dies anders gewesen, hätte der Verfügungskläger auch nicht nur die Alternative gesehen, die Fernreise zu einem völlig abweichenden Zeitraum anzutreten, was letztlich an seinen finanziellen Möglichkeiten scheiterte. Der Verfügungskläger hat auch im Termin vor der Berufungskammer bestätigen lassen, dass eine teilweise Gewährung unter Ausschluss des Berufsschultages nicht in seinem Interesse gelegen hat. Soweit er nachfolgend zu bedenken geben ließ, eine Gewährung an den restlichen Tagen wäre in Betracht gekommen, ist seine Argumentation ni...

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