Zusammenfassung

 
Begriff

Versicherte gesetzlicher Krankenkassen erhalten ihre Leistungen grundsätzlich als Sach-, Dienst- oder Geldleistung. Eine Kostenerstattung anstelle einer Sach- oder Dienstleistung ist nur in gesetzlich geregelten Ausnahmefällen möglich. Ergänzend dazu erkennt die Rechtsprechung Ausnahmen bei einem Systemversagen oder in einem Seltenheitsfall an. Versicherte haben auch die Möglichkeit, anstatt der Sach- und Dienstleistungen die Kostenerstattung zu wählen.

 
Gesetze, Vorschriften und Rechtsprechung

Sozialversicherung: Grundsatz und Ausnahmen der Kostenerstattung regeln § 13 SGB V und 18 SGB IX. Den Sonderfall der Teilkostenerstattung für DO-Angestellte und Versorgungsempfänger der Krankenkassen und ihrer Verbände, Beamte einer Betriebskrankenkasse und Beamte der knappschaftlichen Krankenversicherung enthält § 14 SGB V. Die Kostenerstattung für Arzneimittel im Einzelfall ergibt sich aus § 129 Abs. 1 Satz 6 SGB V.

Der Anspruch auf Kostenerstattung bei Systemversagen (BSG, Urteil v. 16.1.2020, B 1 KR 18/19 R) oder in einem Seltenheitsfall (BSG, Urteil v. 20.3.2018, B 1 KR 4/17 R) ist durch die ständige Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) entwickelt worden. Die vom Bundesverfassungsgericht (BVerfG) vorgegebenen Kriterien für Leistungen bei lebensbedrohlichen oder regelmäßig tödlich verlaufenden Erkrankungen enthält § 2 Abs. 1a SGB V. Über die Genehmigungsfiktion nach § 13 Abs. 3a SGB V hat das BSG mit zahlreichen Urteilen entschieden (stellvertretend: BSG, Urteil v. 26.5.2020, B 1 KR 21/19). Die Genehmigungsfiktion berechtigt den Versicherten, die Leistung selbst zu beschaffen und begründet einen Erstattungsanspruch (Abkehr von der bisherigen Rechtsprechung; BSG, Urteil v. 26.5.2020, B 1 KR 9/18 R). Der GKV-Spitzenverband hat über die Genehmigungsfiktion ein Gemeinsames Rundenschreiben veröffentlicht (GR v. 26.9.2018).

Sozialversicherung

1 Kostenerstattung

1.1 Wahlrecht

1.1.1 Personenkreis

Mitglieder gesetzlicher Krankenkassen und ihre nach § 10 SGB V versicherten Familienangehörigen können anstelle der Sach- oder Dienstleistungen (Behandlung als Versicherter einer gesetzlichen Krankenkasse durch Vorlage der elektronischen Gesundheitskarte) die Kostenerstattung (Behandlung als Privatpatient) wählen.[1] Das Wahlrecht steht jedem Versicherten (Pflichtversicherte, freiwillig Versicherte, Familienversicherte) zu und kann unabhängig voneinander und unterschiedlich ausgeübt werden. Versicherte, die das 15. Lebensjahr vollendet haben, treffen ihre Entscheidung selbst. Die Krankenkasse soll den gesetzlichen Vertreter über das ausgeübte Wahlrecht unterrichten.[2]

Das Wahlrecht wird durch eine einseitige und empfangsbedürftige Willenserklärung des Versicherten ausgeübt. Eine bestimmte Form ist im Gesetz nicht vorgeschrieben. Die Satzung der Krankenkasse kann allerdings die Schriftform fordern.

Der Versicherte hat seine Krankenkasse über die Wahl der Kostenerstattung zu informieren, bevor er Leistungen in Anspruch nimmt.[3] Der Leistungserbringer hat den Versicherten darüber zu informieren, dass Kosten, die nicht von der Krankenkasse übernommen werden, von ihm zu tragen sind.[4]

1.1.2 Bindungswirkung

An die Wahl der Kostenerstattung ist der Versicherte mindestens ein Kalendervierteljahr gebunden.[1]

 
Hinweis

Kalendervierteljahr

Ein Kalendervierteljahr umfasst jeweils die Monate Januar bis März, April bis Juni, Juli bis September oder Oktober bis Dezember.

Die Frist beginnt an dem Tag, an dem die Willenserklärung des Versicherten der Krankenkasse zugeht. Sie endet, wenn mindestens ein vollständiges Kalendervierteljahr abgelaufen ist. Nach der Mindestbindung kann die Wahl jederzeit mit Wirkung für die Zukunft beendet werden.

 
Hinweis

Satzung

Die Satzung der Krankenkasse kann eine Kündigungsfrist vorsehen (z. B. 2 Wochen zum Ende eines Kalendervierteljahres).

Das Wahlrecht und die Kündigung werden durch eine Erklärung gegenüber der Krankenkasse ausgeübt. Bei einem Wechsel der Krankenkasse (Krankenkassenwahlrecht) ist das Wahlrecht erneut zu erklären.

1.1.3 Leistungsbeschränkung

Die Wahl der Kostenerstattung kann auf

  • die ambulante ärztliche oder zahnärztliche Behandlung,
  • den stationären Bereich oder
  • ärztlich/zahnärztlich veranlasste ambulante Leistungen

beschränkt werden.[1]

Die Leistungsbereiche können einzeln oder auch in Kombination gewählt werden. Entscheidet sich der Versicherte z. B. bei der Behandlung durch einen Allgemeinarzt für die Kostenerstattung, gilt diese Wahl für den gesamten Bereich der ambulanten ärztlichen Behandlung. Dazu gehört auch eine ggf. später notwendige fachärztliche Behandlung. Bei veranlassten Leistungen lässt das Gesetz offen, ob die Wahl für sämtliche oder nur für einzelne veranlasste Leistungen (z. B. Leistungsart Heilmittel) möglich ist. Es ist daher davon auszugehen, dass die Wahl auch nur für einzelne veranlasste Leistungen erfolgen kann. Zu den "veranlassten Leistungen" gehören vom behandelnden Arzt verordnete Leistungen wie z. B. Arzn...

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